Gewöhnungsbedarf
Eigentlich sollten ungewöhnliche Eröffnungen im Blindschach besonders gut funktionieren. Ohne Brett müsste es dem Gegner schwer fallen, sich auf ungewohnte Stellungsbilder oder Zugfolgen einzustellen. Doch bisher sieht man in Monaco vor allem Standarderöffnungen. Zum Beispiel wie Anand Van Wely einen Sizilianer um die Ohren gehauen hat, dürfte der Inder bis zum entscheidenden Turmopfer (bei hängender Dame) aus seiner Vorbereitung abgespult haben. Oder wie Kramnik Aronjan dank besserer Theoriekenntnisse einen Bauern abnahm. Wilder geht zwar Carlsen zu Werk (sehr unterhaltsam sein Duell mit Leko), aber nicht unbedingt schon in den ersten Zügen.
Vielleicht sollte New in Chess mal ein paar Bände seiner SOS-Eröffnungsbücher unter den Supergroßmeistern verteilen. Der sechste Band ist kürzlich auf Deutsch erschienen. Ich habe ihn übersetzt und gedacht, ich hätte etwas daraus gelernt. Von wegen.
Bei der letzten Runde der österreichischen Bundesliga bekam ich als Schwarzer (von Christian Srienz) 1.d4 Sf6 2.Sf3 g6 3.Sc3 d5 4.Lf4 Lg7 5.e3 0-0 6.Le2 vorgesetzt. Dank dem Kapitel von Arthur Kogan wusste ich, dass Weiß Se5 spielen und mit h2-h4-h5 einen Angriff losbrechen will, und setzte mit 6...Lg4 7.h3 Lxf3 8.Lxf3 fort. Nun allerdings war mir c6 nebst Sbd7 und e5 zu kleinlich, also zog ich 8...c5? 9.dxc5 Da5 10.0-0 Td8. Hier entdeckte ich zu meinem Grausen, dass ich nach 11.a3 Dxc5 12.e4 nichts Besseres als 12...e6 hätte (12....d4? 13.e5). Dass Weiß sogar noch stärker spielen kann, nämlich 11.Sxd5 Sxd5 12.Lxd5, da er nach 12...e6? 13.Lxb7 mehr als genug Holz für die Dame kriegt, zeigte mir später der Computer. Nach 12...Sc6 13.Df3 Dxc5 14.Tfd1 bliebe mir nur die Wahl zwischen 14...Dxc2 15.Tac1 Dxb2 16.Lxf7+ Kh8 (16...Kxf7? 17.Le5+) und 14...Lxb2 15.Lxf7+ Kxf7 16.Le5+ nebst 17.Lxb2 und den Minusbauern gleich abzuschreiben.
In meiner nächsten Schwarzpartie verfolgte ich selbst ein SOS-Konzept (aus Band fünf): 1.d4 Sf6 2.Sf3 c6 3.c4 b5. Der erhoffte Gewinn auf der Uhr blieb nicht von Dauer. Davit Schengelia überlegte zwar zehn Minuten für 4.Sbd2, aber nach 4...bxc4 5.Sxc4 e6 6.e3 La6 7.Ld3 c5 8.0-0 d5 9.Sce5 Lxd3 10.Dxd3 Sbd7 11.b3 cxd4 12.Dxd4 hatte ich zwar eine ausgeglichene Stellung aber schon etwa eine halbe Stunde wenger auf der Uhr und misshandelte den Rest der Partie unsäglich (auch wenn mir Schengelia später noch die Chance auf einen taktischen Schlag gab, den ich aber übersah), so dass ich mich nach einem fehlgeleiteten Opfer schon zehn Züge später geschlagen geben musste.
Es reicht nicht, eine ungewöhnliche Eröffnung zu spielen. Man muss auch die resultierende Stellung handhaben. Vielleicht ahnen die Blindschusterer von Monaco, dass sie darüber stolpern könnten und bleiben deshalb bei ihren Leisten.
Vielleicht sollte New in Chess mal ein paar Bände seiner SOS-Eröffnungsbücher unter den Supergroßmeistern verteilen. Der sechste Band ist kürzlich auf Deutsch erschienen. Ich habe ihn übersetzt und gedacht, ich hätte etwas daraus gelernt. Von wegen.
Bei der letzten Runde der österreichischen Bundesliga bekam ich als Schwarzer (von Christian Srienz) 1.d4 Sf6 2.Sf3 g6 3.Sc3 d5 4.Lf4 Lg7 5.e3 0-0 6.Le2 vorgesetzt. Dank dem Kapitel von Arthur Kogan wusste ich, dass Weiß Se5 spielen und mit h2-h4-h5 einen Angriff losbrechen will, und setzte mit 6...Lg4 7.h3 Lxf3 8.Lxf3 fort. Nun allerdings war mir c6 nebst Sbd7 und e5 zu kleinlich, also zog ich 8...c5? 9.dxc5 Da5 10.0-0 Td8. Hier entdeckte ich zu meinem Grausen, dass ich nach 11.a3 Dxc5 12.e4 nichts Besseres als 12...e6 hätte (12....d4? 13.e5). Dass Weiß sogar noch stärker spielen kann, nämlich 11.Sxd5 Sxd5 12.Lxd5, da er nach 12...e6? 13.Lxb7 mehr als genug Holz für die Dame kriegt, zeigte mir später der Computer. Nach 12...Sc6 13.Df3 Dxc5 14.Tfd1 bliebe mir nur die Wahl zwischen 14...Dxc2 15.Tac1 Dxb2 16.Lxf7+ Kh8 (16...Kxf7? 17.Le5+) und 14...Lxb2 15.Lxf7+ Kxf7 16.Le5+ nebst 17.Lxb2 und den Minusbauern gleich abzuschreiben.
In meiner nächsten Schwarzpartie verfolgte ich selbst ein SOS-Konzept (aus Band fünf): 1.d4 Sf6 2.Sf3 c6 3.c4 b5. Der erhoffte Gewinn auf der Uhr blieb nicht von Dauer. Davit Schengelia überlegte zwar zehn Minuten für 4.Sbd2, aber nach 4...bxc4 5.Sxc4 e6 6.e3 La6 7.Ld3 c5 8.0-0 d5 9.Sce5 Lxd3 10.Dxd3 Sbd7 11.b3 cxd4 12.Dxd4 hatte ich zwar eine ausgeglichene Stellung aber schon etwa eine halbe Stunde wenger auf der Uhr und misshandelte den Rest der Partie unsäglich (auch wenn mir Schengelia später noch die Chance auf einen taktischen Schlag gab, den ich aber übersah), so dass ich mich nach einem fehlgeleiteten Opfer schon zehn Züge später geschlagen geben musste.
Es reicht nicht, eine ungewöhnliche Eröffnung zu spielen. Man muss auch die resultierende Stellung handhaben. Vielleicht ahnen die Blindschusterer von Monaco, dass sie darüber stolpern könnten und bleiben deshalb bei ihren Leisten.
schachblogger - 23. Mär, 19:28
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