Montag, 15. Mai 2006

Topalows Markenzeichen

Die Art und Weise, wie Kamsky in Runde fünf in Sofia gegen Topalow verloren hat, weckt Zweifel am Vorbereitungsstand des so großartig gestarteten Großmeisters aus Brooklyn. Mit Schwarz völlig gesund aus der Eröffnung (einer dieser notorischen Slawisch-Varianten mit a6) gekommen, provozierte Kamsky ein Qualitätsopfer, das jeder passable Turnierspieler wenigstens auf der Rechnung gehabt hätte. Bestimmt ein halbes Dutzend Mal hat der Bulgare allein im letzten Jahr die Qualität für weniger offensichtliche Kompensation gegeben (z.B. Topalow - Anand, Sofia 2005 ebenfalls auf e6, Topalow - Anand, San Luis 2005, Topalow - Aronjan, Wijk aan Zee 2006). Diesmal winkten ein kaputter Königsflügel, Angriff, das Läuferpaar - natürlich ließ sich der Bulgare nicht zweimal bitten. Zu simpel für eine echte Glanzpartie, wie sie Topalow voriges Jahr in Sofia gegen Anand und Ponomarjow lieferte, aber in diesem Jahr bisher noch Mangelware sind.
Zwischenstand damit nach dem ersten Durchgang:
1./2. Kamsky, Anand beide 3,5
3.-4. Topalow, Swidler beide 2,5
5.-6. Ponomarjow, Bacrot beide 1,5

Am Dienstag haben in Sofia alle frei außer Topalow, der im Park hinter dem Hotel, an den dort vor einem Jahr aufgestellten Schachtischen eine Simultanvorstellung gibt. Zumindest im vorigen Jahr hat ihm diese Übung nicht geschadet. Damals katapultierte er sich im zweiten Durchgang mit viereinhalb von fünf möglichen Punkten vom geteilten auf den alleinigen ersten Platz. Bei Topalow soll man nie nie sagen, aber ein zweites Mal dürfte ihm das kaum gelingen. Gegen die beiden vor ihm Platzierten hat der Weltmeister in der (bis Sonntag dauernden) Rückrunde Schwarz, aber immerhin in den drei übrigen Partien Weiß. Allerdings haben auch Kamsky und Anand noch jeweils drei Weißpartien vor sich.

Sonntag, 14. Mai 2006

Kamskys Comeback

Erst mal ein Geständnis: Vor Beginn des Turniers in Sofia erwartete ich Kamsky zusammen mit Bacrot im Clinch gegen den letzten Platz. Nun führt das tartarisch-amerikanische Comeback-Kid nach vier Runden mit 3,5 Punkten, hat Bacrot geschlagen (der die Eröffnung misshandelt hat), Anand geschlagen (feiner Kampfsieg im Endspiel mit Schwarz), Swidler geschlagen (nach dessen grobem Fehler im 15.Zug).

Dabei hatte Kamsky dem Schach bereits abgeschworen. Nach seiner 7,5:10,5-Niederlage im FIDE-WM Match 1996 gegen Anatoli Karpow hat er als 22-Jähriger seine Profikarriere aufgegeben, nur noch spaßeshalber ein Turnier in Amsterdam bestritten und dann zu studieren begonnen - erst sollte es Medizin sein, dann wurde es Jura. Drei Jahre später gab es ein sehr kurzes Comeback. Kamsky kam zur K.o.-WM nach Las Vegas, fegte im ersten Spiel Alexander Chalifman vom Brett, verlor das Rückspiel und den Tiebreak. Kamsky fuhr nach Hause, Chalifman wurde FIDE-Weltmeister.

Vor gut zwei Jahren begann Kamsky, mittlerweile von seinem schwierigen Vater Rustam abgenabelt, in New York Schnellturniere zu spielen. Die US-Meisterschaft im November 2004 war sein erstes seriöses Turnier. Dort kam er noch nicht über 5,5 aus 9 hinaus und damit nicht einmal unter die ersten zehn. Viel Schach spielte er auch 2005 nicht, aber beim Weltcup in Chanti-Mansisk lief es nach Maß für ihn. Er verlor nur gegen Grischtschuk und kämpfte sich danach durch Siege gegen Sakajew, Vallejo und Carlsen auf den neunten Platz vor, womit er, trotz einer Eloperformance von nur 2657, die Qualifikation für die Kandidatenwettkämpfe in der Tasche. Im Januar diesen Jahres kam er in Wijk aan Zee mit 4,5 aus 13 zwar nicht über eine Eloperfomance von 2608 hinaus, schlug aber immerhin Anand (gegen den mutmaßlichen nächsten Weltranglistenersten kann Kamsky damit samt Dos Hermanas 1996 und Sofia 2006 drei Siege aus den letzten drei Begegnungen vorweisen!).

Das nächste Indiz, dass er in Sofia nicht zu unterschätzen sein würde, lieferte er im März bei der US-Meisterschaft, wo er mit 6,5 aus 9 in seiner Vorgruppe den ersten bis dritten Platz teilte, aber nach Feinwertung das Finale verpasste. In Wijk aan Zee ist Kamsky Topalow, seinem letzten Gegner im ersten Durchgang von Sofia, mit Schwarz noch ebenso rasch wie deutlich unterlegen. Mal sehen, ob sich der Junge aus Brooklyn an diesem Montag besser gegen den Bulgaren schlägt.

Freitag, 12. Mai 2006

Zu spät für Prognosen

Jetzt, nachdem Anand Topalow in der zweiten Runde des Turniers von Sofia mit Schwarz geschlagen hat, ist es natürlich zu spät, einen klaren Turniersieg von Anand im MTel Masters vorherzusagen und dass Topalow seinen Triumph vom Vorjahr nicht wiederholen hat. Jetzt bleibt nur noch, auf den Erfahrungswert hinzuweisen, dass die Spieler, für die gerade ein WM-Match angekündigt worden ist, meistens unter den Erwartungen bleiben. Anand ist es 1999 selbst so ergangen (der Sponsor Eurotel verzichtete damals auf die Austragung des Matches gegen Kasparow).

Vor genau einem Monat hat Topalow den Vertrag für ein WM-Match gegen Kramnik unterschrieben. Als ich den Bulgaren im Februar an seinem Wohnort Salamanca besuchte, fragte er sich selbst: "Warum reden alle über ein Match gegen Kramnik und niemand über ein Match gegen Anand?". Kasparow sagte mir in einem Interview Ende April in Wien: "Wenn ich zu entscheiden hätte, wie die WM ausgetragen wird, hätte ich einen Wettkampf zwischen Topalow und Anand organisiert. Das sind die beiden Stärksten, das wäre das spannendere Match."

Schon voriges Jahr, als Topalow in Sofia mit einem Punkt vor Anand gewann, wurde am Ende herumgerechnet, wer von den beiden damit in der Eloliste die Nase vorne hätte. Die Antwort war damals: keiner. Beide lagen gleich. Die seit April gültige Eloliste führt Topalow mit 2804 vor Anand mit 2803 an. Bei Anand ist die deutsche Bundesliga noch nicht ausgewertet, aber dort hat sich keine Eloänderung für ihn ergeben. Topalow hat aus seinem 3:1-Sieg gegen Nisipeanu vier Elopunkte gut, aber aus Morelia/Linares stehen ihm sechs Punkte Abzug ins Haus, macht zwei Elo minus, womit er de facto schon mit einem Elopünktchen hinter Anand ins Turnier ging, dieser also schon bei Punktgleichheit mit Topalow in Sofia in der Juliliste knapp an diesem vorbeizöge. Im Moment hat Anand bereits 1,5 Punkte mehr als Topalow. Sagen wir also so: ein Wechsel an der Weltranglistenspitze ist in den Bereich des Möglichen gerückt.

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