Schöne neue Schachwelt

Vor einigen Monaten habe ich der mit einem Höchstmaß an Diagrammen und besonders niedriger Qualitätsschwelle angetretenen "Schach-Zeitung" ein kurzes, die Ausgabefreudigkeit ihres Herausgebers nicht übersteigendes Leben prognostiziert. Noch gibt es sie, und sie tut, als ginge es ihr prächtig. Die nächste Ausgabe soll im Zeitschriftenhandel erhältlich sein. Schachreisen will man künftig auch anbieten.

Zu Chessbase bleibt man nicht auf kritischer Distanz, sondern freut sich über werbende Artikel direkt aus dem Hamburger Softwarehaus. Mit einigen kommerziellen Turnierveranstaltern wurden Rabatte für Abonnenten vereinbart. Im Gegenzug ist mit redaktioneller Lobhudelei zu rechnen. Dass Interessenkonflikte eher die karge Geschäftsgrundlage der "Schach-Zeitung" sind, zeigt sich auch im eifrigen Trommeln auf der Website des Deutschen Schachbunde. Deren Webmaster ist nicht der einzige aus dem DSB stammende Mitarbeiter dieses überflüssigen Produkts, das Bundestrainer Bönsch doch tatsächlich als "spannender als ein Krimi" gelobt haben soll. Welch ein Schmarren.

Ich habe auch geschrieben, dass ich durchaus noch Platz für ein Schachmagazin mit Qualitätsanspruch sehe. Und das kommt nun tatsächlich. Initiator ist der frühere Nationalspieler Jörg Hickl. In den letzten Jahren spielte er immer weniger, sondern veranstaltete Schachreisen und -seminare und stellte fest, wie unprofessionell manches Schachmagazin mit Anzeigenkunden wie ihm umsprang. Ein Buchprojekt dürfte ebenfalls beigetragen haben, dass er überlegte, sich selbst als Magazinmacher zu versuchen sowie dass die Europa-Rochade auf Suche nach einem Käufer ist (und wohl auch mit Hickl sprach), aber offenbar überhöhte Preisvorstellungten hegt.

"Schachwelt" soll es heißen und monatlich erscheinen. Eine Website hat das Projekt bereits und dort sind einige der namhaften Autoren nachzulesen, die dabei sein werden (und Tischbierek beißt sich vielleicht noch in den Arsch, den einen oder anderen nicht oder nicht stärker an "Schach" gebunden zu haben). Für Hickl spricht, dass er sich nicht nur selbst Gedanken gemacht, sondern auch Rat gesucht hat, u.a. beim Schachblogger. So scheint die "Schachwelt" kapiert zu haben, dass im Zeitalter des Internets Turniernachberichterstattung nicht mehr das A und O sein kann. Die Nullnummer ist für Ende Juli angekündigt ist, und ab September soll die "Schachwelt" im gutsortierten Zeitschriftenhandel sein.

PS: Die Kommentatoren beziehen sich auf die vorab ins Netz gestellte Leseprobe von Hajo Hecht zur neuen Verspätungsregel.
sparpaket - 21. Jun, 12:45

Ironie?

Huxley zitiert mit seinem Buch ja auch den "Sturm" und meint, dass die neue Welt nicht wirklich gar so schön ist. Und so scheint´s mit der "Schachwelt" auch zu sein. Kläglicher Titel, miserables Logo, schreckliches Titelbild, verzopftes und beinah unlesbar langweiliges Deutsch im angepriesenen Hecht-Artikel. Was soll man dazu sagen? Der Blogger führt richtig an, dass die derzeit gängigen Formate keine Zukunft haben, aber "Krimi" scheint dieses Produkt auch keiner zu werden.

Haeberlin - 22. Jun, 22:08

Eine inhaltliche Kritik

zu dem Hecht-Beitrag in der "Schachwelt" habe ich in einem anderen Forum gefunden:

"Wenn Hecht schreibt, dass das Turnierreglement Ausnahmen von der 0-Minuten-Regel weder bei Wettkämpfen, Meisterschaften oder Qualifikationsturnieren der FIDE, noch bei Titel- oder Wertungsturnieren der FIDE zulassen dürfe, so ist das falsch.

Sein Appell an den DSB, dieser möge sich bei der FIDE für eine modifizierte Karenzzeitregel einsetzen, erscheint wenig sinnvoll,
1. da die 0-Minuten-Regel doch gerade auf eine Initiative des DSB zurückgeht,
2. der DSB die 0-Minuten-Regel ab 01. Juli in weiten Teilen seines Spielbetriebs anwenden wird, obwohl er es nicht bräuchte (s. o.).

Hechts Unterscheidung in "Schachregeln", "Turnierregeln" und "Schachregeln" ist verwirrend. Er meint vermutlich "Grundspielregeln", "Regeln für den Schachsport" und "Die FIDE-Schachregeln"."

jopro - 25. Jun, 10:00

Journalismus und Schach...

Prinzipiell freut es mich, wenn eine weitere Zeitung das Spektrum der Schachzeitschriften bereichert.
Leider wird bei der Leseprobe wieder einmal eines offensichtlich: bloß weil man Schach spielen kann, kann man noch lange nicht über Schach schreiben. Niemand kann ohne irgendeine Form von journalistischer Ausbildung einen Leitartikel in einer Qualitätszeitung schreiben. Das gilt leider nicht für Schachzeitungen, ein FM-, IM- oder GM-Titel reicht scheinbar als Qualifiaktion.
Sätze wie "Betreibt man Schach turniermäßig (sic!), so muss man auch mit den Turnierregeln vertraut sein [...]. Man sollte sie wirklich alle gut kennen, insbesondere..." sind eine Katastrophe und interessieren vielleicht den ambitionierten Anfänger, gewinnen jedoch wohl kaum den Vereinsspieler, der ja angeblich die primäre Zielgruppe sein soll.
Außerdem: haben wir nicht alle schon langsam genug von der Diskussion rund um die 0-Minuten Regel?

Eine neue Schachzeitung muss mir als Leser etwas bringen, was andere Zeitungen (und vor allem das Internet!!) nicht (schneller) bringen! Hoffentlich haben Hickl & Co genügend Ideen... Partieanalysen und Turnierberichte finden wir auch anderswo.

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