Freitag, 2. November 2007

Hau rein

Kürzlich in Berlin hab ich mal beim Schachtraining reingeschaut. Nicht der Rede wert, meinen Sie? Nun ja, ich war beim Schachboxclub, dem ersten und vielleicht schon nicht mehr einzigen der Welt. Sieben Männer und eine Frau lauschten einem Lehrer, der am Demobrett stand und erklärte, in welchen Situationen ein Doppelbauer Mist ist, und wann damit auch kompensierende Vorteile verbunden sind. Angeschaut hätte ich mir aber lieber den zweiten Teil des Trainings, das Boxen, nur leider musste ich rasch weg zu (einer übrigens wirklich geilen) Tanzvorstellung.

Als die Schachboxer vor gefühlten drei Jahren ihre ersten Aktionen machten, dachte ich, davon hört man ein-, zweimal und dann nie wieder. Inzwischen hat es mehrere Kampfabende gegeben, sie feiern ihre Champions mit Welt- und Europatiteln, ESPN hat darüber berichtet, der RBB auch (Achtung: das Filmchen erfordert den Mediaplayer 10.5), und ein Kollege aus meinem Bundesligateam hat eine zweite Karriere als Schachboxschiri begonnen. Vielleicht ist ja doch etwas dran.

Gerne hätte ich mir die Kampfnacht an diesem Samstag, den 3.November, mal live angesehen (Karten ab 15 Euro), doch leider bin ich gerade nicht in Berlin.

So funktioniert´s in groben Zügen: Es wird abwechselnd eine Partie Schnellschach gespielt und rundenweise geboxt. Matt, k.o. oder Zeitüberschreitung entscheidet.

Dass wegen Remis der bessere Boxer nach Punkten siegt, ist zwar möglich, soll aber bisher noch nicht vorgekommen sein. Andreas Dilschneider, der Sprecher der World Chess Boxing Organisation (und Trainer im Berliner Club) sagte mir, die Entscheidung sei bisher weitaus häufiger am Brett gefallen als durch die Fäuste.

Übrigens ist hier ein sechsminütiger Videobericht vom letzten Kampf im französischen Nantes zu sehen (sowie Links zu weiteren Schachboxen-Filmen).

Mittwoch, 31. Oktober 2007

Kein Platz dem Schachbrettmörder!

Da gibt es mal eine Riesengeschichte im Schach, nämlich von einem gerade verurteilten Serienmörder, der so viele Menschen umbringen wollte, wie das Brett Felder hat, und seiner eigenen Zählung nach (Markierungen auf einem in seiner Wohnung gefundenen Brett!) sein Ziel nur um drei verfehlte, bevor er erwischt wurde von der Polizei, die ihm allerdings erst 48 Opfer zuschreibt, angeblich sollen Schachspieler darunter gewesen sein, selbstverständlich in Russland, der Schachmördernation Nummer eins, und keine Schachwebsite, sagen wir fast keine, kräht danach.

Wird da etwa ein Imageschaden für unser sauberes Spiel befürchtet? Alle Schachvereine, die ihre Spender auf einem 64-feldrigen Brett verewigen, seien jedenfalls gewarnt vor einem gewissen Beigeschmack.

Dienstag, 23. Oktober 2007

Terminclash

Falls sich irgend jemand gewundert hat, warum sich am vorigen Wochenende die deutsche Bundesliga, das Finale der spanischen Liga, die slowakische Extraliga und die letzten Runden der Rumänischen und der Kroatischen Mannschaftsmeisterschaft überschnitten haben, während am Wochenende davor nahezu nichts los war, sei auf die Verlegung des Europapokals verwiesen. Der sollte ursprünglich am 9. bis 16. Oktober ausgetragen werden, wurde aber im Sommer plötzlich um eine Woche vorverlegt. Der Grund: Am 11.Oktober endete der Ramadan mit dem Zuckerfest, was viele Türken zum Anlass für einen Kurzurlaub nehmen, sprich: die Hotels in Kemer füllten sich ab dem 11.Oktober, anders als eine Woche vorher, quasi von alleine.

Nun liegt der islamische Fastenmonat lange fest. Dass der türkische Organisator Ali Nihat Yazici und seine Geschäftspartner in der Hotellerie das zu spät bemerkt haben, ist kaum vorstellbar. Zur späten Verlegung des Europacuptermins wäre also die ECU zu befragen.

Der vermeidbare Terminclash hat das Einkommen einiger Profis geschmälert, aber einigen Spielern auch zu Einsätzen verholfen: Etwa dem badischen Jungtalent Raoul Strohhäker beim OSC Baden-Baden, der um ein Haar nicht erst bei der Überschneidung der zweiten Runde mit dem Weltcupstart sondern schon zu Saisonbeginn keine vollständige Mannschaft gehabt hätte.

Gegenrichtung

Im Kino läuft hier und da noch der sehenswerte Film "Auf der anderen Seite" von Fatih Akin. Die Hauptfigur ist ein in Deutschland aufgewachsener türkischer Germanist, der seine Professur aufgibt, um in Istanbul einen deutschen Buchladen zu übernehmen, während eine der auf Umwegen mit ihm verbundenen Figuren als kurdische Terroristin die Flucht nach Deutschland antritt. An dieses Wechselspiel musste ich denken, als ich den Artikel der Moscow Times über Joel Lautier las.

Der französische Großmeister ist voriges Jahr von Paris nach Moskau gezogen, hat also genau die entgegengesetzte Richtung genommen wie sein Freund Wladimir Kramnik, der seit 2001 in der französischen Hauptstadt lebt und Anfang des Jahres eine französische Journalistin geheiratet hat.

Kramnik will ein ruhiges Leben als Schachspieler führen, Lautier ein aufregendes in der Geschäftswelt in einer dank hoher Energiepreise boomenden Volkswirtschaft. Er hat bei einer Unternehmensberatung namens Strategy Partners angeheuert. Sein angehender Chef habe im Vorstellungsgespräch erst nach einer Stunde gemerkt, heißt es im Artikel, dass er es nicht mit einem Russen zu tun hatte. So gut war Lautiers auf Reisen und in Trainingssitzungen mit Kramnik, Barejew, Kortschnoi und anderen gestähltes Russisch bereits.

Als ich ihn vor drei Jahren in Brissago das letzte Mal interviewte, habe ich ihn gefragt, ob er überrascht wäre, wenn ihn ein Headhunter anriefe, ob er bereit sei für den Wechsel vom Schach in eine Führungsaufgabe. Lautier war nicht überrascht. Ich vermutete, dass er den Vorsitz der von ihm mitgegründeten Berufsspielervereinigung ACP auch mit Blick auf seinen Lebenslauf übernommen hatte - ein legitimes Motiv.

In Moskau ist Lautier in die Nähe eines ziemlich genau zehn Jahre älteren anderen Schachaussteigers gerückt, mit dem er im Unterschied zu anderen Profis auch sonst viel gemein hat: Energie, Zielstrebigkeit, Ehrgeiz. Ich meine natürlich Kasparow. Freunde waren sie allerdings nie. Und ich denke, das lag nicht an Lautiers positivem Score im direkten Vergleich.

Samstag, 13. Oktober 2007

Schmutzige Wäsche im europäischen Schach

Ali Nihat Yazici, Multiorganisator (diverse EMs, Europacups, Jugend-EMs) und -funktionär (Türkischer Schachverband, FIDE), pinkelt die Europäische Schachunion (ECU) an. Immerhin beweist er Stil und hat das nicht schon mit umso lauterem Knall vor oder während des von ihm organisierten Europacupwettbewerbs, der vorigen Mittwoch in Kemer endete, getan. In einem Offenen Brief (PDF) erklärt er, warum er den Dachverband der Schachverbände Europas, der Türkei und Israels auf Rücknahme der Vergabe von drei europäischen Wettbewerben 2009 und 50 000 Schweizer Franken Schadensersatz verklagt hat. Vor allem fordert er den Rücktritt von ECU-Präsident Boris Kutin.

Dass der Dachverband seine Vergaberegeln nach Abgabe der Angebote ändert, ja weder den Inhalt noch überhaupt die Herkunft der Angebote öffentlich macht, kritisiert Ali Nihat zurecht, aber wohl nur, weil er sich als Opfer sieht. Darauf, dass er selbst vier Jahre im Vorstand der ECU saß und in dieser Zeit maßgeblich mitentschied über eine Reihe von Turnieren, die er zu seinem Broterwerb organisiert, geht er freilich nicht näher ein. Dass Kutin, der im wesentlichen von dem lebt, was er als Funktionär verdienen kann, von erfolgreichen Bietern geschmiert worden sein könnte, mögen Insider zwischen den Zeilen lesen.

Was in dem achtseitigen Brief zwischen hohen Schachfunktionären an schmutziger Wäsche gewaschen wird, könnte aber ausreichen, dass es so richtig im Karton kracht. Der Geschäftsführer des Deutschen Schachbunds Horst Metzing ist in der ECU die rechte Hand Kutins, leitet er doch das beim Deutschen Schachbund angesiedelte ECU-Sekretariat. Und zwar mit finanzieller Unterstützung des deutschen Bundesinnenministeriums. Wäre schön, wenn dieses die Fortzahlung an die Einführung einiger elementarer Transparenz- und Unvereinbarkeitsregeln (die vielleicht auch Ali Nihat nicht alle schmecken werden) knüpft. Die Geschäftsstelle von Transparency International liegt ebenfalls in Berlin und ist sicher gerne behilflich.

Ergänzung am 23.Oktober: Die ECU hat mit einer sehr kurzen Pressemitteilung reagiert, dass von Yazici noch kein Schreiben eingelangt sei. Auf Nachfrage erfahre ich, dass die ECU beim Internationalen Sportgericht in Lausanne nachgefragt habe. Dort liege, anders als Yazicis Schreiben suggeriert, ebenfalls noch nichts vor. Am 3.November steht die ECU-Generalversammlung an.

Ergänzung 9.November: Die Klage wird nun von der ECU bestätigt. Sie ist nicht am Internationalen Sportgericht sondern vor einem Handelsgericht in Lausanne ergangen. Die ECU-Generalversammlung während der EM in Kreta gibt Yazici in der Sache Recht, fordert ihn aber auf, die Klage zurückzuziehen. In einem kurzen Telefonat erklärt Yazici, dass der Türkische Verband in Kreta gesiegt habe. Künftig werden die Bewerbungen um Wettbewerbe der ECU nicht mehr nur dem Vorstand sondern allen ECU-Delegierten vorliegen und die Vergabe von der Generalversammlung entschieden. Yazicis Schadensersatzklage läuft nach meinem Kenntnisstand weiter.

Bundesliga !!!

Am 19.Oktober startet die deutsche Bundesligasaison. Warum lohnt es sich, sich auf diese Saison zu freuen? Als Redakteur der Bundesliga-Website bin ich zugegebenerweise parteiisch. Vielleicht interessieren Sie sich dennoch für meine vier Gründe:

1. Mehr Spannung
Auf den ersten Blick wird´s nicht so prickelnd, weil der OSC Baden-Baden nach dem Abtritt des bisherigen Rivalen Porz gemittelt fast 100 Elopunkte stärker aufstellt als die nächstbesten Teams und den weiteren Behalt des Meistertellers kaum vermeiden kann. Und noch mehr Überraschendes muss geschehen, damit der Erfurter SK den Abstieg vermeiden kann. Doch zwischen Platz zwei und fünfzehn verspricht es, sehr eng zu werden, vorausgesetzt bei Trier und Zehlendorf reicht das Geld, und am oberen Ende des Spektrums Mülheim-Nord wie angekündigt so gut wie nie in Bestbesetzung antreten wird. Fast jeder kann fast jeden schlagen.

2. Mehr Niveau
Der mittlere eingesetzte Spieler wird heuer männlich, Großmeister und vor allem rund 2550 Elopunkte stark sein. Runden ohne 2600er an den Brettern gibt es nicht mehr. Womit ich nicht sagen will, dass die anderen (kleine Lichter wie ich eingeschlossen) nicht auch zu interessanten Partien fähig sind. Spitzenschach ist jedenfalls an jedem Spielort garantiert.

3. Mehr Kommentierung
Die Zahl der Internetübertragungen dürfte leider gegenüber der Vorsaison nicht wesentlich zunehmen, sondern sich knapp unter oder bei der Hälfte der Kämpfe einpendeln. Dafür scheint der Liveticker auf der Bundesligaseite zunehmend Akzeptanz zu finden und sollte damit auch an Niveau gewinnen. An mehr Spielorten werden die Partien heuer für die Zuschauer kommentiert. Klaus Bischoff wird fast jedes Wochenende (aber nicht am ersten) an einem der Spielorte live kommentieren fürs Publikum und zugleich per Audioübertragung für die Fans, die einen Fritz-Server-Zugang haben und bereit sind, einen Euro pro Spieltag dafür zu bezahlen. Mehr anspruchsvoll kommentierte Partien erwarte ich auch auf den Blogs (z.B. Entwicklungsvorsprung, Rankzero) und den Webseiten der Vereine (beispielhaft in dieser Beziehung Werder). Die Schachzeitschriften haben Konkurrenz bekommen.

4. Mehr Interaktion
Deep Chess!!! hat ein tolles Angebot für alle Kenner der Liga gezimmert (woran ich nicht ganz unschuldig bin). Völlig ohne finanzielle Interessen einfach aus Spaß am Ligageschehen! Man kann jetzt online die Ergebnisse tippen, nämlich hier. Zu meinem Job gehört es, jetzt Sachpreise für die besten Tipper aufzutreiben. Weil die eingesetzte, aus dem Fußball übernommene Plattform keine .5-Eingaben erlaubt, hat man übrigens aus der Not eine Tugend gemacht: Vorhergesagt wird nicht das Punktergebnis sondern das Gewinnpartien-Verhältnis voraus, und kriegt einen Punkt, wenn die Tendenz stimmt, einen zweiten Punkt für den richtigen Punktabstand (wer ein Unentschieden richtig vorhersagt, hat also automatisch zwei Punkte - 1:0, 2:1, 3:2 usw. bedeutet alles 4,5:3,5) und das tatsächlich eingetretene Gewinnpartien-Verhältnis. Nicht so schwer, oder?

Donnerstag, 11. Oktober 2007

Noch 13 Monate

Am 12.November 2008 soll die Schacholympiade in Dresden beginnen. Sind seit der EM im April Fortschritte bei der Finanzierung erzielt worden? Wenn ja, sind sie zumindest von außen nicht ohne weiteres zu erkennen, und das Dauerfeuer der Kritik, tonangebend die Schauerschach-Seite von Jörg Sommer, hält an.

In Funktionärskreisen erhofft man sich einiges von den Gesprächen, die mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble kürzlich in Berlin geführt wurden. Dass ZMD auf der gerade relaunchten Website der Olympiade nicht mehr unter den Hauptsponsoren aufscheint, war wegen des Schrumpfkurs des Unternehmens zu erwarten.

Kurios ist die aktuellste Meldung: Es wird für ein Schachturnier im Dresdner Gefängnis geworben. Dort hätten einige Wadlbeißer gerne den Koordinator der Olympiade, Dirk Jordan, gesehen und zwar als Insassen. Die Dresdner Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen wegen Verdachts auf Subventionsbetrug (im Zusammenhang mit der Frauen-EM 2004) aber anscheinend still und leise eingestellt. Also genau, wie es Jordan erwartet hatte.

Dem Multiunternehmer, der mehrere Privatkonkurse zu überstehen hatte, ist schon seit längerem mit Jörn Verleger ein Finanzexperte (und Aufpasser) zur Seite gestellt worden. Seit kurzem gibt es auch einen Präsidenten über ihm. Den Posten hat Winfried Lehmann, der für Sport zuständige Bürgermeister. Darauf, dass die Stadt Dresden am Ende der größte Sponsor bleibt, würde ich jeden Betrag wetten.

Sonntag, 30. September 2007

Die WM-Bilanz

Es gab viel interessantes Schach in Mexiko City (was freilich noch getoppt worden wäre, hätten Topalow und Iwantschuk nicht gefehlt). Die Remisquote blieb unter zwei Drittel. Die Kurzremis beschränkten sich auf eine Handvoll Begegnungen. Das Turnier war ein würdiger Abschluss des ersten halbwegs vernünftigen WM-Zyklus (mit Weltcup und Kandidatenkämpfen als Qualifikation) seit Mitte der Neunziger. Schade, dass die WM nun wieder in Zweikämpfen entschieden wird, aber ich wiederhole mich und komme gleich zur Einzelkritik:

Anand 9/14 (+4, =10)
Ein weitgehend souveräner Sieg des gut vorbereiteten Inders, der auch mit Schwarz auf Gewinn spielte. Nur einmal nutzte er seine Chance nicht (gegen Morosewitsch). Nur einmal stand er verloren (gegen Grischtschuk), blieb aber zäh. Gegen die solidesten Gegner machte er je zwei Remis (wäre er als Weißer nicht auf 1.e4 fixiert, hätte er den Russisch-Spielern Kramnik und Gelfand zumindest Probleme bereiten können), holte dafür aber jeweils ein 1,5:0,5 gegen die vier Letztplatzierten. Auf den Lorbeeren ausruhen ist nicht. Baden-Baden will ihn spätestens Ende der Woche beim Europacup in der Türkei einsetzen.

Kramnik 8/14 (+3, =10, -1)
An der Vorbereitung lag es nicht, dass der Russe dieses Mal Anand nicht gefährden konnte, sondern an seiner Schicksalspartie mit Schwarz gegen Morosewitsch, in der er nach chancenreichem Eröffnungsverlauf auf Abwege geriet. Schon vorher hatte er gegen Grischtschuk einen halben Punkt verschenkt. Dass Kramnik risikofreudiger als bei seinen letzten Turnieren oder im Match gegen Topalow agierte, gibt Hoffnung auf einen interessantes WM-Duell mit Anand im kommenden Jahr. Den Rückfall, als er nach 13 Zügen gegen Grischtschuk remis gab und selbstgerecht erklärte, die Schlussstellung hätte Schwarz keine Chancen geboten, vergeben wir als Frustreaktion darauf, dass am Vortag gegen Anand nicht mehr als ein Remis herausschaute.

Gelfand 8/14 (+3, =10, -1)
Der Überraschungsmann des Turniers und das beste Ergebnis seiner Karriere. Die Grundlage leistete seine gute Vorbereitung. Auch seine Einstellung, „ich spiele eine Partie nach der anderen“, half, nicht an den Gesamtstand zu denken. Wie erwartet konnte der erfahrene Israeli zwar keinen der soliden Spitzenleute schlagen, machte aber viel aus seinen Chancen gegen die anderen und hätte ohne die vermeidbare Turmendspielniederlage gegen Grischtschuk Anand stärker fordern können, aber genau daran dachte er ja nicht...

Leko 7/14 (+2, =10, -2)
Dem Ungarn fehlte das Glück, um vorne mitzumischen. Er konnte weniger von seiner Vorbereitung profitieren wie die vor ihm Platzierten. Allein aus den beiden Partien gegen Aronjan hätte er einen Punkt mehr holen können. Lekos eigentlich wenige Fehler wurden bestraft. Gegen Kramnik rächte sich ein Gewinnversuch (f7-f6), als Zähigkeit angesagt war.

Swidler 6,5/14 (+1, =11, -2)
Fast das ganze Turnier über trug er die rote Laterne, war sieglos und klagte wiederholt, dass seine Gegner seine Vorbereitung durchkreuzt hatte, bis ihm Grischtschuk genau hinein lief und einen versöhnlichen Sprung auf den fünften Platz erlaubte.

Aronjan 6/14 (+2, =8, -4)
Ein ums andere Mal ist der Armenier seinen Gegnern in die Vorbereitung gelaufen. Als Einziger hat er mit Weiß verloren, und das gleich zweimal. Ohne Lekos Hilfe wäre er wohl Letzter geworden. Es war einfach nicht Aronjans Turnier.

Morosewitsch 6/14 (+3, =6, -5)
Sein Brett war fast immer für Überraschungen gut. Um Chancen zu kriegen, gab er auch seinen Gegner welche. Der Russe hat neben den drei Erstplatzierten die meisten Siege gesammelt (wobei der gegen Kramnik die Weichen für Anand stellte), allerdings auch die meisten Niederlagen kassiert.

Grischtschuk 5,5/14 (+2, =7, -5)
Anfangs hatte er eher das Glück des Kämpfers, dann wurde er zum Prügelknaben, der sich wie ein Patzer von der Straße vorgeführt fühlte. Am Ende verpasste er seine Chance, den Weltmeister zu schlagen, und lief Swidler vors Auto. Verdient hatte den letzten Platz keiner, aber einer muss es werden, und den Jüngsten hat es getroffen. Hoffentlich zieht er (und die Veranstalter von Spitzenturnieren) nicht die falschen Konsequenzen.

Eröffnungen
Anders als der Turnierbeginn andeutete, als es Weiß sehr schwer hatte, war der Anzugsvorteil in Mexiko einiges wert. Nur zwei von 56 Partien gingen an Schwarz. Mit 1.e4 und 1.d4 wurde etwa gleich gut gescort. Die mit Abstand beste Bilanz hatte aber 1.c4, was, wenn ich richtig gezählt habe, viermal aufs Brett kam und drei Siege und ein Remis einbrachte. Die 1.e4-Spieler haben sich an Russisch die Zähne ausgebissen. Gegen Spanisch gab es ein mittleres Plus, gegen Sizilianisch (was erst ab Runde neun aufschien) ein deutliches. Auch nach 1.d4 gab es nur eine zuverlässige Verteidigung, die allerdings ungleich riskanter als Russisch ist, nämlich die Moskauer Variante (1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sf3 Sf6 4.Sc3 e6 5.Lg5 h6), mit der Schwarz sogar ein leichtes Plus holte. Die Eröffnungsvorbereitung war meines Erachtens der Faktor, der den Unterschied zwischen den ersten drei und dem Rest des Feldes ausmachte.

Freitag, 28. September 2007

Der letzte Tango

Samstag nacht ist die letzte Runde dieser begeisternden WM, gewissermaßen der letzte Tango von Mexiko City, danach erwartet uns wieder die Ödnis der Zweikämpfe. Warum kann der Weltmeister eigentlich nicht weiter in solchen Rundenturnieren ermittelt werden? Ein paar interessante Partien sind da jeden Tag drin. Eine einzelne laufende Partie ist einfach nicht das gleiche.

Ein Rundenturnier entspricht auch eher der gestiegenen Leistungsdichte an der Weltspitze. Wir haben nicht mehr einen herausragenden Spieler wie Kasparow und auch nicht zwei wie Kasparow und Karpow, sondern reichlich sehr starke Leute, die ein solches Turnier gewinnen können, zumindest Anand, Topalow, Kramnik, Aronjan und Leko traue ich es zu. In zwei Jahren vielleicht auch Carlsen und Radschabow. Um die vergangenen zwei Wochen schlauer geworden selbst einigen weiteren wie Mister-I-play-game-after-game (das unterste Video auf dieser Seite!) Boris Gelfand.

Die Qualifikation müsste nicht so ausufern, wenn acht Ticket zu vergeben sind und nicht nur zwei oder gar nur ein Herausforderer zu ermitteln ist. Die Störungen der Persönlichkeitsstruktur, die die Matchweltmeister (Karpow, Kasparow, Kramnik) nach ihren Titelgewinnen erlebt haben, und vor allem ihre Auswirkungen auf den Rest der Schachszene wären passé, bliebe man bei Rundenturnieren.

Abende wie der Donnerstag werden der Vergangenheit angehören. Am Wiener Karlsplatz haben an die achtzig Fans reingeschaut, als Martin Neubauer, Siggi Baumegger und ich die zwölfte Runde kommentierten. Und das obwohl der Weltmeister vorher schon quasi feststand. Es wurde ein sehr unterhaltsamer Abend mit drei spannenden, teilweise wilden Partien. Auch die dreizehnte Runde hat, während ich dies schreibe, vielversprechend begonnen. Von Sicherheitsschach ist keine Rede mehr. In Mexiko wird gekämpft. Von meinem Lob an alle Beteiligten mag ich keinen, nicht einmal den hier und da zu früh remis gebenden Swidler ausnehmen.

Dienstag, 25. September 2007

Deutschland 2008

Kramnik - Anand war eine ausgezeichnete Werbung für das Schach und für dieses Duell. Wie auch die zwar nicht ganz so spektakuläre aber wenigstens bis zum hübschen Pattschluss ausgekämpfte erste Begegnung.

Wo würde das Match stattfinden? Die Rechte liegen bei Josef Resch, einem deutschrussischen Geschäftsmann, der seit vielen Jahren mit Kramnik befreundet ist und bereits dessen Schaukampf gegen Fritz voriges Jahr in Bonn gehebelt hat. Die Bundeskunsthalle in Bonn ist sehr interessiert, es wieder zu tun. Auch in Hamburg ist Bewegung, was wegen der dortigen Mediendichte noch besser wäre. Und die RAG hat auch ihr Interesse an einem weiteren Schachengagement bekundet.

Vielleicht kommt auch noch ein Angebot aus Indien, aber dort käme das Interesse an Anand diesem selbst wahrscheinlich zu unbeherrschbar groß vor. Deutschland kennt der Inder nicht nur gut, sondern er spricht auch (anders als Kramnik) sehr ordentlich Deutsch. Und auch hier wären die Sympathien auf seiner Seite, verdankt Kramnik das Match doch einem eher dubiosen Deal mit der FIDE.

So spricht vorerst viel dafür, dass Deutschland im nächsten Jahr nicht nur die Schacholympiade in Dresden sieht, sondern auch die WM (übrigens zum ersten Mal seit Aljechin - Bogoljubow 1934). Ob die beiden Veranstaltungen einander auf die Füße treten, vermag ich nicht zu sagen. Warum sollte bei der Sponsorensuche nicht sogar Synergie drin sein?

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