Freitag, 25. April 2008

Mäusezahl

1996 oder 1997 habe ich Sergei Movsesian im Berliner Tagesspiegel porträtiert. Die Neuköllner, denen der kurz zuvor aus Georgien nach Tschechien übersiedelte Armenier damals in der Zweiten Liga beim Aufsteigen half, bezeichneten ihn intern als Mäusezahn. Doch ich verstand die Verballhornung nicht und hörte Mäusezahl. Was viel besser in mein Stück passte, denn Sergei machte damals einen schönen Sprung von einer Mäuseelo um 2500 auf für einen Jugendspieler damals beachtliche 2600. Wir dachten, dass es nur eine Frage von drei, vier Jahren war, bis er auch die 2700 knackte. Stattdessen ging es irgendwann nicht mehr weiter für den polyglotten Wahlslowaken (er spricht Armenisch, Georgisch, Russisch, Deutsch, Englisch, Tschechisch, Serbokroatisch und ziemlich sicher ist diese Liste unvollständig) der er nach einem Streit mit dem tschechischen Verband wurde.

Sergei hat eine tschechische Schachspielerin geheiratet, ist inzwischen dreifacher Vater, hat kürzlich ein Haus gebaut. Schach war in letzter Zeit noch sein Beruf, aber nicht mehr Priorität. Doch ausgerechnet jetzt läuft es am Brett fantastisch für ihn. Als Ersatzspieler wurde er für die B-Gruppe in Wijk aan Zee nachnominiert, und obwohl ihm praktisch keine Zeit zur Vorbereitung blieb, gewann er sie. Seine April-Elo liegt bereits bei 2695, und von der tschechischen Extraliga hat er neun Punkte, von der russischen Mannschaftsmeisterschaft elf Punkte gut. Bei der EM ist er mit drei Siegen gestartet. In der vierten Runde hat er die Eröffnung vergurkt und stand nach eigenen Worten „sechzig Züge lang auf Verlust“, aber auch das hat er, wie so oft, gehalten. Die fünfte hat er dann wieder gewonnen und liegt damit auf Platz zwei.

Neben Zähigkeit gehört auch ein ausgezeichnetes Gespür für ungewöhnliche Stellungen zu Sergeis Stärken. Mäusezahn ist endlich auf dem Weg zur Riesenzahl.

Pulver verschossen

In der dritten Runde der EM fand ich gegen einen jungen russischen Großmeister anscheinend eine nette Neuerung am Brett. Leider war mein Pulver damit auch schon verschossen und später habe ich wenig kapiert.

Stefan Löffler – Jewgeni Romanow

1.c4 e5 2.g3 Sf6 3.Lg2
Die Entwicklung des Damenspringers verschiebt man, um nicht Lb4 zuzulassen.

3…c6 4.Sf3
Auch 4.d4 exd4 5.Dxd4 d5 kommt in Frage, doch einen Isolani nimmt Romanow, der häufig Tarrasch spielt, gerne in Kauf.

4…e4 5.Sd4 d5 6.cxd5 cxd5
Eine Kurzanalyse mit Meister Schroll fand folgenden absurde Abschluss: 6...Db6 7.Sb3 (7.Sc2) 7...a5 8.d3 Sg4 9.0–0 (9.e3) 9...a4 10.S3d2 Sxf2 11.Sc4 Sh3+ 12.Kh1 Dg1+ 13.Txg1 Sf2#

7.d3 Db6 8.dxe4!
In der Datenbank habe ich nur Springerrückzüge nach c2 und b3 entdeckt. Sollte das Schlagen wirklich eine Neuerung sein? Wenn ja, ist es eine Gute. Die Pointe lautet 8...Lb4+ 9.Sc3 Sxe4 10.0-0! Sxc3 (oder 10...Lxc3 11.bxc3 Sxc3 12.Dc2 Dxd4 13.Lb2) 11.bxc3 Lxc3 12.Dc2! Dxd4 13.Lb2 Lxb2? (13...0-0 14.Lxc3 mit Kompensation) 14.Dxc8+ Ke7 15.Dxh8 Lxa1 16.Dc8! Db2 17.Lxd5 und Weiß gewinnt. Leider kam es anders.

8...Lc5 9.e3 dxe4 10.Sc3 Sc6 11.Sa4 Lb4+ 12.Ld2 Da5 13.Sxc6
Ehrgeizig. Für einen minimalen Endspielvorteil ist 13.Lxb4 Dxb4+ 14.Sc3 Dxb2 (14...Lg4 15.Sxc6 bxc6 16.Dc2 Tb8 17.0–0 Dxb2 18.Dxb2 Txb2 19.Tfb1) 15.Sdb5 Lg4 16.Tb1 Dxc3+ 17.Sxc3 Lxd1 18.Txd1 Ke7 19.Sxe4 Sxe4 20.Lxe4 Tac8 21.Ke2 gut.

13...bxc6 14.Sc3 Lg4

Romanow

Leider traute ich hier 15.Dc2 nicht. Nach 15...Lf3 16.0–0 0–0 17.a3 Lxc3 18.Lxc3 Dg5 19.Tac1 hat Weiß etwas Vorteil, und nach 15...Da6 16.Lf1! (16.Lxe4 Td8 17.h3 Le6 18.Lf3 0–0 19.Le2 Lc4 20.Lxc4 Dxc4 gibt Schwarz Kompensation für den Bauern) 16...Db7 17.Sxe4 (17...Lf3 18.Sxf6+ gxf6 19.Tg1 hält Weiß aus) 17...Lxd2+ 18.Sxd2 c5 19.Tg1 Td8 20.Da4+ Ld7 21.Db3 hat Schwarz nicht genug für den Bauern.

15.Da4? Dxa4 16.Sxa4 Lxd2+ 17.Kxd2 0–0–0+
Diesen Türme verbindenden Zug hatte ich nicht auf der Rechnung. Nun hat Schwarz die Initiative.

18.Kc2 Td6 19.h3 Le2 20.The1 Ld3+ 21.Kb3 Kc7 22.Sc5?
Zu optimistisch. Nach 22.Tac1 Tb8+ 23.Ka3 ist die Stellung noch etwa im Gleichgewicht.

22...Tb8+ 23.Ka3 Td5 24.Tac1 Kd6
Das geplante 25.Sxd3 scheitert nun an 25...Ta5 matt. 24...Sd7 sieht ebenfalls verlockend aus, doch nach 25.b4 a5 26.Sxe4 spielt Weiß wieder mit. Stark wäre allerdings auch 24...Tb5 gewesen, denn nach 25.Sxd3 Txd3+ 26.Tc3 Td2 27.Tec1 Tbxb2 28.Txc6+ Kd7 29.Tc7+ Ke6 30.T1c6 Ke5 sitzt Schwarz am längeren Hebel.

25.Sa4 Sd7 26.Ted1 f5 27.f3 Se5 28.fxe4 fxe4 29.b3
Nun hoffte ich auf 29…Sd3? 30.Txc6+! Kxc6 31.Lxe4. Vergeblich.

29…Le2! 30.Td4
Danach entscheidet der freie e-Bauer die Partie. Doch auch andere Züge sind nicht besser, z.B. 30.Te1 Lf3 31.Lf1 Sd3 oder 30.Txd5+ cxd5 31.Sc3 Sd3! 32.Sxe2 Sxc1 33.Sxc1 Tf8 34.Se2 Tf2 35.Sf4 g5 bzw. 34.h4 Tf2 35.Lh3 Tc2.

30...Txd4 31.exd4 Sd3 32.Tc3 Te8 33.Sc5 Sxc5 34.Txc5 Lb5 35.Tc1
Oder 35.Kb4 e3 36.Tc1 e2 37.Te1 Te3.

35...Kd5 36.Kb4 Kxd4 37.a4 Ld3 38.Txc6 Te7 39.Tc8 Ke3 40.Tf8 Kd2 41.Tf2+ Ke1 42.Ta2 e3 43.Kc3 La6 0-1

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