Montag, 5. Juni 2006

Take the money...

...but vote for us, lautete die Parole, unter der Koks Anhänger trotz der wenig ermutigenden Unterstützerzählung auf den Websites des Amtsinhabers und des Herausforderers bis zum Wahlgang durchhielten. Das deutliche Resultat von 96:54 Länderstimmen zugunsten Iljumschinows lässt sich aber nicht durch ein paar gekaufte Delegierte erklären. Für Koks Scheitern bei der FIDE-Wahl sind viele Gründe genannt worden. Hier eine Auswahl:

Dass Kok von den meisten Profis unterstützt wurden, dieser aus Sicht vieler Funtionäre arroganten Bagage.
Dass Kok von England, den USA, Spanien, Frankreich, der Niederlande, Deutschland unterstützt wurde, den Kolonialmächten, die die Welt geknechtet haben oder (im Fall der USA) immer noch knechten.
Dass Kok von den meisten mitgliederstarken Verbänden unterstützt wurde, deren Interessen denen der Mehrzahl der kleinen Länder angeblich entgegenstehen.
Dass Kok seine Kampagne zu spät begonnen hat.
Dass Kok seine Kampagne zu früh begonnen hat.
Dass Kok den kontroversen Nigel Short auf Wahlkampftour geschickt hat statt den allseits
geliebten Yasser Seirawan.
Dass Kok unterstützt wurde von Kasparow, der der FIDE in der Vergangenheit ja meistens Trouble bescherte.
Dass Koks zentrale Aussagen unter einer Vielzahl Konzeptpapiere verschüttet ging.
Dass Koks Website in korrektem Englisch verfasst war statt im Pidgin, in dem praktisch sämtliche Inhalte und Materialien Iljumschinows daher kamen und dass auch von den Delegierten gesprochen und verstanden wird.
Undsoweiter undsofort...

Die Wahrheit ist wohl eher, dass man eine Wahl gegen einen Mann, der so viel eigenes Geld in die Taschen des Verbandes, der einflussreichsten Funktionäre, der Delegierten und auch vieler Profis hat fließen lassen, nicht gewinnen kann. Koks Problem war es, dass er einen Gegner hatte, der zwar inkompetent ist, aber großzügig und großherzig. Beispielsweise Emmanuel Omuku, den Iljumschinow vor Jahren wegen Spesenritterei aus dem FIDE-Sekretariat feuerte, ließ er in Lausanne mit gleichem Gehalt in anderer Funktion weiter für sich arbeiten. In Turin saß Omuku, als wäre nie etwas gewesen, auf einmal wieder auf der Bühne und leitete Teile der Generalversammlung.

Iljumschinows Art, seine Berater auszuwählen und machen zu lassen, auch wenn sie in die eigene Tasche wirtschafteten und auf das Wohl des Schachs pfiffen, war die Achillesverse. Hier hätte Kok ansetzen müssen. Vor allem bei dem Mann, der seit zwanzig Jahren nominell die Nummer zwei in der FIDE ist, aber in Wahrheit, auch schon in den letzten Amtsjahren von Campomanes, der entscheidende Mann: Georgios Makropoulos. Als er 1994 die in Thessaloniki geplante Ausrichtung der Schacholympiade zwei Monate vor dem Termin platzen ließ, wäre seine Karriere in jedem anderen Weltverband zu Ende gewesen. Makro durfte aber noch einen drauf setzen und gewährte sich (ebenso wie Campomanes) eine weder durch Abstimmung noch Statuten gedeckte Abfindungszahlung aus den FIDE-Kassen. Geld kann Makro immer gut gebrauchen, verbringt er doch seine Zeit am liebsten im Spielcasino. Diesen Mann hätte Iljumschinow nie und nimmer rehabilitieren und zu seiner Nummer zwei machen dürfen.

Kok wollte die persönlichen Angriffe weglassen, seine Kampagne sauber halten. An einem Wechsel und an Reformen interessierte Funktionäre und Journalisten hätten die Schmutzarbeit übernehmen müssen, statt nach außen so zu tun, als sei das Schach zwar in der Krise, aber so schlimm sei es ja nicht. Die beste Zeit für die öffentliche Demontage wäre gewesen, lange bevor Kok Kandidat wurde. Einen so guten und ehrenvollen Mann wie ihn wird die FIDE lange nicht mehr kriegen können. Schande über diesen Verband.

Die Tops von Turin

Wladimir Akopjan, der mit fünf Schwarzsiegen wesentlich zum armenischen Goldlauf beitrug (der meine hier abgegebene konservative Russland vs Ukraine-Prognose zunichte machte).

Gabi Sargissjan, der plus sieben für sein siegreiches Mannschaft sammelte.

Lewon Aronjan, der auf viele Sofia-Dollars verzichtete, um sich mit seinem Team vorzubereiten und in Turin von Beginn an dabei zu sein.

Bu Xiangzhi, der lange wenig von sich reden machte, nachdem er mal mit vierzehn zeitweise der bis dahin jüngste Großmeister war, und nun China nach dem WM-Silber von Beersheba zu Olympiasilber in Turin geführt hat.

Wlad Kramnik, an dem es nicht lag, dass Russland auf den sechsten Platz abgestürzt ist, sondern der mit seinem schönen Plus bis auf etwa dreißig Elopunkte an Platz zwei der Weltrangliste herankommt, womit sein Match gegen Topalow auch sportlich vertretbarer zu wirken beginnt, zumal wenn Kramnik im Juli auch in Dortmund mal wieder so abschneidet, wie man es dort bis 2001 von ihm kannte.

Gata Kamsky, der trotz heftiger Theoriemängel am ersten Brett der Amerikaner bestand und zwar nicht nur sportlich sondern auch moralisch, denn er gab mit orangenem Cappy, orangenem Sweater oder orangenem Schlips seine Unterstützung für Kok kund, auch noch, als die Wahl verloren war.

Sergei Karjakin, der im ukrainischen Team als einziger an seine große Leistung von Calvia anknüpfte und einen großen Schritt Richtung 2700 machte.

Etienne Bacrot, der seine einsamen Auftritten als Prügelknabe in Morelia/Linares und Sofia weggesteckt hat.

Magnus Carlsen, der gekämpft hat wie ein Löwe - beeindruckend, wie er gegen Naiditsch mit Minusfigur die Zugwiederholung verschmähte.

David Navara, der bewies, dass man am ersten Brett bestehen kann, ohne auf Remis zu schielen.

Natalja Schukowa, die statt wie in Calvia durch Dreadlocks durch gutes Schach auffiel und die Ukrainerinnen zu Gold führte.

Hou Yifang, die mit ihren zwölf Jahren am dritten Brett der chinesischen Damen (denen in Turin schlicht ein zweites Brett fehlte, um nach ganz vorne zu kommen) mal eben fast siebzig Elopunkte zulegte.

...und die Flops

Vishy Anand, der vor drei Wochen, nach den ersten Runden des Turniers in Sofia etwa fünfzehn Elopunkte vor Topalow und damit klar Kurs Weltranglistenerster lag, und inzwischen, nach seinem saft- und kraftlosen Spiel in Turin, um dreißig Punkte hinter diesem, was, wenn es sich nicht um Anand handelte, nur mit einer heftigen Affäre ("eine neue Frau kostet fünfzig Elopunkte") zu erklären wäre.

Sergei Rubljewski, der es mit seinen drei Niederlagen verdient hat, der Sündenbock der Russen zu sein als späte Strafe für die kleine Nachhilfe, der er vor zwei Jahren bedurfte, um sich für die Dortmunder Schachtage zu qualifizieren, um dort, als kein Geldpreis mehr drin war, (trotz gutem Antrittsgeld) das Publikum zu düpieren.

Andrei Wolokitin stellvertretend für die ukrainischen Männer, unter denen nur das Bürschchen Karjakin (siehe oben) über sich hinaus wuchs, was natürlich längst nicht für eine Medaille, geschweige denn die Wiederholung des Golds von Calvia reichte.

Alexei Schirow, der Wochen nach seinem Sieg im starken Turniers in Poikowski, wieder ein schwaches Resultat eingebaut hat.

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