Donnerstag, 1. Juni 2006

Schach und Fleisch

In der zehnten Runde war es so weit: Der hohe Favorit traf auf den Sieger der vorigen Schacholympiade. Das Gipfeltreffen Russland - Ukraine fand jedoch nicht, wie man es erwartet hätte, an den Spitzenbrettern statt sondern an Tisch drei. Im ukrainischen Team knüpft nur Karjakin an seine Leistungen von Calvia 2004 an. Die Russen schlagen sich etwas besser, doch keiner außer Kramnik (nach seiner langwierigen Athritisbehandlung und achtmonatigen Zwangspause), zeigt sich in ansprechender Form. Mit dem 3:1 hat Russland eine Chance gewahrt, in den letzten drei Runden bis Sonntag die nunmehr zweieinhalb Punkte Rückstand auf Armenien wettzumachen.

Die Spitzenbretter sind seit Tagen fest in der Hand der Armenier. Außer dem 2:2 gegen Russland in der fünften Runde haben sie alle Kämpfe gewonnen. Ihr Verbandspräsident ist kein Geringerer als der Verteidigungsminister. Nationalspieler beziehen ein festes Gehalt. Dass sie in der Mannschaft besser abschneiden als in Einzelturnieren, weiß man seit ihren dritten Plätzen bei den Schacholympiaden 2002 und 2004.

"Unser Teamgeist ist besser denn je", schwärmt Smbat Lputjan. Länger und intensiver als jedes andere Team haben sich die Armenier auf Turin vorbereitet. Zwei Wochen waren die sechs Großmeister zusammen mit ihren Trainern in der Nähe von Jerewan kaserniert. "Keine Frauen, kein Alkohol, nur Schach und Fleisch, Schach und Fleisch", schilderte mir Gabriel Sargissjan (der in der Bundesliga für Wattenscheid spielt) das Programm. Lewon Aronjan stellte es anders dar: "Ich war zu krank, um ernsthaft zu analysieren. Wir haben nur ein wenig Tischtennis und Basketball gespielt. Sonst ist wenig passiert." Er winkt freilich stets ab, wenn die Sprache aufs Training kommt. Einen fauleren Großmeister als ihn hat die Welt noch nicht gesehen - jedenfalls wenn man ihm Glauben schenken mag.

"Ich bin nicht der einzige, der traurig ist, dass Lewon nicht mehr bei uns lebt", sagte Smbat Lputjan. Um so glücklicher sei er, wenn Aronjan seine Heimat und dann stets die von Lputjan aufgebaute Schachschule besucht: "Die Kinder lieben Lewon. Er ist immer zu Späßen aufgelegt." Das gilt auch im Oval Lingotto. Kaum hatte Aronjan gegen Bu gezogen, sprang er auf, ging schauen, wie es an den Brettern der Konkurrenten stand, oder hakte sich mit einem Scherzchen auf den Lippen bei einem Kollegen unter. Zum Kampf gegen China kam er in einem Sweater mit chinesischen Schriftzeichen - auch so ein Späßchen.

Siegen mit Navara

David Navara hat etwas Kindliches an sich. Ein Außenstehender könnte den schmächtigen Tschechen mit dem dünnen Flaum im Gesicht leicht für jünger halten als, sagen wir, Hou Yifan. Dabei ist die Topscorerin der chinesischen Damen Jahrgang 1994 und Navara Jahrgang 1985. Kindlich naiv war seine Reaktion, als sich ihm Alexander Beljawski in der zehnten Runde geschlagen gab. Navara teilte nämlich mit, dass die Partie sehr schwach gewesen war. Als ob der für Slowenien spielende Ukrainer das nicht selbst gewusst und mit seinem leeren Blick quasi auch schon gesagt gehabt hätte.

Navara ist bei der Schacholympiade in Turin Punktbester an Brett eins - zumindest unter den besseren Teams. Dabei hat er noch keine Partie remis gespielt, zweimal verloren, aber siebenmal gewonnen. Damit trägt er maßgeblich zum bisher hervorragenden Abschneiden der Tschechen bei, die mit einem 3,5:0,5 gegen Slowenien vor den letzten drei Runden auf den mit Russland geteilten dritten Platz im Zwischenklassement vorgerückt sind.

Im Team spiele er besser, sagte er mir. Acht seiner neun besten Resultate habe er in Teamwettbewerben erzielt. Darum ist es eigentlich verwunderlich, dass der Prager nicht früher bei einem deutschen Verein untergekommen ist. Vor der vorigen Saison habe er acht Bundesligisten angeschrieben. Ein einziger habe geantwortet, und das negativ. Diese Saison konnte er dafür wählen. Weil Bindlach näher bei Prag liegt, er dort mit Slowaken praktisch Landsleute im Team hat und auch nicht um den Abstieg fürchten muss, fiel die Entscheidung für die Franken. Allerdings wird er dort - anders als bei einem Verein, den er nicht nennen will - nicht am ersten Brett sondern hinter dem wenige Monate jüngeren Naiditsch sitzen, den er in Kürze um dreißig bis vierzig Elopunkte überholen wird.

Etwas Deutsch kann Navara. Allerdings habe er das Sprachenlernen ziemlich vernachlässigt, meint er. Ob er Profi ist? Er würde lieber Halbprofi sagen, denn er studiert an der Philosophischen Fakultät Logik und besucht fast alle Lehrveranstaltungen, obwohl für Schach letztlich mehr Zeit und Kraft draufgehe. Wo seine Schwächen liegen? Davon habe er jede Menge. Arbeitsbedarf sieht er vor allem, auch wenn das nicht wirklich seine schwache Seite sei, in den Eröffnungen. Zum Beispiel gegen Peter Swidler sei er nach der Eröffnung etwas schlechter gestanden. Wo sein Fehler lag, ahne er bereits. Wo Swidler falsch gespielt hat, müsse er erst noch analysieren. Gewonnen hat diese Partie nämlich Navara.

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