Goodbye Bundesliga

Das war es für mich, zumindest bis auf weiteres. Letzter mit Kreuzberg (und - Nachtrag am 7.Mai - trotzdem am grünen Tisch die Klasse gehalten). Das hätte ich mir vor der Saison nicht zu träumen gewagt. In zwölf Kämpfen, in denen ich dabei war, nur im letzten ein einziger Mannschaftspunkt. Hätte ich im letzten Kampf meine zwischenzeitlich überlegene Stellung gewonnen, wäre es wenigstens Platz 15 geworden. Die Kreuzberger Zweite hat es in der Zweiten Liga Nord knapp verpasst, den Abstieg der Ersten auszugleichen.

Als ich vor einigen Monaten die redaktionelle Verantwortung der Bundesligawebsite an Georgios Souleidis abtrat, ist für mich ein wichtiger Grund zum Spielen weggefallen. Der andere war, dass ich die Reisen von Wien nach Deutschland meistens mit Recherchen verbinden konnte, und die Fahrten und Flüge - anstelle eines Honorars fürs Spielen – von meinem Klub übernommen wurden. Doch zuletzt war das der einzige Aspekt, der die Reisen noch rechtfertigte. Allein vorigen Freitag in Köln habe ich fünf interessante Gesprächspartner getroffen. Aber auch vom Schachlichen abgesehen sind die Reisen ansonsten kein Grund, die Bundesligaspiele zu vermissen. Es sind Reisen in ein Land, das im Bereich der Dienstleistung noch einen weiten Weg vor sich hat.

Zum Beispiel die Bahn. Dass ein einstündiger 600-Kilometer-Flug weniger kostet als eine fünfstündige 400-Kilometer-Bahnfahrt, war mir eh klar. Mit Onlinetickets kann man den Preis etwas drücken. Mit einem umständlichen Verfahren versucht die Bahn das aber auf den harten Kern preissensitiver Flugpreiskenner zu beschränken. Weil ich die falsche Kreditkarte habe, muss ich per Bankeinzug zahlen, wofür mir ein Fax mit einer Unterschrift abverlangt wird (anderswo geht es ohne). Das Fax habe ich vor einem Monat geschickt, online buchen kann ich immer noch nicht. Und für die Telefonbuchung ist eine nur aus Deutschland erreichbare Nummer angegeben. Auf Umwegen habe ich eine Alternative erfahren. Inzwischen waren die billigsten Kontingenten für meine gewünschte Fahrt weg, außerdem kostet die Telefonbuchung fünf Euro mehr. Dass eh der Schachclub Kreuzberg zahlt, macht es nicht besser.

Auf der Fahrt hatte ich mehr Gelegenheit, als mir lieb war, zu hören, dass die Bahn wenigstens gelernt hat, Entschuldigung zu sagen. Aber dann auch: Danke für Ihr Verständnis. Ein Verständnis, das nur noch wenige Bahnfahrer haben. Zweimal eine halbe Stunde Verspätung am gleichen Tag. Dabei sind die vielen Verspätungen wahrscheinlich dem Ehrgeiz der Bahn geschuldet. Wären die Fahrpläne nicht so dicht, wären sie viel seltener. Man wäre fahrplanmäßig länger unterwegs, nur dass sich niemand ärgert.

Die Zweite Klasse stand zweimal nicht da, wo der digitale Wagenstandsanzeiger meinte. Beim zweiten Mal setzte ich mich, schließlich ist es nur ein Halt, in die Erste. Der Schaffnerin erklärte ich meinen Beweggrund. Und als das nicht überzeugend genug schien, dass ich für das Ticket 15 Euro mehr bezahlt hatte, als wenn ich online hätte buchen dürfen. Sie nötigte mich trotzdem für vielleicht noch zwanzig Minuten zum Umziehen. Woraufhin ich ihr einen Scheißtag wünschte. Doch mein Nachbar hatte Recht: Damit hatte ich mich gehörlich im Ton vergriffen.

Zum Beispiel Essen: Kann man in Deutschland Pizza essen? Weil ich nicht zwanzig Minuten draußen auf den nächsten Bus warten wollte, bin ich in Solingen der Frage nachgegangen. Himmel nein, kann man nicht. Der Kellner wollte wissen, wie es geschmeckt hat. Ich habe ihm die Wahrheit gesagt, aber diesmal höflich. Die Pasta am zweiten Abend schmeckte verdächtig nach Geschmacksverstärkern. Dieser Kellner fragte nicht.

Zum Beispiel Hotels: Kann man in einem deutschen Hotel erwarten, dass Internet zur Ausstattung gehört? Nur für diejenigen, denen der Preis egal ist. Auf meinen letzten Reisen in die USA und nach Spanien war es überall inbegriffen. In Essen sollte es kürzlich 16 Euro kosten. In Solingen nun 8 Euro pro angefangene Stunde. Fast noch schlimmer ist, dass ich mir auf die einfache Frage, was Internetzugang kostet, einen Vortrag über Kreditkarten und binnen 30 Tagen aufbrauchbare Wertkarten anhören musste, bis die verklausulierte Antwort kam. Auch was eine Minute Telefonieren kostet, konnte die Rezeptionistin nicht sagen. Es gehe nach Einheiten. Das Hotel wirbt zwar mit dem Sender Premiere, aber dass fürs Zusehen 10 Euro fällig werden, erfährt man erst, wenn man es einschaltet. Beim Vertuschen der Preise spielen Hotels und Bestatter in der gleichen Liga.

Vorige Woche gab es einen kuriosen Schlagabtausch um die Frage, ob die Bundesliga schon gelernt hat, als guter Dienstleister am Schachpublikum aufzutreten. Hans-Walter Schmitt meinte in einem Interview bei Chessbase nein. Till Schelz-Brandenburg widersprach ihm auf der BL-Website nicht nur, sondern beschimpfte Schmitt persönlich. Woraufhin der seine Argumente schärfte. Und schließlich der Ligavorsitzende Christian Zickelbein vermittelnd eingriff (nämlich hier - mit allen Links zu den genannten Beiträgen). Ich finde ja, die Liga ist auf ihrem Weg zum Dienstleister sicher nicht schlechter als das Land. Aber um ehrlich zu sein, sind solche Debatten ein Grund mehr, der Bundesliga goodbye zu sagen.
Ufix - 22. Apr, 20:54

Was ich gar nicht glauben konnte ...

Als Hobbyypieler habe ich natürlich ziemlich wenig Ahnung, wie es in den Schach - Ligen in Deutschland so zugeht. Was ich aber wirklich kaum glauben konnte (und bei rankzero.de lesen durfte), dass beim letzten Spieltag in Berlin tatsächlich mechanische Uhren zum Einsatz kamen.

Das finde ich so unfassbar, wenn gleichzeitig die ganze Zeit von Professionalisierung gesprochen wird. Da fehlt es tatsächlich an 8 x 65 Euro für moderne Uhren?

schachblogger - 23. Apr, 11:45

Dagegen spricht eigentlich wenig. Es sind die letzten Spiele ohne Bonusbedenkzeit gewesen. Ist geprüft, dass sie aufgezogen sind, sind etwa Garde-Uhren so zuverlässig wie digitale Uhren (und haben die weitaus bessere Ökobilanz).
Krennwurzn - 23. Apr, 12:12

Blindach verläßt die Liga

22.04.2008 - TSV Bindlach-AKTIONÄR zieht sich aus 1. Schach-Bundesliga zurück ...
Kulmbach/Bindlach, 23. April 2008 – Die Schachabteilung des TSV Bindlach-AKTIONÄR zieht ihre 1. Mannschaft zur neuen Saison aus dem Spielbetrieb der 1. Schach-Bundesliga zurück. Zu diesem Schritt haben sich die Schachabteilung des TSV Bindlach-AKTIONÄR und der Hauptsponsor, das Börsenmagazin DER AKTIONÄR aus der Kulmbacher Börsenmedien AG, in beiderseitigem Einvernehmen entschieden.

http://www.bindlach-schach.de/1mann/07_08/pressemitteilung_bindlach.pdf?PHPKITSID=c3e4570beb7477343bda3c4fea45cca4

siron - 1. Mai, 18:55

Ah,...

...schon wieder so ein Steinzeit-Ösi ohne HotSpot-Tarif.
Aber zugegeben: Bzgl. der Modernisierung von Kelleranlagen hinkt Deutschland um einiges hinterher.

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