Sonntag, 21. September 2008

Heute mal Politiker

Die meisten Teilnehmer des Politikerturniers, das jeden Herbst in Berlin über die Bühne geht, sind Ministerialbeamte, Kommunalpolitiker und Botschaftsangehörige. Ein paar Promis verirren sich jedes Jahr auch an die Bretter. Heuer etwa Wolfgang Schäuble und Otto Schily, der mit 4,5 aus 7 auch recht ordentlich abschnitt. Der Sieg ging aber an jemand, den man bisher nicht mit Politik in Verbindung brachte, sondern mit Schach. Dirk Jordan, Veranstalter, Händler und Initiator der Dresdner Schacholympiade, gewann bei 56 Teilnehmern und zwar mit Vorsprung. Was ihn zur Teilnahme berechtigte? Reichten etwa seine einst guten Kontakte zu Dresdner Politikern, die ihm abkauften, dass man für eine Schacholympiade Sponsoren in der Wirtschaft findet? Nein, Jordan gehört dem Sportausschuss seiner Heimatstadt an. Womit wir schließen dürfen, dass er dies, obwohl parteilos, in politischer Mission tut.

Und woher weiß der Schachblog, bevor die Schachseiten es gemeldet haben, von Jordans Sieg? Natürlich von dpa, wo in Sachen Schach vor allem Meldungen laufen, die sich für Mitarbeiter Dagobert Kohlmeyer auch anderweitig auszahlen. Kohle ist dem das Politikerturnier veranstaltenden Berliner Schachverband und dessen Vorsitzenden Matthias Kribben äußerst verbunden.

Freitag, 19. September 2008

Mit Topalow, ohne Anand

Am 26.November soll in Lwow das Quasikandidatenfinale zwischen Topalow und Kamsky beginnen (zur Erinnerung: der Sieger wird Herausforderer des Weltmeisters von Bonn). Das ist immer noch der offizielle Stand seitens der FIDE. Die Spieler scheinen beide nicht daran zu glauben, dass der Termin eingehalten wird, wie die an diesem Freitag schließende Meldeliste für die Schacholympiade zeigt. Kamsky hat schon vor längerer Zeit erklärt, in Dresden für die USA anzutreten. Nun steht auch fest, dass Topalow bis 25.November für Bulgarien spielt.

Mit dem Weltranglistenersten rückt Bulgarien in den Kreis der Medaillenanwärter auf, während Indien herausfällt: Anand wird nun nämlich doch auf die Schacholympiade verzichten. Es lässt sich verschmerzen. Er ist, abgesehen von Russlands Nummer sechs und sieben, der einzige Spieler über 2700, der in Dresden fehlen wird. Und auch ein Teilnehmerrekord bei Männern und Frauen ist wahrscheinlich. Dresden erwartet eine Spitzenbeteiligung.

Mittwoch, 17. September 2008

Diener dreier Herren

Ein ehemaliger Fußballnationalspieler und erfolgreicher Fußballlehrer und -manager wirbt mit markigen Worten ("Alle Fußballer sollten Schach spielen") in einem der deutschen Leitmedien für unser Spiel. Das ist doch mal feine, fast kann man sagen: unübertreffliche Werbung für Schach. Was trotzdem an dem mit Felix Magath geführten Interview, das Dagobert Kohlmeyer in der FAZ untergebracht hat, auszusetzen ist?

Kohle wird vom Deutschen Schachbund bezahlt dafür, Artikel, in denen unser Spiel ins beste Licht gerückt wird und der Schachbund und die Schacholympiade erwähnt werden, ohne die leiseste Spur Kritik versteht sich. 1000 Euro im Monat ist das dem Verband wert. Journalistische Arbeit, die sich auf diese Weise finanziert, wird von seriösen Redaktionen gewöhnlich nicht veröffentlicht, vorausgesetzt, dass sie diesen Hintergrund kennen.

Besonders bemerkenswert finde ich diese Passage:

"Kohlmeyer: Der Hamburger Schachklub ist Ihnen heute noch dankbar für eine nette Hilfsaktion.
Magath: Ja, das war die Sache mit den Ataris. Der HSV unterstützte den zu ihm gehörenden Schachklub, als dieser es in den achtziger Jahren schwer hatte. Als Manager habe ich der Schachabteilung damals zu 19 Computern verholfen. Das war ein Startschuss für die Schachspieler, über den Rechner ihre Spielstärke zu verbessern. Die Entwicklung führte dann bis zu der heute so erfolgreichen Firma ChessBase. Ich habe natürlich auch ihr Programm „Fritz“ zu Hause."

Ich würde wetten, dass Magath Chessbase und Fritz nicht so übergangslos und von selbst erwähnt hat, sondern Kohle auch dafür die Stichworte geliefert hat. Schließlich wird er nicht nur vom Schachbund bezahlt, sondern er steht auch auf der Honorarliste des bekannten Hamburger Softwarehauses. Ein Journalist, der diese Berufsbezeichnung verdient und einen solchen Interessenkonflikt hat, hätte die Namen sogar weggelassen, wenn Magath sie tatsächlich von selbst erwähnt hätte.

Dienstag, 16. September 2008

Kosteniuk Inc.

Am Mittwoch genügt Alexandra Kostenjuk mit Weiß gegen Hou Yifan ein Remis, um Weltmeisterin zu werden. Neben der ersten Finalpartie in Naltschik hätte die Russin eigentlich auch noch die zweite gewinnen können. In der dritten Finalpartie hatte sie wieder zwei Mehrbauern, doch dieses Turmendspiel war wohl nie mehr als remis.

Eines muss man Kostenjuk lassen, sie hat nicht nur Ehrgeiz, sie bringt auch Leistung. Mit 17 wurde sie Vizeweltmeisterin, mit 20 in Dresden Europameisterin und Trägerin des Großmeistertitels, mit 22 Mutter. Nun ist sie 24, und ihr Potenzial liegt sicher höher, als ihre derzeitige Rating von 2510 aussagt. Aber ihre Prioritäten liegen nicht in der Spielstärke sondern in ihrer Vermarktung, was aber vielmehr in die Zuständigkeit ihres um 25 Jahre älteren Ehemanns Diego Garces fällt. Der überschwemmt das Internet nicht nur mit diversen Websites wie Kosteniuk.com, Chesskillertips, Chesspics, Chessmovies und Tubechess sondern auch mit Fotos und Videos, vor allem seiner Angetrauten und gerne unter dem Pseudonym Pufichek (wofür auch immer das steht).

Ihr Ziel ist der amerikanische Markt, weshalb Kostenjuk dort publizistisch recht präsent ist. Es fehlte wenig, und der Verband der US-Schachjournalisten hätte sie zur Schachjournalistin des Jahres gewählt (es wurde verdientermaßen dann doch Macaulay Peterson, der die besten Schachvideos von den großen Events dreht), doch in den Kategorien Video und Grafik ("Chess Art") hat Kosteniuk Inc. abgeräumt: Hier präsentiert sie eine Comicreihe, die nach ihrem Slogan "Chess is Cool" benannt ist und es auch in deutscher Übersetzung (Download 3,5 MB) gibt. Worum es in den Comics geht? Das sollte mittlerweile klar sein. Um Alexandra Kostenjuk.

Montag, 15. September 2008

Schaut WM - aber öffentlich!

Wird Schach in Deutschland von der Schacholympiade profitieren? Sicher nicht in dem Maß, dass sich Funktionäre beim Zuschlag vor vier Jahren ausgemalt haben. Die Grundidee, auf Grassroots zu setzen, war richtig. Woher sollte auch Geld für Kampagnen kommen? Doch was man sich ausdachte - mir fällt eine Radsternfahrt mit mäßiger Teilnahme ein und eine Zeitschrift, die von Amateuren mit unkritischen Belanglosigkeiten gefüllt wurde und zurecht keine größere Bekanntheit erlangte - waren eher Rohrkrepierer.

Nun gibt es die WM in Bonn als Dreingabe dazu. Und darin steckt eine ziemliche Chance. Schachspieler, tut euch zusammen und trefft euch an öffentlichen Plätzen, um die Partien zwischen Kramnik und Anand zu sehen und zu diskutieren! Organisiert Public Viewings, kündigt sie in der Lokalpresse und im Internet an!

Man braucht nicht viel: Ein Notebook, einen Beamer, eine gute Internetverbindung, einen Fritz oder eine Rybka, vielleicht noch ein (leider zehn Euro teures) Tagesticket für Foidos, um auch Livebilder und Kommentare aus Bonn zu haben, aber am wichtigsten: ein Ort, den die Leute kennen und wo man wahrgenommen wird. Wenn die Jungs zu lange nachdenken, kann man ja die vorigen Partien beäugen oder zwischendurch blitzen.

Blöd sind leider die frühen Anfangszeiten um 15 Uhr. Die taugen für die Wochenenden, sonst am ehesten noch die Freitage. Trotzdem: Viele sichtbare Schachfans sind die beste Werbung, dass noch etwas nachkommt.

Sonntag, 14. September 2008

No! No?

Am Freitag endete der Meldeschluss für die Schacholympiade in Dresden. Es landete dann zwar auch eine der vielen Pressemitteilungen aus dem Presseamt der Stadt in meiner Mail, doch wie fast alle davon hat sie keine Substanz, sondern verwies nur auf irgendwelche PR-Auftritte und dass die Organisatoren denken, sie können die Zeit der Journalisten nach Belieben verschwenden, ohne Missachtung oder Ärgeres zu ernten.

Dass der Meldeschluss für die Mannschaften und ihre Ranglisten um genau eine Woche verschoben ist, entnehme ich nicht der Olympiadeseite, wo in einem Meer von PR wahrscheinlich die eine oder andere relevante Information herauszufischen wäre, sondern einer gemeinsamen Ankündigung auf der FIDE-Seite. Ob nun aber Verbände, die noch gar keinen Kontakt mit den Veranstaltern hatten, nachmelden dürfen oder diese gerade nicht mehr, könnte zumindest ich aufgrund einer Häufung von Verneinungen nicht mit Sicherheit sagen. Dass die FIDE nicht kommunizieren kann, wissen wir eh. Dass auch die Dresdner ihre Probleme haben, überrascht inzwischen wohl auch keinen mehr.

Samstag, 13. September 2008

Toppy wieder top

Dreimal hat die Nummer eins in der Weltrangliste in der zurück liegenden Woche gewechselt. Erst von Anand zu Carlsen. Dann von Carlsen zu Iwantschuk. Und nun von Iwantschuk zu Topalow. Wobei es der Bulgare besonders stilvoll machte, indem er Iwantschuk in einer schön geführten Positionspartie mit ungleichen Läufern besiegte und das Grand Slam Finale in Bilbao gewann.

So sieht die Elospitze nun, offiziell ab 1.Oktober, aus:
1. Topalow 2791
2. Morosewitsch 2787
3. Iwantschuk 2786
4. Carlsen 2786
5. Anand 2783
6. Kramnik 2772

Beim Turnier im ukrainischen Foros im Juni gab es einen Eiertanz der FIDE, ob es noch in die Juliliste aufgenommen wird oder nicht - was Carlsen auf Platz zwei gehievt hätte. Foros hat nun erst Eingang in die Oktoberliste. Dass die FIDE nun auch Bilbao, obwohl angekündigt, nicht auswertet, um Imageschaden von der WM abzuwenden, glaube ich nicht.

Wäre ein Carlsen oder ein Iwantschuk an der Weltranglistenspitze schon ein Imageproblem für die kommenden Monat zwischen der Nummer fünf und der Nummer sechs ausgetragene WM, ist es Topalow ganz bestimmt: Zumindest wertet es seinen Wettkampf gegen Kamsky auf, dessen Sieger mit dem Sieger von Bonn die nächste WM austragen wird.

Freitag, 12. September 2008

Kleine Welt

In Wien findet zur Zeit eine große Wasserkonferenz (IWA 2008) statt. Wenn ich nicht gerade blogge oder Turniere organisiere, gehe ich zu sowas und schreibe Artikel darüber. Und wen treffe ich dort als erstes? Alexander Kirschner, ein starker Wiener Schachspieler, der dazu beitrug, dass mein Klub Baden vor drei Jahren aus der Zweiten Liga aufstieg, weil er im Kampf des Rivalen die letzte laufende Partie nicht verlor. Alexander ist Mikrobiologe und Experte für Wasserqualität und war erstaunt, dass er ausgerechnet auf der Wasserkonferenz jemand vom Schach traf, bevor er mir einige wertvolle Hinweise für meine Recherchen gab.

Es kam noch besser: Ich schrieb Sanjay Giri, dem aus Nepal stammenden Vater von Anish, der kürzlich in Wien spielte, ein kurzes Mail, dass ich einen Landsmann und Fachkollegen von ihm bei der Wasserkonferenz interviewt hatte und zwar zur Überschwemmungskatastrophe am Fluß Kosi im bitterarmen indischen Bundesland Bihar. Dass Sanjay Giri meinen Gesprächspartner Deepak Gyawali, der immerhin früher Wasserminister Nepals war, kennt, überraschte mich nicht. Allerdings schon, dass Anishs Vater gerade dabei ist, für einen Vortrag, den er am Montag über die Kosi-Katastrophe in Delft halten wird, zu recherchieren. Die Hauptursache der Überschwemmungen ist nämlich die enorme (und von den örtlichen Experten extrem unterschätzte) Menge an Sedimenten die der in den Ganges mündende Fluß aus dem Himalaya mitführt. Und Sanjay Giri ist eine Autorität auf dem Gebiet des Sedimenttransports in Flüssen. Nun ist er der Experte in meinem Artikel.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

close to the resorts...
close to the resorts are http://www.turkish-propert y-world.com/alanya_apartme nt.php...
tpw - 22. Jun, 16:18
Hält man das zusammen...
Hält man das zusammen mit der nunmehr von der Landesschachseite...
racingralf - 11. Aug, 09:43
montages wa maandishi...
Rellstabsstelle- Wakati wa mgomo hewa NATO juu ya...
er78kl - 1. Jul, 10:49
Falsifiziert
Dankenswerterweise hat Michael Knapp sich die Arbeit...
Schachblog rank zero - 6. Dez, 09:46

Besuchen Sie auch

Suche

 

Status

Online seit 7072 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 22. Jun, 16:18

Credits


Impressum
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren