Viele Wechsel in den Variationen
"Zugzwang" von Ronan Bennett mag nicht so stumpfsinnig sein wie "Die Schachspielerin“ von Bertina Henrichs. Spannend erzählen kann Bennett, das muss man dem in London lebenden Iren lassen. Am Donnerstag präsentiert er in Berlin bei der Lasker-Gesellschaft im Gespräch mit Ernst Strouhal seinen Roman "Zugzwang", der übrigens auch im Original so heißt.
Es ist ein Unterhaltungsroman, dem dazu überdeutlich anzumerken ist, dass sein Autor auf eine Verfilmung schielt. Bennetts Rezept: Man mixe Psychoanalyse, einen welthistorischen Schauplatz (St. Petersburg 1914), Schach (ja, das berühmte Petersburger Turnier mit Lasker, Capablanca, Rubinstein, Aljechin, Marshall...), Verschwörungen (Bolschewiken! der zaristische Geheimdienst! Attentat auf den Zar!), Sex (der 50-jährige Protagonist muss seine Potenz in allzu explizit beschriebenen Liebesszenen beweisen) und Antisemitismus, und dann setze man all das im Stile von Hollywood in Szene.
Schach spielt eine etwas bemühte Rolle. Wir erleben die letzte Phase einer Fernpartie, die der Protagonist mit seinem besten Freund spielt, indem sie sich bei jedem Treffen einen oder mehrere Züge zuwerfen. Pate stand eine Partie von Danny King (der auch in der Danksagung aufscheint), in der ein Zugzwangmotiv auftaucht. Zugzwang ist aber auch Bennetts Metapher für das Handeln einiger Akteure. Der einzige echte Schachspieler, der im Buch eine Rolle spielt, ist ein schizophrener Vollidiot und natürlich Teilnehmer des Großmeisterturniers, das nur am Rand vorkommt. Schach muss also mal wieder als Fenster zum Wahnsinn herhalten. Nicht sehr originell, aber danke, Mister Bennett.
Ich hatte Bloomsbury London angeschrieben, um die Originalausgabe zur Besprechung zu erhalten, aber es hat nichts genutzt: Ich bekam die deutsche Ausgabe aus Berlin. Die brave Übersetzerin hat einige Fehler gemacht, die jedem Schachkenner übel aufstoßen: Statt Abtausch heißt es Wechsel, statt Variante Variationen, es wird Schach gesetzt, und auch sonst ist da so manches, was allzu wörtlich übersetzt, weil es nicht verstanden wurde. Es gibt schlimmere Bücher, in denen Schach eine Rolle spielt, aber empfehlen kann ich "Zugzwang" nicht.
Es ist ein Unterhaltungsroman, dem dazu überdeutlich anzumerken ist, dass sein Autor auf eine Verfilmung schielt. Bennetts Rezept: Man mixe Psychoanalyse, einen welthistorischen Schauplatz (St. Petersburg 1914), Schach (ja, das berühmte Petersburger Turnier mit Lasker, Capablanca, Rubinstein, Aljechin, Marshall...), Verschwörungen (Bolschewiken! der zaristische Geheimdienst! Attentat auf den Zar!), Sex (der 50-jährige Protagonist muss seine Potenz in allzu explizit beschriebenen Liebesszenen beweisen) und Antisemitismus, und dann setze man all das im Stile von Hollywood in Szene.
Schach spielt eine etwas bemühte Rolle. Wir erleben die letzte Phase einer Fernpartie, die der Protagonist mit seinem besten Freund spielt, indem sie sich bei jedem Treffen einen oder mehrere Züge zuwerfen. Pate stand eine Partie von Danny King (der auch in der Danksagung aufscheint), in der ein Zugzwangmotiv auftaucht. Zugzwang ist aber auch Bennetts Metapher für das Handeln einiger Akteure. Der einzige echte Schachspieler, der im Buch eine Rolle spielt, ist ein schizophrener Vollidiot und natürlich Teilnehmer des Großmeisterturniers, das nur am Rand vorkommt. Schach muss also mal wieder als Fenster zum Wahnsinn herhalten. Nicht sehr originell, aber danke, Mister Bennett.
Ich hatte Bloomsbury London angeschrieben, um die Originalausgabe zur Besprechung zu erhalten, aber es hat nichts genutzt: Ich bekam die deutsche Ausgabe aus Berlin. Die brave Übersetzerin hat einige Fehler gemacht, die jedem Schachkenner übel aufstoßen: Statt Abtausch heißt es Wechsel, statt Variante Variationen, es wird Schach gesetzt, und auch sonst ist da so manches, was allzu wörtlich übersetzt, weil es nicht verstanden wurde. Es gibt schlimmere Bücher, in denen Schach eine Rolle spielt, aber empfehlen kann ich "Zugzwang" nicht.
schachblogger - 19. Sep, 10:36
Ein Jammer
Wenigstens entgeht das Cover dem üblichen Phänomen des Eckfeldes falscher Farbe, denn vorsichtshalber ist gar kein Schachbrett abgebildet. :-)