Donnerstag, 22. Mai 2008

Aufbruchstimmung in Wien

Eine der Traditionen des Wiener Schachverbands besteht darin, dass der Präsident aus der Politik kommen muss, auf die Pension zugeht und vom Schach ziemlich wenig versteht. Christian Hursky erfüllt nur das erste dieser Kriterien. Der als hemdsärmlig und Machertyp beschriebene Mann aus dem Arbeiterbezirk Favoriten ist langjähriges Mitglied des SK Favoriten, kam zwar lange nicht mehr zum Spielen, hat sich aber in der SPÖ zum Nationalratsabgeordneten hochgedient und wird am kommenden Montag zum Nachfolger von Herbert Dinhof gewählt werden, der sich in elf Jahren Amtszeit zumindest nicht überarbeitet hat.

Alle drei Jahre mal das Wiener Rathaus zu checken, um dort auf den letzten Drücker ein Open zu organisieren, das dem Verband nicht einmal Geld in die Kassen spielt, um neue Projekte zu verwirklichen, ist einfach zu wenig. Zu Dinhofs Ehrenrettung ist zu sagen, dass er schon voriges Jahr abtreten wollte, aber kein Nachfolger in Sicht war. Differenzen innerhalb des Vorstands führten seitdem zu einer Kettenreaktion von Rücktritten, wonach über Monate kaum noch etwas weiterging, wobei auch davor schon wenig gelaufen ist. Die Einstellung der Wiener Schachnachrichten und die abnehmenden Leistungen des Verbandssekretariats mehrten die Unzufriedenheit. Die offizielle Website ist quasi eingefroren und wird derzeit an anderer Stelle aktualisiert.

Einige Funktionäre muckten auf und sorgten beim Verbandstag Ende März dafür, dass Dinhofs Vorstandsteam mit knapper Mehrheit das Vertrauen entzogen wurde. Womit das so genannte Revoluzzerteam aber möglicherweise gar nicht gerechnet hatte, denn ein eigenes Vorstandsteam hatten sie nicht vorzuweisen. So rauften sich der alte Vorstand, die Revoluzzerfraktion und einige Vereinsvorstände zusammen und kamen zu einer von Hursky angeführten Liste, die, wie es die Satzung will, offiziell vom alten Vorstand vorgelegt wird. Diese darf am Montag auf einer außerordentlichen Verbandssitzung bestätigt werden. Wie es in diesen Kreisen zur Gesichtswahrung üblich ist, machte Hursky zur Bedingung, nicht gegen Dinhof anzutreten. Dinhof wiederum darf behaupten, seinen Nachfolger ausgesucht zu haben.

Wien mangelt es also noch nicht an Funktionären. Zu wenig Engagement gibt es vielmehr im Nachwuchsschach, wie ich von René Schwab erfahren habe. Er hat sich angeboten, dieses Ressort, egal unter welchem Präsidenten, im Vorstand zu übernehmen. Nur drei Vereine in der Hauptstadt seien darauf eingestellt, jugendliche Spieler aufzunehmen. Trotz einiger auch beim Verband gemeldeten Schulschachgruppen und dem seit Jahren laufenden Schach im Hort-Projekt des Verbands sei Wien nicht nur beim relativen Anteil minderjähriger Spieler sondern sogar in absoluten Zahlen im Bundesländervergleich ganz hinten. Ansätze für eine erfolgreiche Nachwuchsarbeit dürfen übrigens im ähnlich großen und auch in der Sozialstruktur vergleichbaren Hamburg abgeschaut werden.

Schwab sieht Aufbruchstimmung im Umfeld des Verbands. Der Vorsitzende des dank seiner Kinder- und Jugendarbeit größten Wiener Vereins SC Donaustadt ist optimistisch, dass der neue Vorstand einiges voranbringen wird und das nicht nur in dem von ihm verantworteten Nachwuchsbereich. Dafür wäre allerdings eine Beitragserhöhung fällig, zumal höhere Beiträge auch zu erheblichen Zuschüssen der Bundessportorganisation führen würden. Doch in den vielfach von Pensionisten geprägten Vereinen und den Betriebsschachgruppen, deren Beiträge oft von einem einzelnen Obmann getragen werden, stößt das traditionell auf erheblichen Widerstand. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass am Montag weniger über den neuen Vorstand gestritten wird als über die Beitragshöhe.

A Walk in the Park, a Game in the Dark

In einem Interview, das MTel-Chef Josef Vinatzer Dagobert Kohlmeyer gab, wurde die Frage, warum das Mutterunternehmen Telekom Austria nicht einmal in Österreich als Sponsor auftritt, leider nicht gestellt. Dafür stellte der MTel-Chef die richtige und begrüßenswerte Überlegung an, wenn die Spieler schon in einem relativ lärmgeschützten Glaskasten spielen, sie damit künftig dorthin zu bringen, wo mehr Leben und mehr Laufpublikum als in einem Saal wie dem Sofioter Militärklub ist, etwa in einem Park oder einem Einkaufszentrum. Zu bedenken ist freilich, wie man die Großmeister durch visuelle Ablenkungen von außen (einschließlich Zugsignalen) schützt, was beim MTel Masters durch Abdimmen der Umgebung gelöst war.

Die provisorische Weltrangliste

Ich war hier vor einigen Tagen zu faul zum Nachrechnen, wer genau im Gerangel um Weltranglistenplatz drei bis sechs vorne ist. Aber ein norwegischer Statistiker verfolgt, vermutlich angeregt durch die Erfolge eines gewissen jungen Landsmanns, fortlaufend die Situation über 2700 ziemlich genau und veröffentlicht seine Berechnungen, worauf mich Rainer Polzin dankenswerterweise aufmerksam gemacht hat, hier. Diese Liste bestätigt meine Vermutung, dass Iwantschuk die neue Nummer drei werden dürfte. Allerdings fehlt noch Carlsens Sieg vom vorigen Sonntag aus der Niederländischen Meesterklasse gegen Werle, der ihn um Punktesbreite an Topalow vorbei auf Rang vier befördern dürfte. Auch interessant: Im Juli ist mit bereits 28 Spielern ab 2700 zu rechnen.

PS am 28.Mai: Wenn das am 2.Juni endende Bosna Sarajewo-Turnier für die Juliliste noch ausgewertet wird, dürfte Morosewitsch den Kampf um Rang drei gewinnen, vielleicht sogar noch Kramnik einholen...

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