Schiris einsparen!

Mit den mechanischen Uhren von früher war jedem klar, wie man im Falle einer Reklamation die Uhr anhält. Mit den digitalen Uhren von heute weiß ich das nicht bei allen Modellen. Das ist grob fahrlässig von mir. Schließlich bin ich Bundesligaspieler und sollte genau wissen, wie ich im Falle einer Reklamation die Uhr anhalten müsste. Auf einen neben dem Brett stehenden Schiedsrichter, von dem ich in der deutschen Oberklasse in kritischer Zeitnot zwar aufgehen darf, ist nämlich keinesfalls Verlass.

Zum Beispiel bei der Oktoberrunde in Bindlach: In Laznicka-Fedorchuk war das wilde Zeitnotgezocke völlig unrekonstruierbar, da laut Augenzeugen mehrmals Türme und Springer illegal zogen. Der Schiri meinte nur, ihm sei alles zu schnell gegangen.

Zum Beispiel bei der Novemberrunde in Essen: Bei Siebrecht-Orzech zog ein Läufer von c4 nach b1. Nicht nur illegal sondern auch der Verlustzug. Der Schiri stand daneben und griff nicht ein.

Zum Beispiel bei der Dezemberrunde in Berlin: In Luther-Popovic ließ Luther für einen Minimoment den König auf einem Feld ab, wo ihn eine Springergabel den Turm kosten würde, und zog ihn darauf hin rasch auf ein anderes Feld. Popovic, dem mit wenige Restsekunden ohnehin die Bedenkzeit gefehlt hätte, den ungeahnten Vorteil durchzubringen, fiel zur Reklamation nichts Besseres ein, als ohne Zug seine Uhr zu drücken. Luther drückte seinerseits, dann wieder Popovic, und so ging es vor den Augen des Schiris hin und her, bis Popovics Bedenkzeit abgelaufen war.

Warum haben die Schiedsrichter nicht eingegriffen? Aus Überforderung? Mangels Regelkenntnis? Oder weil sie der Daumenregel folgten, nur einzugreifen, wenn bei einem Spieler die aktuelle Bedenkzeitperiode abgelaufen ist?

Nebenbei bemerkt: Ich ging bisher davon aus, dass ich in technischer Gewinnstellung, wenn ich das Matt nicht rechtzeitig schaffe, noch mit der letzten Sekunde auf der Uhr remis reklamieren kann. Aber was tue ich, wenn der Schiedsrichter die Sache anders sieht oder wenn ich es nicht schaffe, die Uhr zu stoppen...?

Nächstes Jahr wird die deutsche Bundesliga wohl endlich mit 30 Sekunden Bonus nach jedem Zug spielen. Ende Januar dürfte das bei der Ligasitzung in Kassel beschlossen werden. Dass nicht mehr auf Zeit gezockt werden kann ist natürlich das wichtigste Argument. Das zweitwichtigste, dass Schiedsrichter weniger eingreifen müssen und damit auch weniger falsch machen können. Einer genügt leicht, um beide Kämpfe eines Spielorts zu verwalten. Macht fünfzig Prozent Einsparung bei den Spesen für die allzu oft überforderten Herren.
Schachstratege - 14. Jan, 22:29

Für alle (Bundesliga-)Spieler und Schiedsrichter: Auf der Seite http://www.schachschiedsrichter-nrw.de/?page_id=6 gibt es Kurzanleitungen für die gängigen elektronischen Schachuhren.

kloetzkenschieber - 17. Jan, 19:49

Regelkenntnisse von Bundesligaspielern

Ich bin ja nur ein blöder Bezirksklassenspieler, d.h. bei uns gibt es keine Schiedsrichter bei den Mannschaftskämpfen, aber ich finde schon, dass Sie, Herr Löffler, etwas zu hart mit den Herren ins Gericht gehen.

1. Es ist eben keine Daumenregel, sondern Teil der FIDE Regeln, dass der Schiedsrichter nicht in eine laufende Partie eingreifen darf. Im Zweifel einfach mal Geurt Gijssen fragen.

2. Natürlich haben Sie keinesfalls das Recht, in "technischer Gewinnstellung",...,"noch mit der leitzten Sekunde auf der Uhr remis reklamieren" zu können. Remis reklamieren dürfen Sie nur, wenn Ihr Gegner versucht, Sie ohne Gewinnanstrengung über die Zeit zu heben. Ihre technische Gewinnstellung ist völlig belanglos.

3. Mit der Bedienung einer Uhr sich im Vorfeld vertraut zu machen, sollte das Aufnahmevermögen eines Bundesligaspielers, der geschätzte 27865 Eröffnungsvarianten auswendig kann, nicht überfordern. Ich halte das tatsächlich für grob fahrlässig, das Honorar ist hoffentlich erfolgsgebunden.

Und was die fehlende Übersicht angeht: Waren denn die schlauen Kibitze in der Lage, die Partie zu rekonstruieren? Erst mal selber eine solche Lage als Externer überstehen (Spieler haben es da oft leichter, weil sie direkt eingebunden sind und nicht nur rezipieren), dann kann man schimpfen - in der Regel wird man dann aber einfach mehr Respekt aufbringen.

Oder habe ich Ihre Ironie nur nicht verstanden?

schachblogger - 18. Jan, 17:12

Nicht regelfest

So ironisch war das nicht gemeint. Ich bin alles andere als regelfest, aber das unterscheidet mich wahrscheinlich nicht von den Schiedsrichtern, über die ich schimpfe;-)
Natürlich sollen Schiedsrichter nicht ohne sehr gewichtigen Grund eingreifen. Kann schon sein, dass in den Regeln steht, dass sie, selbst wenn vor ihnen illegale Züge gespielt oder schon ausgeführte Züge zurückgenommen werden, bei umgeworfenen Figuren weitere Züge geschehen, die Bedenkzeit überschritten wird oder Spieler mit Dritten über ihre laufende Partie reden, nicht einschreiten müssen. Nur wenn dem so wäre, wozu brauchen wir dann Schiris?

Was die Bedienung der Uhr angeht, ist doch normal, dass man auf diese zu Beginn ähnlich wenig achtet wie auf das Design der Springer. Und selbst wenn man unter normalen Umständen weiß, wie das eingesetzte Modell anzuhalten ist, kann es doch sein, dass man das unter der Nervenanspannung horrender Zeitnot nicht hinkriegt, siehe Popovic.

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