Donnerstag, 2. Oktober 2008

Restposten minimieren

So nennt es die Dresdner Oberbürgermeisterin Helga Orosz im Chessbase-Interview also, wenn in den letzten Wochen vor der Schacholympiade von dem einen oder anderen Unternehmen noch vier- bis fünfstellige Beträge eingenommen werden, die den Zuschuss der Stadt reduzieren. Dieser wird gerne kleingeredet, beträgt aber leider deutlich über zwei Millionen Euro, wenn man die städtischen Unternehmen mitrechnet. Samt der Zuschüsse vom Bund und vom Land Sachsen ist der Steuerzahler mit mehr als drei Millionen dabei. Aber das will der im Auftrag von Deutschem Schachbund und der Schacholympiade selbst wirbelnde Dagobert Kohlmeyer lieber gar nicht so genau wissen.

Lustig, dass er zwar unvermeidlich Wolfgang Uhlmann ins Spiel bringt, der derzeit stärkste Dresdner Spieler, der auf einem Foto neben OB Orosz am Schachbrett zu sehen, ist, nicht einmal in einer Bildunterzeile identifiziert wird. Hat Jens-Uwe Maiwald etwa in seinen lesenswerten Beiträgen in "Schach" zu viel Kritik an der Dresdner Schachorganisation geleistet?

Mittwoch, 1. Oktober 2008

Starke Liga, starker Auftritt?

Am Freitag beginnt die Saison der deutschen Schachbundesliga (hier ein Vorbericht) an den Spielorten Hamburg, Bremen, Solingen und Trier. Der Titelkampf sollte dank Werder und Mülheim etwas spannender verlaufen als in den letzten zwei Jahren, als Baden-Baden unangefochten blieb. Am anderen Ende der Hackordnung gilt es heuer wohl nur, neben Dresden und Bayern einen dritten Absteiger zu ermitteln - der vierte wird Tegernsee, das seinen Rückzug bereits angekündigt hat.

Die Mittelklasseteams haben weiter aufgerüstet. Wenn alle in Bestbesetzung antreten, weist der gemittelte Bundesligaspieler etwa 2580 Elo auf und hat in fast drei Viertel der Fälle keinen deutschen Pass (ohne die designierten Absteiger Dresden und Bayern sogar in achtzig Prozent). Womit denn auch zumindest zum guten Teil die Frage beantwortet ist, warum ich, nachdem ich seit 1986 die meisten Jahre (nämlich für Karlsruhe, Kreuzberg, Zehlendorf und Hamburg) dabei war, meinen Abschied genommen habe. Schließlich bin ich seit Jahren für eine Klausel eingetreten, dass mindestens die Hälfte der eingesetzten Spieler in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt haben sollen (die Staatsangehörigkeit scheint mir da ein veraltetes Konzept).

Die Liga hat sich nach Jahren des relativen Stillstands zwei wichtige Reformen verordnet. Endlich wird, wie schon bei den meisten internationalen Wettbewerben üblich, mit einer modernen Bedenkzeit mit Zeitbonus nach jedem Zug gespielt. Zu einer Bannung früher Remisschlüsse hat sich die Liga leider (noch?) nicht entschließen können. Dafür aber werden von nun an nicht nur einzelne sondern sämtliche Kämpfe im Internet übertragen. Gut, das machen andere zum Teil seit Jahren, in Österreich etwa liegt die Übertragung schon gut ein Jahrzehnt in den zuverlässigen Händen von Siegfried Posch und Karl Theny. Nachdem ich einige Zeit selbst für den Webauftritt der deutschen Liga verantwortlich war und stets betont habe, dass Übertragungen nicht alles sind sondern die Onlinezuschauer auch Hintergrund haben wollen, bin ich besonders gespannt, wie die Übertragungen mit Bildern, O-Tönen und Analysen von den Spielorten aufgefettet werden. Alles Gute dabei!

Dienstag, 30. September 2008

Danke, Sponsor

Der Spiegel hat die journalistische WM-Berichterstattung mit einem gelungenen Anand-Interview eröffnet (in dem der Inder auch über seine Vorbereitung plaudert, ohne etwas zu verraten). Der erste PR-Text zur WM in einem seriösen Medium ist bereits vorigen Donnerstag erschienen: In der Schachspalte der ZEIT macht Helmut Pfleger nicht nur unverhohlen Werbung für das Event, dessen Mitarbeiter er ist, sondern schafft es auch, gleich zweimal den deutschen WM-Sponsor zu erwähnen. Schließlich wird er als Kommentator in Bonn ja auch mit dessen Geld honoriert werden.

Samstag, 27. September 2008

Am Anfang war der Schweinehund

Besonders tief gehen die Porträts der Nationalspieler, die der Deutsche Schachbund auf seiner Website präsentiert, nicht. Und wie auch? Da muss der rührige Webmaster Frank Hoppe selbst ran, der die meisten der Spieler und Spielerinnen nie persönlich kennengelernt hat und sich sein Material aus dem Netz zusammenklauben muss. Bis zum Start der Schacholympiade sind noch zehn solcher Stücke zu schaffen. Oh je.

Die jüngste Lieferung ist Niclas Huschenbeth vom Jugendnationalteam gewidmet. Man erfährt zwar, dass der 16-jährige Hamburger schon eine ganze Reihe von Zweikämpfen absolviert hat, aber nicht, wie es dazu gekommen ist. Das weiß ich auch nicht, aber dafür, warum er dem Schach verfallen konnte. Sein Vater Stefan ist ein renommierter Grafiker und hat vor etwa zehn Jahren für Chessbase Animationen für "Schach dem Schweinehund" (ein Spaßprogramm, das aber durchaus nicht schwach war) gestaltet und war später noch einmal bei Fritz beteiligt. Ehrensache also, dass Niclas Schach lernte und der Vater wusste, wie man das Interesse fördern konnte. Später war dann Wolfgang Pajeken als Trainer entscheidend an Niclas´ Vorankommen beteiligt. In dem sehr schönen Chessbase-Fotobericht über die kürzliche Hamburger Schachnacht sind übrigens Fotos von Niclas (der mit dem weißen Sweater beim Simultanspiel), seinem Vater und seinem kleineren Bruder.

Donnerstag, 25. September 2008

Und keiner schaut nach Polen

Auch die bereits vergangene Woche beendete polnische Mannschaftsmeisterschaft wurde international übersehen. Der haushohe Favorit Polonia (mit Krasenkow, Socko, Macieja, Rosentalis) musste mit dem Vizemeistertitel vorlieb nehmen aufgrund zweier Niederlagen, darunter gegen den neuen Meister Szopienice, ein Stadtteil von Kattowitz (mit Navara, Miton, Brobas). Kurioserweise hatten beide Teams in der ersten Runde gegen hohe Außenseiter verloren (Turnierergebnisseite). Ein international bisher nicht aufgefallener 20-Jähriger namens Marcin Tazbir schlug Navara und holte ebenso eine GM-Norm wie Zbigniew Pakleza, 22 Jahre alt. Partien zum online nachspielen oder als PGN-Download.

Rekordverein

Weitgehend unbemerkt von der internationalen Schachöffentlichkeit hat die Zürcher Schachgesellschaft am vorigen Wochenende zum 22.Mal die Schweizer Mannschaftsmeisterschaft deutlich gewonnen. Das Team um Pelletier und Kortschnoi vertritt den ältesten noch bestehenden Verein der Welt, der nun als amtierender Meister standesgemäß in das 200. Jahr seines Bestehens 2009 gehen kann. Beste Spieler der Nationalliga A waren übrigens Pelletier und Jussupow. Hübner holte fünfzig Prozent.

Mittwoch, 24. September 2008

Russlands Herausforderer heißt China

(Überarbeitete Version, eine frühere enthielt mehrere Fehler, die Überarbeitung leider auch, sorry:)

Ich lege mich fest: China holt in Dresden Medaillen bei Damen und Herren. Wang, Bu und Ni traue ich zu, dass sie Russland (mit einem von der WM erschöpften Kramnik und einem formschwachen Swidler) bei der Schacholympiade sogar Gold streitig machen. Chinas Herrenauswahl schneidet bei Mannschaftswettbewerben fast immer über ihrer Eloerwartung ab. In Ningbo, einer boomenden Zwei-Millionen-Stadt am Chinesischen Meer, hat sie gerade ein Match gegen Russland (Chessvibes hat einen Fotobericht) an fünf Brettern bestritten. Bei den langen Partien hatten Chinas Herren mit 14,5:10,5 (Partie-Download in PGN) die Nase vorn. Allerdings hat Russland mit Jakowenko nur einen Auswahlspieler in den Scheveninger-System-Vergleich geschickt. Anschließend wurden doppelrundig Scheveninger Schnellschach gespielt, und da gelang den Russen mit 28:22 eine Revanche, die sportlich freilich weniger wiegt.

An den fünf Frauenbrettern hat Russland übrigens 13,5:11,5 gewonnen, während das Schnellschachmatch unentschieden endete. Einen Überblick über frühere Vergleiche zwischen China und Russland, den USA oder Frankreich findet man bei Wikipedia.

Nebenbei bemerkt hatte der Deutsche Schachbund China zu einem ähnlichen Match eingeladen, aber die Chinesen wollten, nicht zuletzt wegen der anstrengenden Anreise, am liebsten kurz vor der Olympiade spielen, woran die Sache scheiterte. Es wäre für Deutschland aber wohl auch ein ziemlich desillusionierender Vergleich geworden.

Montag, 22. September 2008

Des Schachbunds Lieblingsjournalist

Ein Buch zur Schacholympiade ist geplant. In der im Olympiabrief vom August (PDF) enthaltenen Ankündigung heißt es, "renommierte Großmeister wie die fünfmalige Olympiasiegerin Susan Polgar und die Silbermedaillengewinner von 2000 Artur Jussupow und Klaus Bischoff kommentieren darin die besten Spiele. Olympiahelden von einst und heute wie die Dresdner Schachlegende Wolfgang Uhlmann und die Nr. 1 der deutschen Damen, Elisabeth Pähtz, werden ihre persönlichen Eindrücke und Erlebnisse schildern".

Der Autor oder vielmehr Redakteur des Bandes ist in der Werbung nicht erwähnt. Böse Zungen würden sagen, das sei so auch die bessere Werbung. Es ist nämlich Dagobert Kohlmeyer. Vom Deutschen Schachbund erhält er angeblich einen Zuschuss von 9000 Euro für den Olympiadeband. Vermutlich wird damit ein Teil der Auflage abgegolten, um diesen an Funktionäre zu verschenken. Dass die Schacholympiade und den Schachbund in bestem Licht dargestellt werden, versteht sich schon aus ihrer schon länger geltenden Vereinbarung, die Kohle derzeit monatlich 1000 Euro für das Unterbringen entsprechender Artikel einbringt.

Der gewiefte Berliner gibt vor, durchschaut zu haben, was DSB-Präsident von Weizsäcker und seinen Stellvertreter und eigentlichen Strippenzieher im Verband Matthias Kribben zu der Vereinbarung bewogen hat. Ende Juni brachte Kohle ein Interview mit von Weizsäcker in der FAZ unter (das in ähnlicher Fassung auch bei Chessbase kam). Anlass war der deutsche Sieg bei der letzten Fernschacholympiade. Mit im Team von Weizsäcker und Kribben, die sich dafür auch in den Medien mal ganz gerne persönlich feiern lassen wollten - und wenn es auf Verbandskosten geschieht.

Sonntag, 21. September 2008

Heute mal Politiker

Die meisten Teilnehmer des Politikerturniers, das jeden Herbst in Berlin über die Bühne geht, sind Ministerialbeamte, Kommunalpolitiker und Botschaftsangehörige. Ein paar Promis verirren sich jedes Jahr auch an die Bretter. Heuer etwa Wolfgang Schäuble und Otto Schily, der mit 4,5 aus 7 auch recht ordentlich abschnitt. Der Sieg ging aber an jemand, den man bisher nicht mit Politik in Verbindung brachte, sondern mit Schach. Dirk Jordan, Veranstalter, Händler und Initiator der Dresdner Schacholympiade, gewann bei 56 Teilnehmern und zwar mit Vorsprung. Was ihn zur Teilnahme berechtigte? Reichten etwa seine einst guten Kontakte zu Dresdner Politikern, die ihm abkauften, dass man für eine Schacholympiade Sponsoren in der Wirtschaft findet? Nein, Jordan gehört dem Sportausschuss seiner Heimatstadt an. Womit wir schließen dürfen, dass er dies, obwohl parteilos, in politischer Mission tut.

Und woher weiß der Schachblog, bevor die Schachseiten es gemeldet haben, von Jordans Sieg? Natürlich von dpa, wo in Sachen Schach vor allem Meldungen laufen, die sich für Mitarbeiter Dagobert Kohlmeyer auch anderweitig auszahlen. Kohle ist dem das Politikerturnier veranstaltenden Berliner Schachverband und dessen Vorsitzenden Matthias Kribben äußerst verbunden.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

close to the resorts...
close to the resorts are http://www.turkish-propert y-world.com/alanya_apartme nt.php...
tpw - 22. Jun, 16:18
Hält man das zusammen...
Hält man das zusammen mit der nunmehr von der Landesschachseite...
racingralf - 11. Aug, 09:43
montages wa maandishi...
Rellstabsstelle- Wakati wa mgomo hewa NATO juu ya...
er78kl - 1. Jul, 10:49
Falsifiziert
Dankenswerterweise hat Michael Knapp sich die Arbeit...
Schachblog rank zero - 6. Dez, 09:46

Besuchen Sie auch

Suche

 

Status

Online seit 6552 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 22. Jun, 16:18

Credits


Impressum
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren