Mittwoch, 28. Mai 2008

Bis aufs Messer

Am Dienstag abend stürmten die Massen die Vernissage von "Games. Kunst und Politik der Spiele" im Project Space der Kunsthalle Wien am Karlsplatz, wobei eine starke akustische Attraktion von einem auf Gameboys gespielten Konzert ausging. Teil der von Ernst Strouhal mitkuratierten und bis 6.Juli bei freiem Eintritt zu sehenden Schau sind zwei außerordentliche Schachspiele. 2003 gestaltete das englische Künstlerpaar Jake & Dinos Chapman dieses Duell zwischen Amazonen und Afroköpfen, die allesamt statt der Nase einen Penis im Gesicht tragen (alle Fotos: Kunsthalle Wien):

ChapmanSchach

Das in einer kleinen, möglicherweise Zehnerauflage gefertigte Chapmanspiel dürfte schon in der Größenordnung von 30 000 Euro wert sein, hörte ich. Besser gefallen hat mir das subtilere, will sagen noch eine Spur schärfere Messer-Schach des Liechtensteiners Patrick Wiesner:

messerschach

Ausgestellt ist auch einmal mehr die nach Recherchen von Ernst Strouhal und Brigitte Felderer entstandene und von Jakob Scheid gefertigte Kempelen-Box, die neben dem Schachtürken auch die Sprechmaschinen des erfinderischen Barons enthält, was man aber am besten in Aktion sieht, was am 10.Juni ab 18 Uhr möglich ist.

KempelenBox

Machen Sie sich auf mehr Schach in der Kunsthalle Wien gefasst!

Großmeister des Schnoddertons

"Gott Gusti" wird er mitunter in Hamburger Schachkreisen genannt. Er selbst bezeichnet sich dagegen schon mal als "alter Sack". Dabei wird er nächsten Monat gerade 29. Jan Gustafsson ist mit einer gesunden Portion (Selbst-)Ironie gesegnet. Falls Sie es noch nicht getan haben, geben Sie sich, wie er kürzlich von Sebi Siebrecht fürs neue Schachbundesliga-TV interviewt wurde. Auf die Frage, was bei der EM in Plowdiw anstehe, gab Gusti locker zum Besten: "Das Programm ist immer das gleiche beim Schachspielen. Morgens bereitet man sich die ganze Zeit vor. Mittags macht man schnell remis, und dann hängt man den Rest des Tages rum."

Nach besagtem Turnier, in dem er sich als einziger Deutscher für den Weltcup qualifizierte, gab Gusti mir ein Interview für die dieser Tage erscheinenden Juni-Ausgabe von Schach. Darin spricht er seriöser, aber durchaus schnoddrig selbstkritisch über sein Abschneiden, seine Stärken und Schwächen und seine schachlichen Pläne. Als Vorgeschmack zwei Ausschnitte (samt der Alter Sack-Stelle):

"Schach: Wirst du dann (gemeint: beim Weltcup im Dezember 2009) überhaupt noch Schachprofi sein?
Gustafsson: Ich war noch nie Schachprofi.
Schach: Sondern?
Gustafsson: Da müssen wir nicht immer drüber reden. Poker musst du nicht schreiben. Ich bin Jurastudent.
Schach: Und wie sind die Chancen, dass du das Studium abschließt?
Gustafsson: Null.
...
Gustafsson: Jetzt kommt erst mal Dortmund. Das ist ein guter Anlass für mich zu arbeiten. Mit Blick auf die Olympiade ist das für mich ganz gut, dass ich mal was zuhause mache. Eigentlich schalte ich ja nie Chessbase ein und mache nur was auf Turnieren.
Schach: Reicht es wirklich, nur vor anstehenden Partien an deinem Schach zu arbeiten? Oder sind deine fantastischen Eröffnungskenntnisse ein Gerücht?
Gustafsson: Nö, ich glaube, ich bin besser im Arbeiten.
Schach: Weil du Züge und Ideen schneller auffasst?
Gustafsson: Schneller auffassen weiß ich gar nicht. Ich habe den Eindruck, dass sich viele Leute nicht sehr effektiv vorbereiten. Ich habe da sehr viel von Nielsen (gemeint ist Peter Heine) gelernt, der auch als Theorieguru gilt, aber auch nicht besonders viel arbeitet, also wie man die kritischen Stellungen erkennt, wo man den Computer benutzen muss und wo man ihn abstellen kann.
Schach: Wo liegen die Fehler der anderen?
Gustafsson: Ich merke nur, dass ich meistens besser vorbereitet bin, und die meisten arbeiten, glaube ich, mehr als ich, also müssen sie irgendetwas falsch machen. Ich bin inzwischen natürlich auch ein alter Sack, ich habe mehr Erfahrung als die meisten Jungs. Ich stelle zwar ab und zu mal was ein oder werde müde, aber Eröffnungen läuft ganz gut."

Ich finde, Gusti hat eine wohltuend ehrliche und zugleich ironische Art zu reden. Er verdient eine Chance als Kommentator. Die zu Schmäh sehr wohl fähigen, aber mit angezogener Handbremse plaudernden Pfleger und Bischoff könnte er alt aussehen lassen, zumal er vom Schach auch mehr als sie versteht.

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