Mittwoch, 21. Mai 2008

Hübner in Wien

Schach ist im Leben von Robert Hübner nicht mehr das Wichtigste. Er selbst würde vielleicht bestreiten, dass es das je gewesen ist. Gelegentlich spielt der Kölner noch Liga in Finnland, Italien oder der Schweiz. In Deutschland hat er nach seinem unsanften Rauswurf beim OSC Baden-Baden keinen Verein mehr. Mehr Zeit und Muße widmet der promovierte Papyrologe derzeit einer Neuübersetzung der Ilias in Hexameterform.

Mit Schach befasst sich Hübner noch aus historischer Perspektive, etwa mit Emanuel Lasker. "Laskers frühe Schachlaufbahn" ist das Thema eines Vortrags, den er am Donnerstag, den 29.Mai ab 18 Uhr im Spiellokal der Austria Wien, dem Café Goldengel, Erdbergstraße 27 im dritten Bezirk halten wird. Es wird eine Mindestspende von 5 Euro an den veranstaltenden Verein erwartet und um Voranmeldung gebeten an herbert.titz@chello.at oder telefonisch an die Wiener Nummer 615 76 78.

Dienstag, 20. Mai 2008

Der Elospringer

Mehr als 200 Elopunkte in einer Liste gewinnen, geht das überhaupt? Stefan Macak hofft, dass es zumindest nicht verboten ist. Bei dem seit einigen Jahren in London lebenden Slowaken läuft es am Brett derzeit fantastisch. Bei der EM in Plowdiw (hier ein Foto) hat er mehr als 50 Punkte gewonnen, in den beiden Turnieren davor sogar jeweils an die 70 Punkte, in Differdange nicht ganz so viel, aber auch ein wenig. Mit 2340, Faktor 15, Spielstärke zwischen starkem IM und schwachem GM sowie einem fantastischen Lauf springt es sich leicht. Zumal wenn man, wie er, wegen seiner Zahl von vielen Gegnern unterschätzt wird, sagte mir der 23jährige in Plowdiw.

Dabei war er vorigen Sommer noch drauf und dran, Schach an den Nagel zu hängen. Seit er in England war, hatte er fast nichts gespielt. Er bekam wieder Lust und trainierte einen vollen Monat, doch sein erstes Turnier ging daneben. Er ließ sich dann überreden, noch ein zweites Turnier zu versuchen. Am Ende fehlte ihm ein halber Punkt zur GM-Norm. Nun hat er sich Zeit genommen, um mehr zu spielen, vor allem bis Ende Juni, solange er noch mit seiner alten Zahl gewertet wird. Bis dahin hofft er, seine erste GM-Norm zu schaffen, nachdem er schon mehrmals um einen halben Punkt oder an der Vorgabe, gegen drei Großmeister spielen zu müssen, gescheitert ist. Den Titel traut er sich nun jedenfalls zu. Will er nicht lieber etwas studieren, habe ich ihn gefragt. Nein, die Schulbank werde er in diesem Leben nicht mehr drücken. Da er sowieso eines Tages unternehmerisch tätig werde, brauche er keine formale Bildung. Sein Grips genügt.

Im Juli wird Macak die 2500 deutlich überschreiten. Von underrated auf overrated. Dann werde er wohl erst einmal wieder fleißig trainieren müssen, bevor er sich ans Brett traut, flachst Macak. So wie ihn der Schachvirus gepackt hat, dürfte diese Pause nicht lange währen.

Sonntag, 18. Mai 2008

Gerangel um Rang drei

Iwantschuk

Was zeichnet sich nach Sofia für die Juli-Weltrangliste (hier die April-Liste) ab? Vorne bei Anand (1) und Kramnik (2) bleibt alles beim Alten. Gleich vier Spieler drängeln sich dann allerdings bei etwa 2777 um Platz drei (zum ganz genauen Nachrechnen habe ich keine Lust, aber wie ich inzwischen weiß, tut ein Norweger das fortlaufend). Ganz knapp die Nase vorn haben könnte der derzeit nur an elf geführte Wassili Iwantschuk (Cartoon: M-Tel), der im M-Tel Masters mit 8 aus 10 Muckis bewiesen hat und dank seinem starken Ergebnis bei der Russischen Mannschaftsmeisterschaft, allerdings auch einem kleinem Minus aus der Bundesliga, vor Topalow, der seine zuletzt gefallene Zahl in Sofia etwas sanieren konnte, Carlsen, der ebenfalls etwa ein Dutzend Punkte zulegt, und Morosewitsch. Dagegen fällt Aronjan (war er je Letzter?) nach katastrophalen 3 aus 10 vorübergehend aus den Top Ten heraus.

PS Nachtrag zu unserem Posterboy. Hans Ree hat allein anhand der Videos aus Sofia ein tolles Stück über Iwantschuk geschrieben.

Neues von Tschernenko

Aus einem Interview von Juri Wassiljew ist einiges über den neuesten Strippenzieher des Schachs zu erfahren, Alexander Tschernenko, der Gata Kamsky managt und für dessen Match gegen Topalow in seiner ukrainischen Heimat ein nicht für möglich geglaubtes Nettopreisgeld von umgerechnet 500 000 Euro aufgestellt haben soll.

Wassiljew hat Tschernenko nicht in Kiew sondern in Accra, der Hauptstadt von Ghana telefonisch erreicht, wo dieser Konzessionen zum Schürfen von Diamanten erworben hat. Tschernenko reklamiert einige Erfahrung als Unternehmer. Er besaß eine Fabrik für Baustoffe und war Schulbuchverleger. Bereits vor dem Fall des Eisernen Vorhangs habe er für die Wirtschaftsredaktion von Radio Free Europe gearbeitet.

Der heute 50jährige outet sich als Schachliebhaber. Im Dorf, in dem er aufwuchs, sei seine Leidenschaft belächelt worden. Tschernenko hatte wenig andere Möglichkeiten als Fernschach und später, während seines Studiums für das Team der Uni zu spielen. Heute habe er eine der größten, vielleicht die größte Schachbuchsammlung der Ukraine.

Kamskys Comeback erregte seine Aufmerksamkeit. Während des Tal-Memorials war er zufällig geschäftlich in Moskau, hat das Turnier besucht und Kamsky dort angesprochen, um ihm seine Hilfe anzubieten.

Dass es so lange gedauert habe, das angebotene Preisgeld, wie von der FIDE gefordert, vorzustrecken, erklärt Tschernenko mit Formalitäten. Schließlich sei es nicht leicht gewesen, die Banken zu überzeugen, um was es gehe, da es ja noch keinen Vertrag über das Match gibt. Dass es in Lwow stattfinden soll, erklärt Tschernenko mit der großen Schachtradition dieser Stadt, der gegenwärtigen Drohung, dass der Schachklub aus seinen angestammten Räumen am Markt ausziehen muss und um zu zeigen, dass die Ukraine in der Lage ist, internationale sportliche Spitzenevents auszutragen.

Freitag, 16. Mai 2008

900 Kilometer

Nur wenige, die ich fragte, konnten glauben, dass in der Ukraine ein Nettopreisgeld von 500 000 Euro für Topalow und Kamsky aufzutreiben wären, wie es Kamskys ukrainischer Manager Alexander Tschernenko seit Monaten in Aussicht stellte. Am wenigsten Topalows Manager Silvio Danailow, der noch am vorigen Samstag zu mir sagte: "Wenn das Geld wirklich da ist, gehen wir zu Fuß von Sofia nach Lwow." Nach der letzten Mitteilung der FIDE sieht es nun ganz so aus, dass Danailow sich für den 900 Kilometer-Marsch rüsten darf.

Wieder im Schachbusiness

Bob Rice ist wieder da, und ich rede nicht davon, dass er voriges Jahr die WM in Mexiko City besuchte und mit Fred Friedel beim Sightseeing war. Der Mann, der 1993 bis 1995 die PCA leitete, hat ein Buch geschrieben, was man vom Schach fürs Geschäftsleben lernen könne (hier mehr über Three Moves Ahead samt Leseprobe). Kurioserweise ein Jahr, nachdem sein früherer Partner Kasparow selbst ein solches Buch (von dem hier schon die Rede war) vorgelegt hat.

Der Jurist und Hobbyspieler aus New Jersey bekam, als Kasparow und Karpow 1990 in New York ihr fünftes und letztes WM-Match spielten, von seiner Frau eine Eintrittskarte geschenkt. Im Publikum sah er all die anderen Banker, Broker und Anwälte und sagte sich, wow, es gibt doch einen Markt für dieses abgehobene Spiel. Kurze Zeit später gründete er den Wall Street Chess Club. Zunächst wollte er damit Kunden für die Anwaltskanzlei locken, für die er arbeitete. Wie er einmal gegenüber dem Magazin New Yorker sagte, kamen Banker um ihr Schach zu verbessern und Schachspieler, um etwas übers Geldverdienen zu lernen. Auch Kasparow ließ sich blicken, wenn er in New York war. Als er 1993 mit der FIDE brach und (durch Ray Keene) die PCA entstand, fragte er Rice, ob er die neue Organisation managen wollte. Er war dabei.

1995 sorgte Rice dafür, dass Kasparow seinen Titel gegen Anand nicht, wie schon geplant und angekündigt, in Köln verteidigen sollte sondern, um das finanzielle Risiko zu begrenzen, in New York. Dort ging es dann aber auch nicht ohne eine Kürzung des Preisgelds ab. Einige Insider vermuteten damals, dass Rice nur seinen persönlichen Profit im Auge hatte und sich daher auch sofort aus dem Staub machte, als Intel den Sponsoringvertrag nicht verlängern wollte, womit die PCA nach nur zweieinhalb Jahren erledigt war.

Rice war dann wieder einige Jahre mit Geld verdienen beschäftigt und hat nun anscheinend wieder etwas Zeit für Schach. Ernstzunehmende Kritiken des immerhin schon im März bei Jossey-Bass, das zu Wiley gehört, erschienenen Buches habe ich auf die Schnelle nicht entdeckt.

Österreichs Firmen sponsorn Schach in der Ferne

Zwölf Jahre ist es her, seit ein österreichisches Unternehmen eine signifikante Summe Geld, will sagen mehr als 100 000 Euro, in die Hand genommen hat, um ein Schachevent zu sponsern. Beim Weltklasseturnier im Wiener Rathaus 1996 war die Bank Austria (mittlerweile mit der Creditanstalt fusioniert) Hauptsponsor. Seit 2004 ist die Telekom Austria Schachsponsor, allerdings nicht in Österreich sondern über ihr Tochterunternehmen MTel in Bulgarien: Neben dem persönlich unter Vertrag genommenen Topalow wird ein jährliches Weltklasseturnier sowie etwas Kinderschach unterstützt. Beim derzeit laufenden MTel Masters engagiert sich sogar noch ein weiteres österreichisches Unternehmen in der Ferne, nämlich die Wiener Städtische, Mehrheitseigentümer der unter den Turniersponsoren aufscheinenden Bulstrad Versicherung.

Die Frage stellt sich: Warum nicht auch einmal in Österreich selbst? Mehr Zuschauer als derzeit in Sofia hätte ein Spitzenturnier in Wien allemal. Nur wäre es hier schwerer, auf eine entsprechende Medienpräsenz zu kommen. Schach hat nun einmal kein Seitenblicke-Niveau.

Voriges Jahr wurde es laut Silvio Danailow, Topalows Manager, dennoch versucht, Geld für ein Spitzenevent in Wien zu finden. Fieberhaft versuchte er, eine Revanche zwischen Topalow und Kramnik zustande zu bringen, deren Match in Elista er mit dem Toilettenskandal in die Schlagzeilen gebracht hatte. Da sich Kramnik weigerte, in Bulgarien, wo die Regierung für die Finanzierung gerade gestanden wäre, seinen Titel gegen Topalow zu verteidigen, versuchte es Danailow auf neutralerem Boden über seine Kontakte bei der Telekom Austria. Doch schon bevor Kramnik und die FIDE abwinken konnten, scheiterte das Ansinnen: In Österreich war eine Schach-WM nun einmal keine Million wert.

Nachtrag 22.Mai: In einem Interview, das Josef Vinatzer Dagobert Kohlmeyer gab, wurde die Frage, warum das Unternehmen nicht einmal in Österreich als Sponsor auftritt, erst gar nicht gestellt, dafür stellte der MTel-Chef die richtige Überlegung an, wenn die Spieler schon in einem Glaskasten spielen, sie damit dorthin zu bringen, wo mehr Leben und mehr Laufpublikum ist, nämlich in einem Park oder einem Einkaufszentrum.

Donnerstag, 15. Mai 2008

Armer Lewon

Aronjan

Was ist mit Aronjan (Cartoon: MTel) los? Sieger in Wijk aan Zee, zwischendurch Dritter in Morelia und Linares, dann überlegener Sieger in Nizza, doch nun droht ein Debakel in Sofia: 1,5 aus 6.

Am Tag vor der ersten Runde habe ich ihn interviewt (für ein Porträt, das demnächst im Tages-Anzeiger erscheinen soll). Am Ende gestand er mir, dass er zwar vor jedem Turnier nervös sei, aber diesmal besonders und keine rechte Lust auf Schach habe. Dass er erst am Vortag mit der Vorbereitung begonnen habe, fasste ich als seine übliche vorgegebene Faulheit auf. Und dass die erste Partie gleich mit Weiß gegen Topalow in die Hose ging, wertete ich nicht als das allerschlechteste Zeichen, hat Aronjan doch nach eigener Aussage in seinen besten Turnieren schon öfter früh eine draufgekriegt, worauf eine Last von ihm gefallen sei und er befreit habe aufspielen können.

Nicht in Sofia. Nach dem hier schon gezeigten Remis gegen Radschabow, witzelte Aronjan zynisch, sein Gegner habe eine Figur nur deshalb nicht genommen, weil er ja damit rechnen durfte, dass er noch etwas einstellt. Tat er nicht. Es blieb seine beste Leistung in Sofia. Bisher. Kämpfen, Lewon!

Mittwoch, 14. Mai 2008

Die leisen Chinamänner

Der überraschende Cosieg des in Europa bislang wenig bekannten Wang Yue beim ersten Grandprixturnier in Baku hat etwas Aufmerksamkeit darauf gelenkt, wer sich auf leisen Sohlen hinter den einsam führenden Russen und Ukrainern zur Schachnation Nummer drei gemausert hat, nämlich China. Waren die Chinesen früher vor allem starke Taktiker, was damit zu tun hat, dass die meisten zunächst im taktischer geprägten Chinesischen Schach Talent zeigten, bevor sie zum internationalen Schach überredet oder einfach umerzogen wurden, sind die jungen Chinesen wie Wang mit unserer Spielweise groß geworden, und er ist ein ausgesprochener Positionsspieler geworden.

Bu

Ebenso Bu Xiangzhi (Cartoon: MTel), der allerdings beim MTel Masters bislang mit 1 aus 6 enttäuscht. Dass es sein erstes echtes Weltklasseturnier ist, reicht als Grund nicht ganz. Bu hat auch als einziger Teilnehmer keinen Sekundanten nach Sofia mitgebracht. Er arbeitet zwar in Peking mit den anderen chinesischen Spitzenspielern, hat aber schon lange keinen Trainer mehr.

Es sei noch nicht lange her, dass er selbst bei Training und Vorbereitung der chinesischen Damen mitwirken musste, sagte mir Bu. Mit 14 war er schon einen Tick stärker als Hou Yifang heute und für kurze Zeit der gerade jüngste Großmeister der Welt. Förderung winkt Hou freilich in Zukunft erheblich mehr als Bu oder Wang erhielten. Und man fragt sich, was die Chinesen im Schach schon leisten könnten, wenn sie ihre (im Geschlechtervergleich immer noch deutlich stärkeren) männlichen Talente so förderten wie ihre weiblichen. Mit Bu, Ni Hua und ab der nächsten Liste Wang hat China bereits drei junge 2700er hervorgebracht, aber von den Frauen hat noch keine die 2600 geschafft.

Noch zu ergänzen: Dass Bu vorige Saison keinen einzigen Einsatz für Tegernsee in der Bundesliga bestritten hat, erklärt er mit einem beim Basketball gebrochenen Arm. Was für ein Turnier während der an die Olympischen Spiele angehängten (aber später, nämlich im Oktober stattfindende) und von der FIDE seit längerem beworbenen Mind Sports Olympiad in Peking geplant ist, weiß er nicht. Im übrigen darf man sich von den Videobildern aus Sofia nicht täuschen lassen, wo Javier Moreno seine Statements aus dem Chinesischen übersetzt: Bu spricht durchaus passabel Englisch aber etwas leise.

Führers Geburtstag

Radjabov

Wenn Radschabow (Cartoon: MTel) gegen einen Armenier spielt, ist er stets besonders motiviert, wie diesem Interview (von dem er sich später sinngemäß distanzierte, er habe es nicht autorisiert) entnommen werden darf. Was trug Radschabow während der Partie beim MTel Masters gegen Lewon Aronjan für eine auffällige Uhr? Wessen Gesicht vom Zifferblatt prangte, wollte ich von ihm nach der Runde wissen. Das, so eröffnete der aserbaidschanische Großmeister, "ist unser nationaler Führer. Heute ist sein Geburtstag. Ich habe gehofft, dass er mir heute Glück bringt." Aronjan hatte das Konterfei von Ilcham Geidar Alijew (es dürfte sich wohl doch um den 2003 verstorbenen Diktator handeln und nicht seinen ihm nachgefolgten Sohn) natürlich schon am Brett erkannt.

Teimur Radschabow - Lewon Aronjan

1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sc3 Sf6 4.Sf3 e6 5.Lg5 h6 6.Lh4 dxc4 7.e4 g5 8.Lg3 b5 9.Le2 Lb7 10.0–0 Sbd7 11.Se5 Lg7 12.Sxd7

12.Sxf7 trauen sich nur wenige.

12...Sxd7 13.Ld6 a6 14.Te1 Lf8 15.Lg3 Lg7 16.Ld6 Lf8 17.Lg3 Lg7

Remis?

18.e5

Nicht mit dir, böser Feind.

18...c5 19.d5 0–0 20.Lf3 Ta7

Das bezeichnete Aronjan hinterher wegen eines Übersehens, von dem gleich noch die Rede ist, als Patzer, aber welcher Zug sollte stärker sein?

21.dxe6 Lxf3

Auf 21...fxe6 ist 22.Lg4 nebst 23.Dd6 unangenehm.

22.exf7+

Dieses naheliegende Zwischenschach habe er völlig übersehen. Einen Zwischenzug hatte Aronjan aber sehr wohl berechnet, nämlich 22.Dd6 mit der Idee 23.e7, worauf allerdings 22...Sb6 den Laden zusammenhält.

22...Txf7 23.gxf3 De8!

Dieses Figurenopfer hält Schwarz im Spiel.

24.e6 Te7

RadschaAronjan

Auf die Frage, was er hier als Weißer gezogen hätte, sagte Aronjan, er hätte die Figur genommen. Aber er verstehe Radschabows Schwierigkeit, von einem Zug zum nächsten von Angriff auf Defensive umzuschalten. Und flachsend fügte er hinzu, bei seiner gegenwärtigen Form sei es ja auch vernünftig, ihm mehr Material übrig zu lassen, das er noch einstellen könne. Tatsächlich hat nach 25.exd7 Taxd7 26.Dc1 Txe1+ 27.Dxe1 Dxe1+ 28.Txe1 Td2 allerdings auch Schwarz seine Chancen am Damenflügel, z.B. 29.Tb1 Lxc3 30.bxc3 Txa2 31.Ld6 Tc2 32.Lxc5 Txc3 33.Ta1 Tb3 34.Txa6 c3 usw. Radschabow rechnete sich mit der Partiefortsetzung bessere Chancen aus, zumal er statt einem Bauern weniger rasch einen (freilich sehr entwerteten am Königsflügel) mehr hat. Während er den schwarzen Damenflügel unschädlich macht, fällt freilich auch sein e-Bauer:

25.Dd5 Sf6 26.Dxc5 Ta8 27.Df5 Td8 28.Tac1 Dc6 29.b3 Tde8 30.a4 Txe6 31.Txe6 Dxe6 32.Dxe6+ Txe6 33.axb5 cxb3 34.Tb1 Sh5 35.bxa6 Txa6 36.Txb3 Lxc3 37.Txc3 Kf7 38.Tc4 Tf6 39.Kg2 Kg6

Allen Beteiligten war natürlich klar, dass es totremis ist, aber nach Sofia-Regeln den halben Punkt beim Schiedsrichter zu reklamieren, waren beide zu stolz und fanden in derzeit rarer aserbaidschanisch-armenischer Kooperativität einen Weg, rasch bis zu den blanken Königen abzuholzen:

40.h4 Sf4+ 41.Lxf4 Txf4 42.Tc6+ Kh5 43.hxg5 hxg5 44.Kg3 Ta4 45.Tf6 Ta3 46.Te6 Ta4 47.Te4 Ta3 48.Td4 Tb3 49.Kg2 Kg6 50.f4 gxf4 51.Txf4 Kg5 52.Tf3 Txf3 53.Kxf3 Kf5 54.Ke3 Ke5 55.f4+ Kf5 56.Kd4 Kxf4 remis

Dienstag, 13. Mai 2008

Eine Geste an Dortmund

Die Veranstalter in Wijk aan Zee, Morelia/Linares, Sofia, Mexiko City und Bilbao haben ihre Turniere zu einem Grand Slam verbunden, der im September in Bilbao sein Finale haben soll. Doch immer mehr spricht dafür, dass eine Station dieser nicht mit dem neuen FIDE-Grandprix zu verwechselnden Serie platzt. Dass das Turnier in der mexikanischen Hauptstadt zustande kommt, wird nämlich von Tag zu Tag unwahrscheinlicher. Silvio Danailow, Topalows Manager und Initiator der Serie, hat seit fast zwei Wochen nichts mehr aus Mexiko gehört, wo ein doppelrundiges Sechserturnier am 27. oder 28.Juni beginnen sollte. Möglicherweise scheitere alles an den typisch langen Entscheidungswegen in Mexiko, vermutete Danailow mir gegenüber.

Um positive Stimmung zu machen, ließ der Bulgare derweil vom Sofioter Turniersponsor MTel eine Pressemitteilung heraushauen, der zufolge 2009 ein Grand-Slam-Turnier in den USA dazu komme (im Gespräch nannte Danailow Seattle oder Chicago als mögliche Orte) und man hoffe, 2010 nach China zu expandieren - welchem Zweck wohl auch die Teilnahme des (bisher in Sofia glücklos agierenden) Chinesen Bu und die von Javier Moreno betreute chinesischsprachige MTel-Masters-Website dienen.

Das sechsköpfige Teilnehmerfeld des mit 400 000 Euro dotierten Finals in Bilbao zeichnet sich bereits ab: Aronjan und Anand sind als Sieger der ersten beiden Turniere qualifiziert. Iwantschuk hat in Sofia mit nach nur fünf Runden bereits drei Punkten Vorsprung auf den Dritten nur noch den eineinhalb Punkte zurück liegenden Topalow zu fürchten (und vielleicht sich selbst). Dem Bulgaren winkt, wie sich Danailow verplapperte, ohnehin eine der beiden Wildcards, wobei die erste sicher an Magnus Carlsen geht, der sowohl in Wijk als auch Morelia/Linares Zweiter wurde.

Platzt Mexiko City, ist ein Platz für Bilbao frei. Gegebenenfalls drängt es sich auf, ihn dem Sieger der Dortmunder Schachtage anzubieten, auch wenn sich das deutsche Traditionsturnier zunächst gegen eine Beteiligung am Grand Slam entschieden hat, wofür, da weder finanzielle Verpflichtungen noch eine besondere Einladungspolitik einzuhalten sind, kein anderer Grund in Sicht ist als die 2006 in Elista eskalierte Aversion zwischen Danailow und Kramniks Manager Carsten Hensel, der das Projekt seines Widersachers am liebsten scheitern sehen würde.

Die Veranstalter von Bilbao - und die sollten das letzte Wort in der Frage haben - sagten mir bereits in Wijk aan Zee, sie könnten sich gut vorstellen, eine der Wildcards an den Dortmunder Sieger zu vergeben. Schließlich hoffen sie, die Deutschen wenigstens ab 2009 am Grand Slam beteiligt zu sehen.

Dass Kramnik, falls er Dortmund einmal mehr gewinnt, auf Bilbao wohl eher verzichten würde, um seine Vorbereitung auf die nur wenig später beginnende WM gegen Anand nicht noch einmal umzuschmeißen, steht auf einem anderen Blatt.

Montag, 12. Mai 2008

Seven Seconds

It's not a second
Seven seconds away
Just as long as I stay
I'll be waiting

Soweit Youssou n´Dour anno 94. Genau sieben Sekunden blieben dem in der zweiten Runde des MTel Masters Schwarz spielenden Iwantschuk noch für sieben Züge bis zur Zeitkontrolle gegen Topalow, nachdem er sich zum Freibauer erhaltenden d5-d4 durchgerungen hatte:

Ivanchuk

Topalow (der sich ansonsten wirklich nicht beschweren kann, siehe seine glücklichen Siege gegen Aronjan und Tscheparinow) ließ nun einen guten Teil seiner letzten knapp drei Minuten runterticken, bevor er 34.Le8 und nach 34...Sc5 35.Lxf7+ Kf8 36.f6 gxf6 37.Txf6 Ke7 38.Th6 d3 39.Txh7 d2 40.Tg1 Te1 41.Lh5+ Kxe6 den Kürzeren zog. Einen Moment glaubten wir in Sofia, Iwantschuk habe die Zeit überschritten, doch das geschah erst nach dem noch hastig ausgeführten 41.Zug.

Was wäre geschehen, hätte Toppy das zuerst von seinem Sekundanten Paco Vallejo angegebene 34.Lc6 gefunden? Dieser Zug ist vielleicht nicht nur objektiv die letzte Möglichkeit für Weiß, eine Niederlage abzuwendenWeg, sondern hätte möglicherweise die Partie gewonnen. In der Pressekonferenz fragte ich Iwantschuk, was er, falls Topalow nicht 34.Le8 sondern 34.Lc6 gespielt hätte, geplant habe. Er gab zu, diesen Zug gar nicht gesehen zu haben. Der Überraschungswert wäre immens gewesen.

It's not a second
Seven seconds away
Just as long as I stay
I'll be waiting

Darauf ein Lemberger

Iwantschuk führt in Sofia mit 5 aus 5. Zuerst ein Schwarzsieg gegen Radschabow, der so ziemlich als einziger die Meinung vertritt, dass Weiß zunächst klar besser stand. Dann ein Schwarzsieg mit Französisch gegen Topalow - der in der Runde darauf gleich selbst zu dieser gerade ein Comeback erlebenden Eröffnung griff. Für Iwantschuk folgte in Fast-Kurzsieg mit Weiß gegen Bu, der offenbar eine Anti-Slawisch-Zugfolge, die ich früher auch gern spielte, nicht kannte und nach neun Zügen schon aufgeben hätte können. Schließlich ein weiterer Weißsieg gegen Tscheparinow, gegen dessen Königsinder er einem alten Aufbau folgte, den er sich bei der ebenfalls aus Lwow kommenden Großmeisterin Litinskaja abgeschaut hatte, wobei der Bulgare es versäumte, a7-a6 einzuschalten, um den später entscheidenden Einstieg des b5-Springers über c7 nach e6 zu verhindern. Und in Runde fünf provozierte Iwantschuk Aronjan zu einem etwas zu optimistischen Figurenopfer.

Was ist das Geheimnis des Ukrainers? Dass der Sommer begonnen hat, während dem er schon 2007 so fantastisch aufspielte, dass er damals fast die Weltranglistenspitze erklomm, wie Rankzero seriös anmerkt? Ich dagegen habe einfach mal auf den Anstecker getippt, den Iwantschuk zu seinen Partien in Sofia am Jackett trägt, und ihn darauf angesprochen. Der Anstecker stammt von Lvivska Pyvo (russisch: Lwowska Piwo), der Brauerei seiner Heimatstadt, und er trage ihn, obwohl er keinerlei Bindungen mit dem Lemberger Brauwesen hat. Ob er denn gerne Bier trinkt? Ja, nickte Iwantschuk, nach dem Turnier und auch mal nach einer Partie.

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