Dienstag, 14. August 2007

Zensiert von Chessbase

Einer der Sysops (was für System Operator steht und auf Aufseher hinausläuft) auf dem von Chessbase betriebenen Fritz-Server hat es zu Berühmtheit gebracht. Holger Lieske heißt er und soll angeblich an manchen Tagen zwanzig Stunden und länger online sein. Bekannt wurde er durch die Strenge, mit der er abstraft, wer im Chat ein falsches Wort fallen lässt. Dass persönliche Beleidigungen im Chat nichts zu suchen haben, ist klar und nicht das Thema hier. Doch auch wer Chessbaseprodukte kritisiert oder das derzeit führende Schachprogramm Rybka erwähnt, muss damit rechnen, in seinem erspielten Rang herabgestuft oder gleich ganz ausgeschlossen zu werden. Das berichten eine Reihe von Mitgliedern des Fritz-Servers im Diskussionsforum Schachfeld.

Mehrere Hundert Beiträge zum Thema "Holger Lieske - der Tyrann von Chessbase" (mittlerweile geändert in - "der Sysop von Chessbase") haben sich dort angesammelt (und die Zahl der Forumsbeiträge einiger Diskutanten belegt, dass Lieske nicht der einzige ist, dem neben seinem Onlineschachleben wenig Zeit für anderes bleibt). Dann hat Chessbase einen Anwalt eingeschaltet, der in einem Brief an den Betreiber des Forums mit einer Verleumdungsklage droht. Einzelne, die sich von Lieskes Walten geschädigt fühlen, drohen ihrerseits Chessbase mit rechtlichen Schritten. Schließlich haben sie für die Fritz-Software, die einen in der Regel befristeten Zugang zum Server ermöglicht, gutes Geld hingelegt.

Ob Chessbase einzelnen Kunden, die von ihrem berüchtigsten Sys-Op ausgeschlossen wurden, Anschaffungskosten ersetzt hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Geschäftsführung des Hamburger Softwarehauses hat meine seit 3.August vorliegenden Fragen, welche Konsequenzen aus der Affäre gezogen werden, nicht beantwortet. Am spannendsten ist freilich, wie der Marktführer dem auf Schachfeld vielfach geäußerten Vorwurf begegnet, kritische Anmerkungen zu seinen Produkten zu zensieren. Der Forumsteilnehmer Michael Bechmann beschreibt, wie er von einem Chessbasemitarbeiter (nicht Lieske) genötigt wurde, eine von ihm verfasste Rezension des Programms Fritz auf Amazon zu entschärfen, wenn er weiterhin auf dem Fritz-Server spielen wolle (PS: es war noch komplizierter, wie in einem Kommentar von Michael Bechmann nachzulesen ist).

Es ist nicht das erste Mal, dass der Marktführer seine Macht nutzt, um kritische Stimmen zu unterdrücken. Vor gut einem halben Jahr wurde es Lars Bremer (Einfügung: zunächst) unmöglich gemacht, einen Artikel über den Betrug im Onlineschach (auf seiner Website nachzulesen) und warum er sich eben nicht so leicht enttarnen lasse, wie Chessbase vorgibt, auf der Fachwebsite Computerschach & Spiele, deren Redakteur er ist, zu veröffentlichen. Das hatte sein Gutes, denn so brachte Lars Bremer einen Artikel zum gleichen Thema in die Zeitschrift Schach unter, wo er ein breiteres Publikum fand.

Auch Deutschlands fleißigster Schachblogger, Olaf Teschke, ist Chessbase ein Dorn im Auge. Der Berliner lässt auf Rankzero kaum eine Chance verstreichen, auf die Firma einzuprügeln. Dass Rankzero nicht nur auf der Firmenseite sondern auch auf einigen weiteren deutschen Schachseiten nie oder zumindest nicht mehr verlinkt wird, ist nur mit dem Einfluss des Marktführers zu erklären.

Chessbase hat bisher (meines Wissens) nicht öffentlich Stellung zu den Vorwürfen genommen. Zensur nötig sollte der Marktführer nicht haben. Schon weil es ein schales Licht auf die redaktionelle Linie der eigenen Website wirft.

Donnerstag, 9. August 2007

Vater und Sohn

Tagesgespräch der Schachwelt an diesem 9.August ist, was sich am neunten Brett eines eher kleinen Opens in Nordnorwegen abspielt: Magnus Carlsen trifft auf niemand anderes als Henrik Carlsen, seinen Dad.

Dass dieser mit 2089 Elo einige Ahnung hat, dokumentieren nicht nur seine Einträge auf dem Blog, den er im Namen von Magnus führt, sondern auch sein bisher für seine Verhältnisse gutes Abschneiden in Tromsö. Auf Magnus´ Blog finden sich, wahrscheinlich zum ersten und letzten Mal, mehr Kommentatoren, die seinem Gegner Glück wünschen.

In den ersten fünf Runden hat er eineinhalb Punkte abgegeben und das nicht etwa gegen die stärksten Rivalen wie Socko, Moiseenko, Gurewitsch oder Macieja, sondern in zwei Fällen gegen viele Klassen Schwächere, nämlich Brede Hagen, Elo 2034 (gegen den er sogar auf Verlust stand), und Karsten Larsen, Elo 2335 (gegen den er ebenfalls das Risiko zu hoch trieb).

Dass Magnus sich überhaupt zur Teilnahme bereit erklärt, obwohl er in Tromsö eigentlich nur Elopunkte verlieren kann und unmittelbar davor ein hartes Turnier in Biel hatte (das er gewann), liegt daran, dass er nicht mehr viele Gelegenheiten hat, in seinem Heimatland zu spielen. Das tut er aber, weil er dabei viele Freunde trifft, besonders gern. Verlorene Elopunkte lassen sich bei seinem Talent leicht zurückgewinnen, Freunde, die fremd geworden sind, nur schwer. Sympathischer Zug!

Samstag, 4. August 2007

Das Schweigen der Kommission

Am 28.Juli, also Samstag vor einer Woche, war die Anhörung der Ethik-Kommission der FIDE gegen Wesselin Topalow und seinen Manager Silvio Danailow anberaumt. Es ging um den Vorwurf, mit Manipulationsvorwürfen gegen Kramnik sowohl den Weltmeister als auch die FIDE in Verruf gebracht zu haben. Die Anhörung war öffentlich in einem Hotel in Athen angesetzt. Seitdem herrscht Funkstille. Wie das?

Die Anhörung hat stattgefunden, wie mir Ralph Alt bestätigt. Der Münchner Richter ist Mitglied der FIDE-Ethikkommission und hat das vorige Wochenende in der griechischen Hauptstadt verbracht, sieht sich aber nicht nicht zu Aussagen befugt. Die könne nur Roberto Rivello als Vorsitzender und Sprecher der Kommission machen.

Also habe ich Danailow angerufen. Toppy und er seien nicht nach Athen gereist, haben aber während der Anhörung beide jeweils etwa eine halbe Stunde am Telefon die Fragen der Kommission beantwortet, so der Bulgare. Was entschieden wurde, wisse er nicht, sagte Danailow. Das wisse nicht einmal Makropoulos, sein Intimus im FIDE-Vorstand, und der ist immerhin in Athen zuhause.

Die Crux für die Kommission besteht aus Danailows Sicht darin, dass die Beweise für ihre Vorwürfe in den Videoaufnahmen aus Kramniks Ruheraum bestünden, diese aber von den Veranstaltern nicht vorgelegt wurden und angeblich vernichtet seien. Er habe gehört, dass die Kommission den ganzen folgenden Sonntag über getagt habe. Im übrigen seien die Mitglieder der Kommission wenig erfreut über den Präzendenzfall, denn nun drohe ihnen weitere Arbeit, etwa das von Asmaiparaschwili angestrengte Verfahren gegen Nigel Short, der ihm in seiner Schachkolumne Bestechlichkeit vorgeworfen hat (Asmai korrupt? Sagen wir mal so: es finden sich nicht viele, die vom Gegenteil überzeugt sind).

Auf meine Nachfrage per Mail hat der Vorsitzende der Ethikkommission Rivello bisher nicht reagiert. Ralph Alt vermutet, dass sich der Italiener für die Ausarbeitung des Urteils und der Begründung zum Fall Topalow die vollen vorgesehenen zwanzig Tage Zeit nehmen wird.

Sonntag, 29. Juli 2007

Tschucki

Wassili Iwantschuk hat wieder gewonnen. Nämlich in Montreal mit 7 aus 9. Dabei hat er nicht nur einige Partien mit schönen Opferangriffen gewonnen sondern gegen Sutovsky mal eben eine Quasi-Neuerung im vierten Zug im Grünfeldinder aus dem Ärmel geschüttelt! 4.Ld2 (nach 1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 d5) war vorher meiner Datenbank zufolge nicht mal auf IM-Niveau gespielt. Die Idee ist, Schwarz die nach 4.cxd5 Sxd5 5.Ld2 mögliche Option 5...Sb6 zu nehmen. Dafür hat er die Wahl zwischen 4...Lg7 5.cxd5 Sxd5 6.e4, 4...c6 und 4...dxc4, was Sutovsky probierte, aber auch nicht ganz zum Ausgleich reichte.

Wenn "Tschucki", wie ihn einige seiner Kollegen bezeichnen, in dem Tempo weiter Turniersiege und Elopunkte einstreicht, wird er in der ersten Septemberhälfte, also wenn die WM beginnt, am derzeitigen Weltranglistenkaiser Vishy Anand vorbeiziehen. Die virtuelle Nummer zwei ist der Ukrainer schon jetzt.

Das heißt, wir werden in Mexico City nicht nur Toppy vermissen, der sein Ticket an Kramnik verloren hat, sondern auch Iwantschuk. Zugegeben, wenn viel auf dem Spiel stand, hat er praktisch nie etwas gerissen. Trotzdem fördert sein Fehlen nicht gerade die Vorfreude auf die in gut sechs Wochen beginnende WM.

Dienstag, 10. Juli 2007

Vorgabe gefällig?

Wie groß der Leistungsunterschied zwischen einem Großmeister und einem Computer ist, demonstrierte im März ein Wettkampf zwischen dem führenden Schachprogramm und derzeitigen Computerweltmeister Rybka und dem in Baltimore lebenden Esten Jaan Ehlvest. Rybka gab in jeder Partie einen anderen Bauern vor, spielte Weiß und gewann ohne Niederlage 5,5:2,5 (hier der damalige Blogeintrag).

Nun haben es die gleichen Gegner noch einmal probiert (Infos und Links). Statt eines Bauern Vorgabe erhielt Ehlvest doppelte Bedenkzeit (90 Minuten plus 30 Sekunden pro Zug) wie Rybka (45 Minuten plus 15 Sekunden pro Zug), in jeder Partie Weiß, Rybka lief auf einem eher gemütlichen PC, musste ohne Endspieldatenbank und praktisch auch ohne Eröffnungsbuch antreten - nur um zu vermeiden, dass stets das gleiche aufs Brett kommt, gab es ein Minieröffnungsbuch bis zum dritten Zug von Schwarz. Das Ergebnis war ziemlich genau das gleiche wie im März: Rybka gewann drei Partien und verlor keine, also 4,5:1,5.

Es wird also Zeit, dass Rybka sich einen anderen Gegner sucht. Wie wäre es mit Deep Fritz? Bisher ist das Hamburger Softwarehaus dem Vergleich mit Rybka aus dem Weg gegangen, was darauf hindeutet, dass sich Vas Rajlichs Programm selbst gegen diesen Gegner eine (freilich kleinere) Vorgabe leisten kann.

Montag, 2. Juli 2007

Die Form für Mexiko

Nach den Dortmunder Schachtagen, vulgo Sparkassen-Tschäss-Mieting, gibt es keine großen Turniere mehr vor der WM. Für die meisten der acht, die im September in Mexiko City um den Titel kämpfen, ist die Vorbereitungsphase angebrochen. Nicht der schlechteste Moment für eine WM-Prognose, die ich in absteigender Formkurve, bitte nicht zu verwechseln mit den Chancen, durchgehe:

Wladimir Kramnik hat mit seinem souveränen Sieg in Dortmund den guten Trend seit der Schacholympiade voriges Jahr bestätigt. Als guter Chancenverwerter, der schwer zu schlagen ist, reist der Weltmeister (der nebenbei bemerkt ein gutes Dutzend Elopunkte auf den Führenden Anand gutgemacht hat) als sozusagen offizieller Favorit nach Mexiko.

Alexander Morosewitsch überzeugte in letzter Zeit mit seinem fantastischen Finish in Linares und bei der Russischen Mannschaftsmeisterschaft (und hat Biel heuer "aus gesundheitlichen Gründen" abgesagt). Die Form des unberechenbaren Russen ist freilich besser als seine Bilanz - und damit Prognose - gegen Spitzenleute.

Peter Leko hatte Gurewitsch und Barejew in den Kandidatenkämpfen sicher im Griff. In Dortmund, wo er den zweiten Platz teilte, gefiel er durch Kampfgeist. Wenn er nicht wie vor zwei Jahren in Argentinien den Start verpatzt, ist in Mexiko unbedingt mit dem Ungarn zu rechnen.

Vishy Anand tat in Dortmund eher nur das Nötigste, zumal er in Léon ab diesem Mittwoch gleich noch ein Turnier vor sich hat. Warum sollte der pragmatisch eingestellte Inder auch jetzt schon alles zeigen, wenn die WM erst in gut zwei Monaten ist. Schließlich ist der momentane Primus inter Pares der Weltrangliste in Abwesenheit Topalows der einzige, dem ich in Mexiko ein besseres Resultat als plus vier zutraue. Stimmt nicht, einen gibt es noch:

Lewon Aronjan hat als Favorit im Kandidatenmatch gegen Carlsen und auch gegen Schirow zwar nicht völlig überzeugt, aber gelegentlich seine Extraklasse aufscheinen lassen. Dem ideenreichen Armenier, der einfach jeden schlagen kann, werden in Mexiko viele die Daumen drücken. Wahrscheinlich auch ich.

Alexander Grischtschuk ist am schwersten einzuschätzen, schließlich hatte der Russe zuletzt wenig Möglichkeiten, auf Topniveau zu spielen. Seine Kandidatengegner Malachow und Rubljewski dominierte er, bei der Russischen Mannschaftsmeisterschaft hat er aber kein Bein ausgerissen.

Peter Swidler wurde vorige Woche im ukrainischen Foros Remiskönig (zehn Punkteteilungen in elf Partien), was schon darauf hindeutet, dass dem Russen der nötige Biss mangelt, um bei der WM ganz vorne zu landen. Dabei müsste er nur ein Quäntchen zulegen, um den einen oder anderen Gegner umzulegen.

Boris Gelfand konnte in Dortmund als Vorletzter überhaupt nicht überzeugen. In Elista kam er gegen den starken Kasimdschanow nur knapp weiter und verstand es gegen Kamsky, dessen Eröffnungslücken auszunutzen. Zu wenig, um in Mexiko eine Rolle zu spielen. Dass er, ebenso wie Swidler, mit Kramnik befreundet ist, sichert dem Israeli in Mexiko eine eher bedrückende Form von Aufmerksamkeit. Schade um den Platz, der bei Wesko Topalow aber auch beim Turniersiege sammelnden Wassili Iwantschuk besser aufgehoben wäre.

Mittwoch, 6. Juni 2007

Selbstdemontage

Diesen Monat, dachte ich, würde die Schachbundesliga nur positive Nachrichten produzieren. Erst ein paar richtungsweisende Änderungen der ab 2008/9 geltenden Spielordnung (wie die Einführung einer Bedenkzeit mit 30-Sekunden-Bonus nach jedem Zug oder die Ächtung von Remisgeboten vor dem 40.Zug, Nachsatz: diese und weitere Entscheidungen sind auf eine außerordentliche Versammlung Anfang 2008 verschoben worden) bei der ersten Vollversammlung des Schachbundesliga e.V. an diesem Wochenende in Kassel, dann der siebzigste Geburtstag von Christian Zickelbein, der seit vielen Jahren die treibende Kraft in der Liga ist.

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Wilfried Hilgert, der Porz seit den frühen Sechzigern gesponsert hatte, ernst macht und wie angedroht seine Truppe aus der Bundesliga zurückzieht, doch er tat es. Vorgeblich aus Protest gegen den von der Liga eingeschlagenen Weg zur Eigenständigkeit, in Wahrheit wohl aus Frust über die sportlich missratenen Spielzeiten seit dem letzten Meisterjahr 2004.

Franz Jittemeier, der den Schachticker macht, bat Porz um eine ausführlichere Erklärung des Rückzugs. Der Porzer Vorsitzende Georg Hinz schickte ihm einen Brief, den Hilgert ihm geschrieben hatte. Ein von der Form her privater Brief, in dem Hilgert heftig gegen niemand anderen als Zickelbein ausholte, indem er den Sprecher der Bundesliga wechselweise als geldgierig, als nur auf den Vorteil seines HSK bedacht und als senil beschimpfte. Jüttenmeier wollte nicht glauben, dass der Brief zur Veröffentlichung gedacht war. Als Hinz ihm das bestätigte, fragte er sicherheitshalber noch beim Briefschreiber selbst nach. Er könne den Brief ruhig auf seinem Schachticker veröffentlichen, ließ ihn Hilgert wissen.

Es ist kein Geheimnis, dass Hilgert und Zickelbein einander nicht mochten, aber solche dummen Vorwürfe gegen jemand loszulassen, den er seit mehr als dreißig Jahren kannte, ist nur als Selbstdemontage zu werten, vielmehr als Krönung einer Selbstdemontage, die Hilgert in den letzten zwei Jahren betrieben hat.

Es begann im Mai 2005. Nach dem verlorenen Stichkampf um die Deutsche Meisterschaft gegen Werder Bremen gab es Streit um die Aufteilung der Kosten für einen Charterflug, der drei Porzer und einen Werder-Spieler von der am Vortag beendeten Französischen Liga zum Showdown nach Bremen brachte. Als Werders Till Schelz-Brandenburg Hilgerts Forderung nicht akzeptierte, wurde der Streit öffentlich. Es blieb nicht das einzige Mal, dass ich als Redakteur der Bundesliga-Website meine liebe Not damit hatte, neutral zu bleiben und den Schaden für die Liga in Grenzen zu halten.

Bei den Porzer Heimkämpfen wurde immer deutlicher, dass der Verein, obwohl der bemitleidenswerte Georg Hinz, auch schon jenseits der siebzig, vor den Kämpfen stundenlang über den Boden kroch, um Teppichboden zu verlegen, den gestiegenen Standards der Liga in Sachen Präsentation nicht mehr gerecht werden konnte. Was Zickelbein Hinz und Hilgert auch wissen ließ. Dass Schelz-Brandenburg sein Stellvertreter im Bundesligaausschuss war, vertiefte den Graben zwischen den Porzern und der Liga.

In der letzten Doppelrunde im April 2006 konnte Porz noch durch einen Sieg gegen Baden-Baden dafür sorgen, dass diese in einen Stichkampf um den Titel gegen Werder mussten. Als Hilgert es nicht schaffte, eine komplette Mannschaft aufzubieten, und den Kampf sang- und klanglos 2:6 verlor, stand er wieder am Pranger, und Schelz-Brandenburg goss noch reichlich Öl ins Feuer.

Hilgert reagierte, indem er sich von mehreren Spielern trennte, die angeblich ihr Wort nicht gehalten hatten (womit er nicht nur aber vor allem Mischa Gurewitsch unrecht tat). Und indem er zur von fast allen Vereinen gewünschten Eigenständigkeit der Liga auf Oppositionskurs ging. Einsam und bedrückt saß Georg Hinz im Juni 2006 in der Tagung der Vereine und stimmte im Auftrag seines Mäzens gegen alle Vorlagen.

Im Oktober 2006 legte sich Hilgert mit DSB-Geschäftsführer Horst Metzing an. Der habe verhindert, dass einer seiner russischen Spieler ein Visum bekam, weshalb dieser nicht zum ersten Bundesligamatch kommen konnte. Hilgert machte Stimmung gegen den langgedienten DSB-Geschäftsführer, der freilich nichts für die strengere Visavergabe der Deutschen Botschaft in Moskau konnte. (Dass die Visablehnung einer hier zunächst erwähnten Russin, die in der Porzer Dritten spielen sollte, den Ärger ausgelöst habe, war ein Missverständnis, wie der Porzer Jugendwart Uli Thiemonds aufklärte und Metzing mittlerweile bestätigt hat).

Porz war im Februar 2007 nicht dabei, als der Schachbundesliga e.V. in Berlin gegründet wurde. Vor der Ratifizierung durch den Deutschen Schachbund im Mai drohte Hilgert wegen einer nicht eingehaltenen Frist mit rechtlichen Schritten, falls das Spielrecht in der neuen Saison schon an die Mitgliedschaft gebunden würde. Das Junktim wurde auf 2008/9 verschoben und die Selbstbestimmung der höchsten Liga von rund neunzig Prozent der DSB-Delegierten akzeptiert.

Nun hätte Hilgert ein Jahr Zeit gehabt, um zu beobachten, wie sich der Schachbundesliga e.V., dem er partout nicht beitreten wollte, entwickelt. Aber es ging ihm wohl nur noch darum, seinem Ärger Luft zu verschaffen. Ärger, dass es sportlich nicht mehr lief, Ärger, dass Porz innerhalb der Liga zum Paria geworden war. Diesen Zustand hat er mit dem Rückzug beendet.

Ein Störenfried und ein ungeliebter Spielort sind weg. Dass Mülheim-Nord drinbleibt, wird allgemein als Bereicherung für die Bundesliga gesehen. Und so betrachtet ist es doch ein Monat der positiven Nachrichten.

Dienstag, 5. Juni 2007

Naschi (Die Unseren)

Die klare Nummer eins mit deutschem Pass ist Arkadi Naiditsch. Der stärkste in Deutschland lebende Spieler heißt freilich Lewon Aronjan. Einen Star wie ihn hätte Bundestrainer Uwe Bönsch gerne in der deutschen Mannschaft. Der Berliner Armenier (der sich beim Kandidatenturnier gerade knappstmöglich gegen Magnus Carlsen durchgesetzt hat) zeigt allerdings keine Absicht, den Verband zu wechseln. Nicht nur, dass er sich standhaft weigert, anständig Deutsch zu lernen. Vor allem ist er in seiner Heimat seit seinem Sieg in Linares 2006 und vor allem dem olympischen Gold in Turin ein Held, und trotz der Armut schafft es der Armenische Schachverband, für seine Spitzenleute Geld aufzutreiben.

Bei Rustem Kasimdschanow (den ich hier vor einigen Tagen fälschlich als stärksten derzeit in Deutschland lebenden Spieler bezeichnet hatte und der leider in Elista an Gelfand gescheitert ist) tippe ich nicht darauf, dass er ewig Usbekistan vertreten will. Der Ruhm seines FIDE-WM-Titels von 2004 ist weitgehend verflogen, und in seiner alten Heimat bewegt sich schachlich anders als etwa in Armenien, Georgien oder Aserbaidschan sehr wenig. Aufdrängen mag sich der zurückhaltende Spitzenspieler des Bundesligaaufsteigers Godesberg nicht, doch schon bald ist der 28-Jährige lange genug in Deutschland ist, um eingebürgert werden zu können, und dann wird sich die Frage, ob er für das Land, in dem seine Kinder aufwachsen, spielen will, zweifellos stellen.

Konstantin Landa hat sie für sich schon beantwortet. Seit sieben Jahren ist der gebürtige Tomsker im Ruhrgebiet zuhause, hat dort eine Computerausbildung absolviert und auch schon als IT-Experte gearbeitet, so dass er nicht auf Schach angewiesen ist. Aber seit einiger Zeit läuft es schachlich hervorragend für den 35-Jährigen. Nach einem ausgezeichneten Ergebnis in der Bundesliga (für den durch den Porzer Rückzug geretteten SV Mülheim-Nord) hat er in Dresden locker die Weltcup-Qualifikation geschafft und nun gerade mit 8 aus 9 die Internationale Hamburger Meisterschaft gewonnen. Selbst wenn das Turnier in der Juliliste noch nicht ausgewertet ist, wird er Naiditsch, dem er seit Jahren als Trainer und Sparringspartner verbunden ist, überholen. Landa würde gerne für Deutschland spielen, und die Chancen, dass er vor der Schacholympiade in Dresden den Pass hat, dürften nicht schlecht stehen.

Im April wollte Bundestrainer Bönsch noch keine Namen für Dresden 2008 nennen. Aber die erste Wahl könnte durchaus Naiditsch, Kasimdschanow, Landa, Baramidze, Gustafsson, Graf oder Jussupow lauten, womit nur ein nicht in der Sowjetunion geborener Spieler im Team wäre. Für heimische Nachwuchskräfte wie Meier, Bindrich, Braun und Buhmann bliebe die zweite Mannschaft.

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