Erst zur Kasse, dann ans Brett

In Teamsportarten ist es weit verbreitet, dass Profis, die zu spät zum Training oder zum Spiel kommen, ein paar Hunderter oder Tausender vom Gehalt abgezogen werden. Notorischen Zuspätkommern ist aber nach Erfahrung der New York Knicks wirksamer beizukommen, wenn der verspätete Basketballer beim Eintreffen gleich seine Geldbörse zücken und zehn oder zwanzig Dollar abdrücken muss. Obwohl die Sanktion viel geringer ist als der Einzug vom Konto, wird sie von den Profis ernster genommen, berichtet die New York Times. Dabei können die Spieler das Scheinchen sogar spielerisch zurückgewinnen.

Daraus ergibt sich, wie man im Schach mit Verspätungen umgehen könnte. Wo reine Amateure spielen, sollte eine Karenzzeit von einer halben Stunde bleiben. Aber vor einem Turnier könnten die Teilnehmer kollektiv beschließen, dass sozial Unbenachteiligte ab fünf Minuten Verspätung einen Obolus zu leisten haben, von dem Getränke und Snacks für die Schlussfeier bezahlt werden. Wo zumindest ein signifikanter Teil der Spieler fürs Spielen gratifiziert wird, also ab der Zweiten Liga aufwärts oder bei Einladungsturnieren, könnte dagegen verbindlich gelten, dass Spieler, die bei Rundenbeginn nicht im Saal sind, beim Schiedsrichter einen Zehner einliefern müssen, bevor sie ihren ersten Zug ausführen (das gleiche wäre übrigens eine angemessene Sanktion fürs Handyklingeln - eigenmächtiges Telefonieren während der Partie sollte freilich untersagt bleiben).

Das eingesammelte Geld darf aber keinesfalls an Veranstalter oder Verband verfallen. Es sollen ja keine Anreize entstehen, Turniere so zu organisieren, dass Verspätungen normal sind - etwa weil es, obwohl nötig, keine Wegweiser gibt, oder weil dämliche Funktionärsreden mündige Spieler vor der Runde aus dem Saal treiben. Am besten gibt man den Bestraften Gelegenheit zur Läuterung und zum Rückverdienen der Scheine - etwa durch Vorführen ihrer beendeten Partie für die Zuschauer.
jopro - 8. Mär, 12:19

zu kompliziert

Tut mir leid, aber der Vorschlag ist zu kompliziert, unprofessionell und fördert nur einen Wildwuchs an Regeln.
(und kein Basketballer ist zu Beginn des Spiels nicht anwesend und darf dann danach noch mitspielen)

schachblogger - 9. Mär, 13:56

Was ist kompliziert an einer sofort zu leistenden Zehn-Euro-Sanktion bei professionellen und semiprofessionellen Wettbewerben? Und was unprofessionell? Wäre es Wildwuchs, wenn die Engländer zehn Pfund und die Schweizer zehn Franken nehmen?

Wenn eine so einfache Regel eingeführt ist, kann man sie auch auf Zuschauer anwenden, deren Handy klingelt.

Im Amateurbereich sehe ich nur Raum für Regeln des Miteinanders, die gemeinsam am Ort vor Turnierbeginn beschlossen werden. Wenn da eine Sanktion beschlossen wird, die einer nicht zahlt, wird er nicht ausgeschlossen aber schief angeschaut.

Ad Basketball. Wenn fünf Spieler da sind, ist ein Team vollständig. Ersatzspieler brauchen nicht von Anpfiff an auf der Bank zu sitzen (allenfalls von Anfang eines Viertels an).
jopro - 10. Mär, 07:50

Unpünktlichkeit zu verkaufen

Kompliziert wird es, wenn jedes Turnier eigene Regeln entwickelt. Eine gewissen Einheitlichkeit (etwa aller Turniere mit DWZ-Auswertung) ist unbedingt notwendig!
Ich verstehe nicht, warum man noch zusätzliche Regeln braucht. Das Schach wird durch Sanktionen sicher nicht attraktiver und ob es "pünktlicher" wird, sei dahin gestellt.

Generell halte ich es für äußerst bedenklich, wenn man sich Unpünktlichkeit erkaufen kann.

Unprofessionell ist es, alles mit Geldstrafen zu sanktionieren. (warum muss nicht auch gleich Kramnik zahlen, wenn er nicht die Hand schüttelt? Oder Gusti, wenn er im Trainingsanzug am Brett sitzt? Oder der Typ in der dritten Liga, dessen Körperhygiene zu wünschen übrig lässt? Warum bestrafen wir nicht Kurzremisen finanziell?)

Übrigens... kein Basketballer (der mit dem Körbewerfen Geld verdient) kommt erst in der Pause zu Spielstätte...
(auch wenn der Vergleich mit anderen Sportarten hinkt, wie ich zugeben muss)
Krennwurzn - 8. Mär, 14:40

Grundsätzlich eine sehr gute Ideen...

aber der Haken liegt wohl im Detail.

Wie bringt man das juristisch korrekt in den Bestimmungen unter?
Ist die Sanktion bei Nichtbezahlen Partieverlust?
etc...

Werden vernünftige Vorschläg von Funktionären ernst genommen?

Achwas - 8. Mär, 15:07

Ich denke auch, dass das nicht praktikabel ist. Den Knackpunkt deutest Du schon selber an: "In TEAMSPORTARTEN ist es weit verbreitet..." Gegenüber den eigenen Teamkollegen hat man nämlich ganz andere moralische Maßstäbe als gegenüber unbekannten Turnierteilnehmern, so dass gruppendynamische Mechanismen funktionieren.

Bauerndiplom - 10. Mär, 14:32

Petition bei EM

Die Spieler der EM haben auch genug davon und haben eine Petition geschrieben ,
http://susanpolgar.blogspot.com/2010/03/zero-default-issue.html#links
Laut chessbase sind die meisten Spieler in Hotels mit Shuttleservice einquartiert , zur ersten Runde kam dann ein Bus 3 min. vor Spielbeginn ...

schachblaetter - 11. Mär, 09:45

Überflüssige Diskussion

Der Zuspätkommer wird schon bestraft, weil seine Uhr läuft. Eine völlig ausreichende Sanktion in meinen Augen. Alles andere dient nur dazu, unser Spiel kaputt zu machen, weil sich zwei Diktatoren (IOC- und FIDE-Chef) mal schlecht behandelt fühlten, als sie einer Partie beiwohnen wollten und ein Spieler zu spät kam.

Schach ist kein Sport, sondern ein Spiel, das wettkampfmäßig betrieben werden kann. Schach wird niemals olympisch werden. Wir brauchen Regeln, die die Freude an diesem Spiel erhalten und keine Regeln, die die Freude verderben und abschreckend wirken. Wieviele Leute werden wohl mit Schach aufhören, wenn ihnen Geldstrafen drohen, weil ihr Fahrrad einen platten Reifen hat, der Zug Verspätung oder weil sie nicht vom Klo runterkommen? Wir brauchen Regeln für Spieler und nicht für Funktionäre!

*Manifest_Ende*

gawagei - 11. Mär, 12:57

Zahlen?

So unsinnig die Regelung auch sein mag (ich bin auch Mitglied in Hajo Hechts Club „Finger-weg-von-meinem-Gegner"), so sprechen Forschungsergebnisse aus der experimentellen Spieltheorie (Diekmann, Spieltheorie, 2009 S. 206) gegen eine Sanktionierung in der beschriebenen Weise. Derartige Sanktionen/Belohnungen führen regelmäßig dazu, dass das sanktionierte Verhalten noch weniger durchsetzbar ist, weil die Leute ja jetzt eine gute Entschuldigung haben, zu spät zu kommen. Notfalls zahlt man halt dafür. Die Motivation, rechtzeitig zu kommen, sollte eine „intrinsische“ sein (markante Beispiele wären: sanktionierte Überschreitung von Abholzeiten in Kindergärten, Vergütungen für Blutspenden motivieren zwar den, der bis jetzt nicht gespendet hat, demotivieren aber den Freiwilligen). Der intrinsische Anreiz, rechtzeitig zu kommen, damit es los geht, wird durch die Sanktionierung überlagert.

Im übrigen: Es ist halt nunmal so, dass, wenn ich schon irgendwo hinfahre, ich ganz gerne Schach spielen würde und nicht kampflos gewinnen will –für das Ergebnis, nicht Schach zu spielen, könnte ich auch zu Hause bleiben, und der Funktionär, der glaubt, dass mich der Elo-Gewinn ausreichend motiviert und erfreut (weil er mir dann irgendwann einen Titel verkaufen darf), ist selber schuld.

schachblogger - 12. Mär, 10:56

Wie reduziert man Moral Hazard im Schach?

Die Frage lautete doch: Wie motiviert man Spieler (wie mich) dazu, pünktlich zu sein, ohne radikale Strafen, die auch andere (Gegner, Teamkollegen, Zuschauer) treffen? Eine durch Übereinkunft und sozialen Druck ernötigte Spende (die allen Turnierteilnehmern zugute kommt) würde die derzeitige Rate der Unpünktlichkeit bei Schachturnieren sicher reduzieren. Da hat Gawagei die experimentelle Spieltheorie falsch gedeutet. Dass der Gegner wartet (oder halt noch mit anderen quatschen darf) spielt nämlich eine untergeordnete Rolle, wenn man mit Bedenkzeit bezahlt (zum Glück bei Nullkarenz-Verspätung noch nicht mit Elopunkten). Eine notorisch unterbezahlte Erzieherin, deren Feierabend sich verspätet, straft den verspäteten Kindsvater dagegen spätestens beim zweiten oder dritten Mal mit Blicken.

Was wäre denn eine intrinische Motivation, die den gegenwärtigen Moral Hazard ersetzt? Eine Wiedergutmachung an den Geschädigten. Warum nicht, dass man den wartenden Gegner auf ein Getränk einlädt? Warum nicht, dass Verspätete bei Turnieren, wo Zuschauer zugegen sind, nach ihrer Partie und nach ihren kommunikativen Möglichkeiten mit dem Publikum interagieren?
gawagei - 12. Mär, 13:03

Motivation

Dann habe ich zu viel daran gedacht, was mich aufregt. Mich interessiert das Getränk nicht, das der mir zahlt, der soll rechtzeitig da sein, sonst ist ein Teil der (meiner) Spannung weg. Jedenfalls kompensiert das nicht die Unruhe, die Zuspätkommen des Gegners bei mir auslöst. Nichts ist schlimmer, als wenn der zwei Minuten vor Schluss doch noch auftaucht. Und da reicht es mir, wenn er sich darum bemüht, rechtzeitig zu kommen, ohne dass man dieses Verhalten monetär "sanktionieren" muss. Mit "Sanktionierung" hat er möglicherweise aus seiner Perspektive eine (moralische) Rechtfertigung, die ich nicht haben will. Aber gleich den Punkt auf diese Weise will ich auch nicht haben.
Stefan64 - 15. Mär, 17:21

Sorry

das ist unpraktikabler Nonsense , und führt nur zu aufgeheizter Stimmung vor einer Partie und zwar bei allen , die das mitkriegen.

Was fuer ein Blödsinn wurde nicht schon alles vorgeschlagen! Wenn ich z.B. daran denke, dass irgendwelche Heinis meinten, alle Partien sollten bis zum matt gespielt werden....

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