Sonntag, 4. April 2010

Wächst ein neuer Ray Keene heran?

Hat nun auch die Schachszene ihren Fall Hegemann? Erst 14 Jahre ist Daniel Naroditsky alt und hat gerade sein erstes Schachbuch veröffentlicht. Leider nicht (a la Axolotl Roadkill) Enthüllungen über Drogengebrauch, Sexexzesse und Partieabsprachen im Jugendschach und auch nicht etwa ein leichtfüßiger Stoff, sagen wir eine Sammlung von Schachaufgaben, legt der amerikanische Jungautor vor sondern verspricht Kaufwilligen nicht weniger als "Mastering Positional Chess" (hier der Titel und ein Link zu einer Leseprobe). Dass jede Menge seiner Beispielstellungen samt Einschätzungen geradewegs von anderen, allerdings nicht zitierten Autoren übernommen sind, fiel anscheinend weder den Lektoren seines Verlegers New in Chess noch den Rezensenten auf, wohl aber Lesern einer hymnischen Besprechung auf Chessvibes.

Naroditsky wäre nicht der erste Plagiator im Schach. Diejenigen, die Ray Keenes Arbeit veröffentlichen, ficht dessen unter anderem hier ausführlich aufgedeckte, fortgesetzte, passagenweise wörtliche Abschreiberei offenbar nicht an. Die Parallele geht vermutlich noch weiter. Keene überlässt das Schreiben und Abschreiben weitgehend seinen Knechten. Bei einem 14jährigen liegt der Verdacht nahe, dass er beim Schreiben - vorsichtig ausgedrückt - erhebliche Hilfe hatte. Dass Naroditsky 2007 U12-Weltmeister war (Youtube hat ein TV-Interview nach seiner Rückkehr), aber einigen Gleichaltrigen und Jüngeren inzwischen weit über 100 Elopunkte und um diverse Titelnormen nachhinkt, weckt eher den Verdacht, dass mit dem Buch der schnell welkende Ruhm versilbert werden soll.

Hätte Naroditsky Ambitionen als Spieler, hätte er doch sicher besseres zu tun, als ein 240seitiges Lehrbuch zu schreiben. So etwas rechnet sich eher, wenn er als Schachlehrer etabliert werden soll. Vielleicht schwebt seinem Umfeld für ihn ja eine Karriere a la Josh Waitzkin vor. Den hielt man in den USA übrigens quer durch die großen Medien lange für ein Wunderkind, obwohl er wohl das Gegenteil von einem Talent war, hat er es doch trotz langjähriger Arbeit mit einer Reihe prominenter Trainer nie zum GM gebracht.

Aber nochmal zu Keene, dem der Schachblogger nicht Unrecht tun möchte: Einige seiner frühen Bücher waren sehr gut. Und er hat seine Autorenkarriere ganz sicher nicht als Plagiator begonnen. Um Ray Keene zu werden, müsste Naroditsky ferner ein Interesse an exzellenten Speisen und teurem Wein entwickeln. Im Raum San Francisco, wo er lebt, lassen sich die Buchtantiemen durchaus entsprechend anlegen.

PS: John Donaldson aus San Francisco, der Naroditsky seit Jahren kennt (und einer von dem Keene Länge mal Breite abschrieb oder abschreiben hat lassen), teilt dem Schachblogger mit, er glaube schon, dass der Junge das Buch selbst geschrieben habe. Er sei ein normaler, aber intellektuell weit entwickelter Junge, der im Mechanics Club schon einige Vorträge gehalten habe. Sein Vater, ein ehemaliger Matheprofessor sei jetzt in der Finanzwelt, die Mutter Klavierlehrerin (dass der Sohnemann dazuverdient, sollte die Familie also eigentlich nicht nötig haben, aber wer weiß, die Krise...). Sein Vater und Bruder seien außerdem ebenfalls aktive Schachspieler.

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