Chess, Lies and Videotapes
Kramniks Manager Carsten Hensel hatte schon vor der Reise nach Kalmückien von möglichen Provokationen gesprochen und angekündigt, keinen Fingerbreit nachzugeben. Diese Haltung hat am Freitag dazu geführt, dass Kramnik eine 3:1-Führung aufs Spiel gesetzt hat, indem er, nachdem das Schiedsgericht auf einen Protest von Topalows Manager Danailow eine sowohl formal unzulässige als auch einseitige Entscheidung getroffen hatte, nicht zur fünften Partie antrat.
„Es war eine geschickte Provokation von Danailow“, sagt Ilja Balinow. Der in Wien lebende Bulgare kennt Danailow und Topalow seit Jugendtagen. „Kramnik hätte darüber lachen sollen und anbieten, dass er seine Notdurft direkt am Brett verrichtet.“ Stattdessen lehnte Hensel jede Änderung der Matchbedingungen als Vertragsbruch ab. Stärker noch, er forderte eine schriftliche Entschuldigung von Danailow und den Austausch des Schiedskomitees (dem Makro und Asmai wohl nur deshalb angehören, weil es für normalerweise so gut wie keine Arbeit viele Tausend Dollar Vergütung gibt) wegen Parteilichkeit. Diplomatisch war sein Vorgehen nicht, sondern eher adrenalingesteuert.
Man versteht Hensels Vorgehen freilich besser, berücksichtigt man die schlechten Erfahrungen, die er mit der Gegenseite gesammelt hat. Dabei hatte er sich noch Ende 2001 der FIDE als Marketingmanager anzudienen versucht. Die Prager Einigung 2002 ist nicht nur aus Hensels Sicht an der Wortbrüchigkeit der FIDE gescheitert.
Seit etwa einem Jahr ist er auch wiederholt mit Silvio Danailow aneinander geraten. Im November 2005 verhandelten die beiden über die Ausrichtung des WM-Kampfes in Bonn. Ob Hensel bluffte oder tatsächlich Sponsoren für die in Aussicht gestellten 1,3 Millionen Euro Preisgeld sicher hatte, wurde nie bekannt. Die RAG, Hauptsponsor des Computer-Schaukampfs Ende November, stand nach eigener Aussage jedenfalls nicht dahinter. Es scheiterte nämlich schon an Hensels Bedingung, das Match außerhalb der FIDE auszutragen. Danailow ist nämlich in der FIDE, sagen wir mal: gut vernetzt. Während der letzten Monate schmiedete der Bulgare zudem eine Allianz der großen Einladungsturniere, die ab 2008 als „Grand Slam“ durch einen Prämientopf verbunden sein sollen – unter Ausschluss der Dortmunder Schachtage, denen Hensel noch als Berater verbunden ist.
Bis die von Hensel erwartete Provokation kam, lief das Match nach Maß für Kramnik. Zugleich prügelte die russische Presse auf Toppy ein. So wurde in den letzten Tagen gerne aufgegriffen, dass der russische Cheftrainer Sergei Dolmatow den Bulgaren des Betrugs bei seinem überlegenen WM-Sieg im vorigen Jahr zichtigte. Die Gelegenheit, den Psychokrieg abseits des Bretts zu erwidern, kam für Danailow, als er die Videoaufzeichnungen aus Kramnik Rückzugsbereich zugespielt bekam. Etwa von seinen Freunden Makro und Asmai?
Alles in allem eine höchst überflüssige Affäre, von der nun, Sonntag vormkttag, immer noch nicht klar ist, ob sie wohlmöglich zum Matchabbruch führt. Immerhin gibt es gegen 11 Uhr eine Annäherung: Die Toilettenfrage ist gelöst. Iljumschinow opfert das Schiedskomitee. Ob Kramnik den kampflosen Punkt wiederkriegt, wird anscheinend noch verhandelt. Ich denke aber nicht, dass er ein 3:2 schlucken wird, da er angesichts der Fehlentscheidungen des Schiedskomitees (zu später Protest, falsche Entscheidung, zu spät informiert...) ja formal im Recht ist.
„Es war eine geschickte Provokation von Danailow“, sagt Ilja Balinow. Der in Wien lebende Bulgare kennt Danailow und Topalow seit Jugendtagen. „Kramnik hätte darüber lachen sollen und anbieten, dass er seine Notdurft direkt am Brett verrichtet.“ Stattdessen lehnte Hensel jede Änderung der Matchbedingungen als Vertragsbruch ab. Stärker noch, er forderte eine schriftliche Entschuldigung von Danailow und den Austausch des Schiedskomitees (dem Makro und Asmai wohl nur deshalb angehören, weil es für normalerweise so gut wie keine Arbeit viele Tausend Dollar Vergütung gibt) wegen Parteilichkeit. Diplomatisch war sein Vorgehen nicht, sondern eher adrenalingesteuert.
Man versteht Hensels Vorgehen freilich besser, berücksichtigt man die schlechten Erfahrungen, die er mit der Gegenseite gesammelt hat. Dabei hatte er sich noch Ende 2001 der FIDE als Marketingmanager anzudienen versucht. Die Prager Einigung 2002 ist nicht nur aus Hensels Sicht an der Wortbrüchigkeit der FIDE gescheitert.
Seit etwa einem Jahr ist er auch wiederholt mit Silvio Danailow aneinander geraten. Im November 2005 verhandelten die beiden über die Ausrichtung des WM-Kampfes in Bonn. Ob Hensel bluffte oder tatsächlich Sponsoren für die in Aussicht gestellten 1,3 Millionen Euro Preisgeld sicher hatte, wurde nie bekannt. Die RAG, Hauptsponsor des Computer-Schaukampfs Ende November, stand nach eigener Aussage jedenfalls nicht dahinter. Es scheiterte nämlich schon an Hensels Bedingung, das Match außerhalb der FIDE auszutragen. Danailow ist nämlich in der FIDE, sagen wir mal: gut vernetzt. Während der letzten Monate schmiedete der Bulgare zudem eine Allianz der großen Einladungsturniere, die ab 2008 als „Grand Slam“ durch einen Prämientopf verbunden sein sollen – unter Ausschluss der Dortmunder Schachtage, denen Hensel noch als Berater verbunden ist.
Bis die von Hensel erwartete Provokation kam, lief das Match nach Maß für Kramnik. Zugleich prügelte die russische Presse auf Toppy ein. So wurde in den letzten Tagen gerne aufgegriffen, dass der russische Cheftrainer Sergei Dolmatow den Bulgaren des Betrugs bei seinem überlegenen WM-Sieg im vorigen Jahr zichtigte. Die Gelegenheit, den Psychokrieg abseits des Bretts zu erwidern, kam für Danailow, als er die Videoaufzeichnungen aus Kramnik Rückzugsbereich zugespielt bekam. Etwa von seinen Freunden Makro und Asmai?
Alles in allem eine höchst überflüssige Affäre, von der nun, Sonntag vormkttag, immer noch nicht klar ist, ob sie wohlmöglich zum Matchabbruch führt. Immerhin gibt es gegen 11 Uhr eine Annäherung: Die Toilettenfrage ist gelöst. Iljumschinow opfert das Schiedskomitee. Ob Kramnik den kampflosen Punkt wiederkriegt, wird anscheinend noch verhandelt. Ich denke aber nicht, dass er ein 3:2 schlucken wird, da er angesichts der Fehlentscheidungen des Schiedskomitees (zu später Protest, falsche Entscheidung, zu spät informiert...) ja formal im Recht ist.
schachblogger - 1. Okt, 09:51
Eine überflüssige Affaire
Meiner Meinung nach sollte Kramnik zur nächsten Partie wieder antreten, und die kampflose Niederlage schlucken. Dies wird er aber wohl nicht tun. Die Konsequenzen für die Schachwelt sind verheerend. Ich glaube, das seinerzeit geniale Spiel von Fischer mit den Medien lässt sich auf unsere heutige Zeit nicht übertragen. Nach einem Mißerfolg in Elista wird das Spitzenschach endgültig für die Presse abgeschrieben sein. Man hat kein verständnis mehr für zwei Schachdiven, die ihren Privatkrieg nicht am Brett, sondern in der Toilette austragen!