Freitag, 16. Mai 2008

900 Kilometer

Nur wenige, die ich fragte, konnten glauben, dass in der Ukraine ein Nettopreisgeld von 500 000 Euro für Topalow und Kamsky aufzutreiben wären, wie es Kamskys ukrainischer Manager Alexander Tschernenko seit Monaten in Aussicht stellte. Am wenigsten Topalows Manager Silvio Danailow, der noch am vorigen Samstag zu mir sagte: "Wenn das Geld wirklich da ist, gehen wir zu Fuß von Sofia nach Lwow." Nach der letzten Mitteilung der FIDE sieht es nun ganz so aus, dass Danailow sich für den 900 Kilometer-Marsch rüsten darf.

Wieder im Schachbusiness

Bob Rice ist wieder da, und ich rede nicht davon, dass er voriges Jahr die WM in Mexiko City besuchte und mit Fred Friedel beim Sightseeing war. Der Mann, der 1993 bis 1995 die PCA leitete, hat ein Buch geschrieben, was man vom Schach fürs Geschäftsleben lernen könne (hier mehr über Three Moves Ahead samt Leseprobe). Kurioserweise ein Jahr, nachdem sein früherer Partner Kasparow selbst ein solches Buch (von dem hier schon die Rede war) vorgelegt hat.

Der Jurist und Hobbyspieler aus New Jersey bekam, als Kasparow und Karpow 1990 in New York ihr fünftes und letztes WM-Match spielten, von seiner Frau eine Eintrittskarte geschenkt. Im Publikum sah er all die anderen Banker, Broker und Anwälte und sagte sich, wow, es gibt doch einen Markt für dieses abgehobene Spiel. Kurze Zeit später gründete er den Wall Street Chess Club. Zunächst wollte er damit Kunden für die Anwaltskanzlei locken, für die er arbeitete. Wie er einmal gegenüber dem Magazin New Yorker sagte, kamen Banker um ihr Schach zu verbessern und Schachspieler, um etwas übers Geldverdienen zu lernen. Auch Kasparow ließ sich blicken, wenn er in New York war. Als er 1993 mit der FIDE brach und (durch Ray Keene) die PCA entstand, fragte er Rice, ob er die neue Organisation managen wollte. Er war dabei.

1995 sorgte Rice dafür, dass Kasparow seinen Titel gegen Anand nicht, wie schon geplant und angekündigt, in Köln verteidigen sollte sondern, um das finanzielle Risiko zu begrenzen, in New York. Dort ging es dann aber auch nicht ohne eine Kürzung des Preisgelds ab. Einige Insider vermuteten damals, dass Rice nur seinen persönlichen Profit im Auge hatte und sich daher auch sofort aus dem Staub machte, als Intel den Sponsoringvertrag nicht verlängern wollte, womit die PCA nach nur zweieinhalb Jahren erledigt war.

Rice war dann wieder einige Jahre mit Geld verdienen beschäftigt und hat nun anscheinend wieder etwas Zeit für Schach. Ernstzunehmende Kritiken des immerhin schon im März bei Jossey-Bass, das zu Wiley gehört, erschienenen Buches habe ich auf die Schnelle nicht entdeckt.

Österreichs Firmen sponsorn Schach in der Ferne

Zwölf Jahre ist es her, seit ein österreichisches Unternehmen eine signifikante Summe Geld, will sagen mehr als 100 000 Euro, in die Hand genommen hat, um ein Schachevent zu sponsern. Beim Weltklasseturnier im Wiener Rathaus 1996 war die Bank Austria (mittlerweile mit der Creditanstalt fusioniert) Hauptsponsor. Seit 2004 ist die Telekom Austria Schachsponsor, allerdings nicht in Österreich sondern über ihr Tochterunternehmen MTel in Bulgarien: Neben dem persönlich unter Vertrag genommenen Topalow wird ein jährliches Weltklasseturnier sowie etwas Kinderschach unterstützt. Beim derzeit laufenden MTel Masters engagiert sich sogar noch ein weiteres österreichisches Unternehmen in der Ferne, nämlich die Wiener Städtische, Mehrheitseigentümer der unter den Turniersponsoren aufscheinenden Bulstrad Versicherung.

Die Frage stellt sich: Warum nicht auch einmal in Österreich selbst? Mehr Zuschauer als derzeit in Sofia hätte ein Spitzenturnier in Wien allemal. Nur wäre es hier schwerer, auf eine entsprechende Medienpräsenz zu kommen. Schach hat nun einmal kein Seitenblicke-Niveau.

Voriges Jahr wurde es laut Silvio Danailow, Topalows Manager, dennoch versucht, Geld für ein Spitzenevent in Wien zu finden. Fieberhaft versuchte er, eine Revanche zwischen Topalow und Kramnik zustande zu bringen, deren Match in Elista er mit dem Toilettenskandal in die Schlagzeilen gebracht hatte. Da sich Kramnik weigerte, in Bulgarien, wo die Regierung für die Finanzierung gerade gestanden wäre, seinen Titel gegen Topalow zu verteidigen, versuchte es Danailow auf neutralerem Boden über seine Kontakte bei der Telekom Austria. Doch schon bevor Kramnik und die FIDE abwinken konnten, scheiterte das Ansinnen: In Österreich war eine Schach-WM nun einmal keine Million wert.

Nachtrag 22.Mai: In einem Interview, das Josef Vinatzer Dagobert Kohlmeyer gab, wurde die Frage, warum das Unternehmen nicht einmal in Österreich als Sponsor auftritt, erst gar nicht gestellt, dafür stellte der MTel-Chef die richtige Überlegung an, wenn die Spieler schon in einem Glaskasten spielen, sie damit dorthin zu bringen, wo mehr Leben und mehr Laufpublikum ist, nämlich in einem Park oder einem Einkaufszentrum.

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