Was sind schon drei, vier Milliönchen?

Vier Millionen, genauer gesagt 4,2 Millionen Euro wollte man für die in einem Jahr in Dresden beginnende Schacholympiade von der Wirtschaft locker machen. Inzwischen droht (und das trotz zwischenzeitlich um mehr als eine halbe Million Euro eingedampftem Budget), dass unterm Strich die Steuerzahler bis zu vier Millionen übernehmen.

Das magere Resultat von drei Jahren Sponsorensuche: In Größenordnung 100 000 Euro wurden von Firmen für die EM lukriert, Zusagen in Größenordnung von 200 000 Euro liegen für die eigentliche Olympiade vor.

Am Donnerstag, den 15.November hat der Dresdner Stadtrat eine Finanzierungslücke von 1,9 Millionen Euro durch Aufnahme ins städtische Sportstättenbudget geschlossen. Falls die Sponsoren doch noch kommen, gut. Sonst bröckeln eben die Schwimmbäder weiter.

Den größten Batzen der Kosten trägt die Stadt Dresden. Nach dem großen Immobilienverkauf scheint dort ohnehin jeder Euro gerne zweimal ausgegeben zu werden. Die Schuldenfreiheit währt jedenfalls nicht lange:

40 000 Euro für die Bewerbung waren der Anfang (50 000 Euro waren veranschlagt, eine Einsparung, der man sich heute noch rühmt, dabei hätten es 5000 Euro auch getan, denn es gab keinen ernsten Mitbewerber außer Fräulein Kass aus Tallinn) .

500 000 Euro wurden nachgeschoben, weil versprochen wurde: mehr soll es die Stadt nicht kosten. Das Geld ist verbraucht, zumal ja eine EM als Generalprobe als nötig beschlossen war. Die hat zwar Erkenntnisse gebracht (Baustelle Internet), aber dem Ruf eher geschadet, nicht nur wegen der schlechten Übertragungen sondern auch weil man von der Barauszahlung der Preise und Schirihonorare zu Überweisungen überging, die sich dann Monate streckte.

1,9 Millionen quasi als Ausfallgarantie kommen jetzt dazu.

Nicht gerechnet sind dabei die Gehälter einiger städtischer Mitarbeiter, die in ihrer Arbeitszeit für die Schacholympiade kurbeln oder es noch tun werden, wie Bürgermeister Winfried Lehmann, Sprecher Kai Schulz, Leute bei Stadtmarketing und Tourismus oder in den letzten Wochen die Juristen der Stadt, die sich mit der FIDE herumschlugen. Konservativ geschätzt:
100 000 Euro

500 000 Euro gibt die Ostsächsische Sparkasse Dresden (ohne dass sie diesen Betrag bestätigt), ein öffentliches Unternehmen in Händen der Stadt.

Macht etwas mehr als drei Millionen, wenn´s nicht noch erheblich bei der Sponsorensuche funkt. Selbst wenn noch eine Million aufgetrieben wird, was ich für realistisch halte, zahlt die Stadt Dresden viermal so viel, wie die Verantwortlichen Dirk Jordan, Ingolf Rossberg und Winfried Lehmann versprochen haben.

Das ist noch nicht alles von der Öffentlichen Hand. Dazu kommen

500 000 Euro vom Freistaat Sachsen

100 000 Euro vom Bund

...und vielleicht ein Nachschlag, wenn nämlich die eingeplanten rund 400 000 Euro (meine Schätzung, denn die Liste der geplanten Einnahmen liegt mir nicht vor) aus Kartenverkauf (mit knapp unter zehn Euro nun doch sozialverträglich bepreist) und Merchandising unterschritten werden, oder wenn die Befürchtungen des Moskauer Wadlbeißers Michael Schmidt eintreffen, dass noch für Dolmetscher beim FIDE-Kongress und einige andere Kleinigkeiten nachgelegt werden muss.

Hängen bleiben könnte da leicht: Finger weg von Schach, dafür finden sich sowieso keine Sponsoren. Darum ist es wichtig, die Versäumnisse in Dresden zu benennen und aufzuarbeiten. Dazu gehören:

1. dass sich die Lokalpolitiker von Dirk Jordan um den Finger wickeln ließen, obwohl der nach einigen Insolvenzen (seiner eigenen, seiner Frau, seines Geschäftspartners...) ein eher gestörtes Verhältnis zu Geld und Einkommen hat.

2. dass Thilo von Selchow von ZMD involviert war. Nicht genug, dass ZMD in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, auf Gesundschrumpfkurs ging und zumindest nach jetzigem Stand nicht zu den vollmundig abgegebenen und auf der Website immer noch nachlesbaren Unterstützungsversprechen für die Schacholympiade steht, sondern er musste auch noch einem alten Spezi einen Auftrag zuschanzen und drückte die Firma Grolman Result durch, die die Bemühung um Sponsoren um etwa ein Jahr zurückwarf.

3. dass man am Anfang unnötig klotzte, was wohl auf den in diesem Fall falschen Rat von DSB-Geschäftsführer Horst Metzing zurückzuführen ist, um Dresden unbedingt die Zustimmung der FIDE zu sichern. Abgesehen von der zu teuren Bewerbungskampagne wurde der FIDE ein Kongress 2005 organisiert und nicht darauf gepocht, dass die eigentlich beschlossene Beteiligung aller nationalen Schachverbände außer den ärmsten an den Unterbringungskosten ihrer Spieler und Spielerinnen umgesetzt wird. Das tat auch Turin nicht, bot aber dafür auch sehr spartanische Unterkünfte, jedenfalls schlechtere als in Dresden.

4. dass ein Privatkrieg zwischen Dirk Jordan und Michael Schmidt tobte (bis hin zur anonymen Anzeige gegen Jordan, gegen den die Staatsanwaltschaft bis vor wenigen Monaten ermittelte), der von der zentralen Baustelle Sponsorensuche ablenkte, übrigens auch die kritische Schachöffentlichkeit und den Deutschen Schachbundes aufs falsche Gleis führte.

5. dass zu spät eine GmbH beschlossen wurde, deren Gründung sich anscheinend auch noch in die Länge zog, und die überhaupt nur Verträge mit Sponsoren abschließen kann. Doch ihr Geschäftsführer, Jörn-Torsten Verleger hat inzwischen so viele andere Dinge am Hut, dass ihm für die Aquise, von der er, was ihm kaum vorgeworfen werden kann, wenig Ahnung hat, schlechterdings die Zeit fehlt.

6. dass man mit gute Stimmung machen, wie etwa auch bei der Pressekonferenz am 12.November (Masochisten clicken auf den Videostream) oder auch in der Pressemitteilung zur Unterzeichnung des Ausrichtervertrags nicht weiterkommt.

Und dabei wollte ich hier doch nur darauf hinweisen, dass in der Ausgabe vom 14.November der Frankfurter Allgemeinen ein Hintergrund von mir zur finanziellen Situation der Schacholympiade erschienen ist.

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