Ist Dresden bereit?
Die Europameisterschaften sind vorbei. Bis zur Schacholympiade 2008 in Dresden sind es noch neunzehn Monate. Sind die Stadt und das Organisationsteam gerüstet? Zehn Fragen, zehn Antworten.
Ist das Konferenzzentrum groß genug?
So geräumig wie das Oval Lingotto voriges Jahr in Turin ist es längst nicht, aber wenigstens ausreichend, um etwa 550 Bretter unterzubringen. Licht und Klimatisierung gehen in Ordnung, lärmig ist es auch nicht, vorausgesetzt Stöckelschuhe werden sanktioniert. Auch die Nebenräume sind knapp bemessen, aber für Teilnehmer, Presse, Mitarbeiter und Funktionäre reicht es.
Und was ist mit den Zuschauern?
Platz für die Zuschauer wird im Spielsaal kaum bleiben. Ein Drittel der Kämpfe dürfte wohl halbwegs in Sichtweite der Tribünen und einer möglichen Zuschauerzone im Saal selbst sein. Die übrigen Kämpfe werden wohl nur mit Operngläsern zu verfolgen sein. Auch im Foyer ist nicht wirklich genug Platz, um neben den Teilnehmern der Olympiade eine hohe Zahl von Fans zufrieden zu stellen. Damit an Wochenendtagen nicht Tausend Schachliebhaber den Teilnehmern auf die Pelle rücken, ist mit einem beschränkten und weitgehend auf den Vorverkauf beschränkten Ticketkontingent und entsprechend hohen Eintrittspreisen zu rechnen.
Wer darf sich dann auf die Schacholympiade freuen?
Die Spieler. Denen wurde schon bei der EM einiges (Eröffnungsgala, Schlussabend, Empfang, Disconacht, Konzert) geboten. In den Dresdner Hotels haben sie es erheblich komfortabler als in den spartanischen Unterkünften des vor ihrer Ankunft von allem Komfort entledigten Olympischen Dorfes in Turin. Dazu kommen die kurzen Wege zwischen Hotels und Konferenzzentrum und den Flaniermeilen Dresdens. In der zweiten Novemberhälfte wird es draußen zwar längst nicht so angenehm werden wie in den vergangenen zwei Aprilwochen, aber immer noch weitaus attraktiver als 2010 im sibirischen Chanti-Mansisk.
Findet die Schacholympiade wenigstens online statt?
Die lausigen Übertragungen von der EM (offizielle Seite) wecken tatsächlich Befürchtungen. Übertragen wurde nur eine kleine Zahl Bretter. Teilweise fielen die Leitungen aus. Schön anzusehen war es auch nicht. Alles, weil Dresden nicht auf die etablierte DGT-Technik setzen will. Stattdessen wird versucht, eine eigene Übertragungstechnik zu entwickeln. Ein paar Bretter des Prototyps wurden bei der EM getestet. Über den Verlauf war Unterschiedliches zu hören. Notfalls, so wird beschwichtigt, könne auf 500 DGT-Bretter zurückgegriffen werden, die der FIDE gehören und schon in Turin im Einsatz waren.
Züge sind nicht alles, oder?
Auch ansonsten blieb die Darstellung der EM im Internet deutlich unter dem zurück, was man von einer Organisation in Deutschland erwartete. Ergebnisse wurden mit Verzögerungen berichtet, auf Partien musste ein Tag und länger gewartet werden, es gab jede Menge Fehler. Ein paar PR-Meldungen, freundliche Texte auf der Schachbund-Seite, das war es auch schon. Substanzielleres überließ der Veranstalter den professionellen Schachmedien.
Reicht das, die Schachkultur in Deutschland zu heben?
Da stimmt die Erfahrung der EM eher skeptisch. Die Seite, die die „Dresdner Neuesten Nachrichten“ täglich mit der EM füllte, erweckte nicht den Eindruck, dass Schach die Intelligenz anspricht. Medial präsent war die EM, doch unabhängig und kompetent ist in Sachsen nicht berichtet worden.
Was kostet der ganze Spaß?
Von der Bewerbung über die Vorveranstaltungen (wie die EM) bis zur Schacholympiade selbst geht man von sechs Millionen Euro aus, die zum Teil in Sach- und Personalleistungen erbracht werden.
Ging´s nicht billiger?
Eigentlich schon. An der Bewerbungskampagne hätte erheblich gespart werden können, denn der Mitbewerber Tallinn hatte bei näherer Betrachtung kein seriöses Angebot gemacht. Die Einladung der FIDE zu ihrem Kongress 2005 hätte man sich aus den gleichen Gründen sparen können. Überflüssiges Lobbying, das einem Verband zugute kam, in dem es von ethisch herausgeforderten Funktionsträgern wimmelt. Diskutabel ist auch der Wert einer Veranstaltung wie des Weltcups der Frauen, der vorigen Sommer während der Fußball-WM in Dresden lief. Die Ausrichtung der EM macht da schon mehr Sinn. Mit halb so vielen Brettern wie nächstes Jahr und annähernd der gleichen Dauer bei der Schacholympiade brachte sie einen Probelauf und deckte viele kleine Probleme und Herausforderungen auf. Außerdem bot sie Gelegenheit, potenzielle Sponsoren anzusprechen.
A propos Sponsoren, wer zahlt die Rechnung?
Sicher ist nur, dass die Stadt (und nicht etwa der Schachbund) das Risiko trägt. Bei den fest eingeplanten 500 000 Euro aus dem Säckel der dank Immobilienverkäufen schuldenfreien Stadt wird es wohl nicht bleiben. Die Sponsorensuche ist nämlich längst nicht so weit, wie sie sein sollte. Voriges Jahr wurde die Frankfurter Agentur Grolman Result mit einem Konzept beauftragt, das sie nun aber doch nicht umsetzen soll. Dem Vernehmen nach hat es potenzielle Sponsoren nicht angesprochen. Unter den erwarteten Geldgebern sind einige, die nicht als echte Wirtschaftssponsoren zu rechnen sind, wie die Stadtsparkasse oder ein Rückfluss vom Ibis-Hotel. Während der EM wurden eine Reihe mittelständischer Unternehmen empfangen und informiert. Ob einige von ihnen mit ins Boot kommen, bleibt abzuwarten. Oberbürgermeister Winfried Lehmann und Org-Chef Dirk Jordan üben Zweckoptimismus.
Ist Jordan der richtige Mann für die Aufgabe?
Dirk Jordan hat der Stadt die Olympiade verkauft. Er hat ein seit Jahren eingespieltes Team, das eine Menge Schachturniere, vor allem im Amateurbereich, kommerziell erfolgreich durchgeführt hat. Er kann auftreten, kommunizieren und ranklotzen. So weit, so gut. Dass er die EM und die Olympiade bislang als Ehrenamtlicher stemmt (eine honorierte Position ist freilich im Gespräch und wohlmöglich längst vereinbart), hat einen Grund: Jordan ist erst seit kurzem wieder voll geschäftsfähig. Was er verdiente, hätte bis vor kurzem über einen Grundbetrag hinaus gepfändet werden können. Er ist nämlich in eine Reihe von Pleiten verstrickt. Seine ersten Firmen, er selbst, seine Frau, auch sein wichtigster Geschäftspartner sind insolvent. Jahrelang konnte er seine unternehmerischen Aktivitäten nicht unter eigenem Namen verfolgen sondern über Firmen, die offiziell seinem seit langem pensionierten Schwiegervater gehören. Jordan erklärt alles mit dem Schaden, den er sich durch große Bau- und Grundstückdeals mit Heinrich Jellissen eingehandelt hat und die nach dem Tod des Münchner Schachimpressarios und Hochstaplers aufgeflogen sind. Der Stadt Dresden ist Jordans Vorgeschichte bekannt. Sie hat ihm deshalb einen Geschäftsführer zur Seite gestellt, der ihm nicht nur auf die Finger schaut sondern über finanzielle Transaktionen entscheidet. Bei der Frauen-EM 2004 lief alles noch über einen von Jordan gegründeten Verein. Weil der Verdacht besteht, dass damals Startgeldeinnahmen falsch ausgewiesen wurden, um Zuschüsse von der Stadt zu erhalten, ermittelt die Dresdner Staatsanwaltschaft gegen Jordan, ohne dass im Moment eine Klage abzusehen ist. Die Stadt fühlte sich nicht betrogen, sondern angeblich geht es auf eine anonyme Anzeige zurück. Feinde hat Jordan in der Tat einige. Das disqualifiziert ihn nicht. Es stellt aber sicher, dass jeder seiner Schritte kritisch beäugt wird. Sowohl von seinen Kritikern als auch von der Stadt Dresden, bislang nur nicht von der Öffentlichkeit.
Ist das Konferenzzentrum groß genug?
So geräumig wie das Oval Lingotto voriges Jahr in Turin ist es längst nicht, aber wenigstens ausreichend, um etwa 550 Bretter unterzubringen. Licht und Klimatisierung gehen in Ordnung, lärmig ist es auch nicht, vorausgesetzt Stöckelschuhe werden sanktioniert. Auch die Nebenräume sind knapp bemessen, aber für Teilnehmer, Presse, Mitarbeiter und Funktionäre reicht es.
Und was ist mit den Zuschauern?
Platz für die Zuschauer wird im Spielsaal kaum bleiben. Ein Drittel der Kämpfe dürfte wohl halbwegs in Sichtweite der Tribünen und einer möglichen Zuschauerzone im Saal selbst sein. Die übrigen Kämpfe werden wohl nur mit Operngläsern zu verfolgen sein. Auch im Foyer ist nicht wirklich genug Platz, um neben den Teilnehmern der Olympiade eine hohe Zahl von Fans zufrieden zu stellen. Damit an Wochenendtagen nicht Tausend Schachliebhaber den Teilnehmern auf die Pelle rücken, ist mit einem beschränkten und weitgehend auf den Vorverkauf beschränkten Ticketkontingent und entsprechend hohen Eintrittspreisen zu rechnen.
Wer darf sich dann auf die Schacholympiade freuen?
Die Spieler. Denen wurde schon bei der EM einiges (Eröffnungsgala, Schlussabend, Empfang, Disconacht, Konzert) geboten. In den Dresdner Hotels haben sie es erheblich komfortabler als in den spartanischen Unterkünften des vor ihrer Ankunft von allem Komfort entledigten Olympischen Dorfes in Turin. Dazu kommen die kurzen Wege zwischen Hotels und Konferenzzentrum und den Flaniermeilen Dresdens. In der zweiten Novemberhälfte wird es draußen zwar längst nicht so angenehm werden wie in den vergangenen zwei Aprilwochen, aber immer noch weitaus attraktiver als 2010 im sibirischen Chanti-Mansisk.
Findet die Schacholympiade wenigstens online statt?
Die lausigen Übertragungen von der EM (offizielle Seite) wecken tatsächlich Befürchtungen. Übertragen wurde nur eine kleine Zahl Bretter. Teilweise fielen die Leitungen aus. Schön anzusehen war es auch nicht. Alles, weil Dresden nicht auf die etablierte DGT-Technik setzen will. Stattdessen wird versucht, eine eigene Übertragungstechnik zu entwickeln. Ein paar Bretter des Prototyps wurden bei der EM getestet. Über den Verlauf war Unterschiedliches zu hören. Notfalls, so wird beschwichtigt, könne auf 500 DGT-Bretter zurückgegriffen werden, die der FIDE gehören und schon in Turin im Einsatz waren.
Züge sind nicht alles, oder?
Auch ansonsten blieb die Darstellung der EM im Internet deutlich unter dem zurück, was man von einer Organisation in Deutschland erwartete. Ergebnisse wurden mit Verzögerungen berichtet, auf Partien musste ein Tag und länger gewartet werden, es gab jede Menge Fehler. Ein paar PR-Meldungen, freundliche Texte auf der Schachbund-Seite, das war es auch schon. Substanzielleres überließ der Veranstalter den professionellen Schachmedien.
Reicht das, die Schachkultur in Deutschland zu heben?
Da stimmt die Erfahrung der EM eher skeptisch. Die Seite, die die „Dresdner Neuesten Nachrichten“ täglich mit der EM füllte, erweckte nicht den Eindruck, dass Schach die Intelligenz anspricht. Medial präsent war die EM, doch unabhängig und kompetent ist in Sachsen nicht berichtet worden.
Was kostet der ganze Spaß?
Von der Bewerbung über die Vorveranstaltungen (wie die EM) bis zur Schacholympiade selbst geht man von sechs Millionen Euro aus, die zum Teil in Sach- und Personalleistungen erbracht werden.
Ging´s nicht billiger?
Eigentlich schon. An der Bewerbungskampagne hätte erheblich gespart werden können, denn der Mitbewerber Tallinn hatte bei näherer Betrachtung kein seriöses Angebot gemacht. Die Einladung der FIDE zu ihrem Kongress 2005 hätte man sich aus den gleichen Gründen sparen können. Überflüssiges Lobbying, das einem Verband zugute kam, in dem es von ethisch herausgeforderten Funktionsträgern wimmelt. Diskutabel ist auch der Wert einer Veranstaltung wie des Weltcups der Frauen, der vorigen Sommer während der Fußball-WM in Dresden lief. Die Ausrichtung der EM macht da schon mehr Sinn. Mit halb so vielen Brettern wie nächstes Jahr und annähernd der gleichen Dauer bei der Schacholympiade brachte sie einen Probelauf und deckte viele kleine Probleme und Herausforderungen auf. Außerdem bot sie Gelegenheit, potenzielle Sponsoren anzusprechen.
A propos Sponsoren, wer zahlt die Rechnung?
Sicher ist nur, dass die Stadt (und nicht etwa der Schachbund) das Risiko trägt. Bei den fest eingeplanten 500 000 Euro aus dem Säckel der dank Immobilienverkäufen schuldenfreien Stadt wird es wohl nicht bleiben. Die Sponsorensuche ist nämlich längst nicht so weit, wie sie sein sollte. Voriges Jahr wurde die Frankfurter Agentur Grolman Result mit einem Konzept beauftragt, das sie nun aber doch nicht umsetzen soll. Dem Vernehmen nach hat es potenzielle Sponsoren nicht angesprochen. Unter den erwarteten Geldgebern sind einige, die nicht als echte Wirtschaftssponsoren zu rechnen sind, wie die Stadtsparkasse oder ein Rückfluss vom Ibis-Hotel. Während der EM wurden eine Reihe mittelständischer Unternehmen empfangen und informiert. Ob einige von ihnen mit ins Boot kommen, bleibt abzuwarten. Oberbürgermeister Winfried Lehmann und Org-Chef Dirk Jordan üben Zweckoptimismus.
Ist Jordan der richtige Mann für die Aufgabe?
Dirk Jordan hat der Stadt die Olympiade verkauft. Er hat ein seit Jahren eingespieltes Team, das eine Menge Schachturniere, vor allem im Amateurbereich, kommerziell erfolgreich durchgeführt hat. Er kann auftreten, kommunizieren und ranklotzen. So weit, so gut. Dass er die EM und die Olympiade bislang als Ehrenamtlicher stemmt (eine honorierte Position ist freilich im Gespräch und wohlmöglich längst vereinbart), hat einen Grund: Jordan ist erst seit kurzem wieder voll geschäftsfähig. Was er verdiente, hätte bis vor kurzem über einen Grundbetrag hinaus gepfändet werden können. Er ist nämlich in eine Reihe von Pleiten verstrickt. Seine ersten Firmen, er selbst, seine Frau, auch sein wichtigster Geschäftspartner sind insolvent. Jahrelang konnte er seine unternehmerischen Aktivitäten nicht unter eigenem Namen verfolgen sondern über Firmen, die offiziell seinem seit langem pensionierten Schwiegervater gehören. Jordan erklärt alles mit dem Schaden, den er sich durch große Bau- und Grundstückdeals mit Heinrich Jellissen eingehandelt hat und die nach dem Tod des Münchner Schachimpressarios und Hochstaplers aufgeflogen sind. Der Stadt Dresden ist Jordans Vorgeschichte bekannt. Sie hat ihm deshalb einen Geschäftsführer zur Seite gestellt, der ihm nicht nur auf die Finger schaut sondern über finanzielle Transaktionen entscheidet. Bei der Frauen-EM 2004 lief alles noch über einen von Jordan gegründeten Verein. Weil der Verdacht besteht, dass damals Startgeldeinnahmen falsch ausgewiesen wurden, um Zuschüsse von der Stadt zu erhalten, ermittelt die Dresdner Staatsanwaltschaft gegen Jordan, ohne dass im Moment eine Klage abzusehen ist. Die Stadt fühlte sich nicht betrogen, sondern angeblich geht es auf eine anonyme Anzeige zurück. Feinde hat Jordan in der Tat einige. Das disqualifiziert ihn nicht. Es stellt aber sicher, dass jeder seiner Schritte kritisch beäugt wird. Sowohl von seinen Kritikern als auch von der Stadt Dresden, bislang nur nicht von der Öffentlichkeit.
schachblogger - 16. Apr, 20:00
Sponsoren sind überflüssig
Überflüssig bestimmt nicht!
Was ein Unsinn! Sport braucht Sponsoren,
ob Trikotsponsor, Ausrüster oder...
D22