Freitag, 25. Juli 2008

Gibt der Kreml Gas für Kramnik?

Hat es Josef Resch, der Chef von UEP, dank seiner Kontakte als Rohstoffhändler eingefädelt, oder war wie schon bei Evonik Bundesfinanzminister Peer Steinbrück der entscheidende Mann? Jedenfalls ist das WM-Match Kramnik-Anand, wie Ausrichter UEP heute mitteilte, um einen Hauptsponsor reicher, der in Deutschland spätestens als neuer Arbeitgeber des vorigen Kanzlers Schröder allgemein bekannt wurde: Gazprom ist mit 400 000 Mitarbeitern und mehr als 150 Milliarden Euro Börsenwert das größte Unternehmen Russlands und eines der größten der Welt.

Kasparow zufolge ist das frühere Staatsunternehmen die Stelle, an der sich Putin und seine Getreuen bereichern. Die WM in Bonn ist weder das erste Engagement von Gazprom im Sport noch das erste in Deutschland. Das Gasunternehmen sponsert Schalke 04 und ist Eigentümer von UEFA-Cupsieger Zenit St.Petersburg.

Der Einstieg des mit dem Kreml eng verzahnten Unternehmens (Medwedew war Chef des Aufsichtsrats, bevor er Putins Posten einnahm) wirft auch ein Licht auf Kramnik kürzliche bekannt gewordene Entscheidungen, Ende August in Moskau und im November für Russland in Dresden anzutreten, sowie seine sehr deutliche Distanzierung von Kasparow und Belobigung der russischen Regierung in seinem Prager Interview. Schließlich hat Kramnik im stellvertretenden Premier Alexander Schukow, der auch Präsident des Russischen Schachverbands ist, einen Befürworter an höchster Stelle im Kreml.

Carlsen bleibt die Nummer zwei

Wie schon vor einigen Wochen in Foros gegen Alexander Onischuk hätte Magnus Carlsen nun in Biel mit einem Weißsieg die Führung in der täglich aktualisierten Weltrangliste übernehmen können. Wieder ist nichts daraus geworden. Der 17 Jahre alte Norweger hat gegen Leinier Dominguez zwar gleich mal eine Figur reingehalten. Doch bereits nach 24 Zügen war kein Gewinnversuch mehr drin: Forcierte Zugwiederholung. Es reicht freilich für die mit Alexejew geteilte Tabellenführung nach dem ersten Durchgang.

Stilvoller und aussagekräftiger wäre die Übernahme der Weltranglistenführung allemal im Beisein von Numero Uno, Vishy Anand, im September in Bilbao.

Nachtrag 26.Juli: Am Montag hat Carlsen mit Weiß gegen Alexejew den nächsten Schuss auf die Nummer eins-Position. Falls er remis macht, besteht die Chance auch in den beiden folgenden Spielen, wie ein Poster auf Migs Blog ausgerechnet hat: "Carlsen needs 3/4 to finish the tournament with virtual rating above Anand (he would get 2802.1), but would be temporarily virtual number 1 before that by just going +1 from the next 1, 2 or 3 games (getting virtual ratings 2800.6, 2799.4 or 2798.5 respectively.) So he has good chances to be temporary virtual number 1, but not such good chances to be virtual number 1 by the end of the tournament."

Nachtrag 29.Juli: Hatte, denn Carlsen hat gegen Alexejew überzogen und verloren und damit in Biel keine Chance mehr, Anand einzuholen.

Hier kann man Videos von Carlsens Interviews vor dem Turnier finden.

Sagte der Bundesuwe

Meine Frage, was Igor Chenkin im deutschen Nationalteam verloren hat, hat Uwe Bönsch zwar auch von seiner neuen E-Mailadresse nicht beantwortet. Wenigstens hat er sich der Zeitschrift "Schach", deren Augustausgabe dieser Tage erschienen ist, erklärt. Dass Chenkin schon vierzig ist und seinen Platz dem Rausschmiss eines weit jüngeren Spielers verdankt, wischt der Bundestrainer mit der Bemerkung weg, das Team habe auch so ein Durchschnittsalter unter 30. Chenkins Remisschieberei ist für Bönsch Pragmatismus und könne durchaus im Dienste des Abschneidens der Mannschaft sein.

Weder auf Chenkins Verhalten am Brett noch ihr Naheverhältnis als Mannschaftskameraden beim TV Tegernsee geht der Bundestrainer ein. Die Einbürgerungen von Chenkin und Fridman seien nicht planbar gewesen, aber beide hätten zuletzt viele Elo zugelegt und Deutschland somit dank gemittelter 2634 Elo die stärkste Auswahl aller Zeiten. Fragen, ob er sein Amt zurück gibt, wenn die von ihm nominierte Mannschaft hinter den Erwartungen bleibt, oder wie es zur Einbindung von Marion Kauke, der Frau seines Vaters, in die Vorbereitung des Nationalteams kommt, brauchte Bönsch nicht zu beantworten. Es fehlt in dem Interview auch der Hinweis, dass Naiditsch und Kritz nicht mehr miteinander reden, weshalb es nicht so verkehrt ist, wenn einer der beiden nicht nominiert ist.

Donnerstag, 24. Juli 2008

Fischchen fangen

Nicht nur der Schachblog wurde sechs Tage nicht aktualisiert, sondern die Chessbaseseite stand ähnlich lange still. In dem Fall war es kein (Betriebs-)Urlaub sondern ein Serverproblem. Die erste Meldung, die nach der Funkstille aus Hamburg kam, war ein Hammer. Da stand doch tatsächlich und das schon im Titel: "Rybka - das stärkste Schachprogramm der Welt".

Okay, das wissen wir seit Jahren. Die Sensation ist, dass es nun auch Chessbase sagt. Wenn die Wahrheit bei Chessbase Nachrichtenwert bekommt, hat das wie so oft einen wirtschaftlichen Grund: Vas Rajlich verkauft die neue 3er-Version seines Programms künftig über das Hamburger Softwarehaus.

Ich bin so überrascht, wie es vielleicht ein Computerjournalist ist, wenn Apple von Intel übernommen wird. Die ersten Versionen von Rybka, Russisch für kleiner Fisch, wurden ohne eigene GUI, also Benutzeroberfläche angeboten und wurde ohnehin schon von vielen unter Fritz oder Chessbase laufen gelassen. Doch erst vor kurzem hatten Rajlich und seine Mitstreiter (hier ein Interview als PDF) das "Aquarium" vorgestellt, eine eigene Rybka-GUI, die auch über die Rybkaseite verkauft wird. Für mich sieht die Zusammenarbeit nach Marktsegmentierung aus: Eingeschworene Fans beliefert Rajlich selbst. Den Absatz im Massenmarkt traut er zurecht eher Chessbase zu.

Dass Chessbase nun keine Ambitionen mehr beim eigenen Programm Fritz hätte, lässt sich daraus übrigens nicht ableiten. Schon früher wurden andere Programme wie Junior gerne zum Vertrieb übernommen. Nur setzt man in Hamburg sicher stärker auf andere Features als Spielstärke.

Nachtrag: In der Vergangenheit berichteten einige User auf dem Forum Schachfeld und im Rybkaforum, dass ihr Rybka unter der Fritz-Oberfläche an Spielstärke einbüßte, ja sogar grobe Fehler machte. Das scheint aber längst gegessen.

Freitag, 18. Juli 2008

Schachmotive, die aus dem Rahmen springen

Hou
Wer bis 17.September zufällig in Enschede zu tun hat, sollte sich diese Ausstellung ansehen: Der Utrechter Fotograf Fred Lucas hat 45 seiner originellsten Arbeiten, davon zwei Drittel Schach, für die feine Schau ausgewählt - darunter eine Hou Yifang, deren begabtes Händchen samt Holzhüpfer aus dem Rahmen springt (oben). Ort ist das Büro von Schachuhren- und Sensorbretterhersteller DGT Projects in der Hengelosestraat 166, und geöffnet ist während der üblichen Bürostunden (wer vorher fragen will, ruft 0031 / 53 / 4305195). Alle anderen können sich durch die formidable und umfangreiche Schachfotosammlung auf Freds Website clicken.

Donnerstag, 17. Juli 2008

215 mehr Elopunkte

Soviel also hat Stefan Macak, der hier schon einmal Thema war, von derApril- zur Juliliste zugelegt und mit neuerdings 2557 knapp den zweiten Platz in der slowakischen Eloliste hinter Movsesian und Markos (dreimal M) verpasst aber Lubo Ftacnik schon mal verdrängt. Ist jemand bekannt, der einen größeren Elosprung geschafft hat?

Mittwoch, 16. Juli 2008

Leuker schaken

Lustiger Schachspielen heißt das und ist niederländisch. Die Niederländer haben neben den besten Schachautoren, dem besten Schachmagazin, dem besten Schachturnier und der besten Community-Schachwebsite also auch die besten Ideen, um unser Spiel lustiger zu machen.

Linda Jap und Edwin van Haastert sind Niederländische Meister und zwar im Paarschach. Organisiert hat den originellen Wettbewerb das Amsterdamer Max- Euwe-Centrum. Leider geht aus der Mitteilung nicht hervor, ob tatsächlich die traditionellen Doppelregeln galten, nämlich streng abwechselnd gezogen werden musste und wie es mit dem Reinreden gehalten wurde, oder ob doch nur die Ergebnisse addiert wurden, was eigentlich gar nicht lustig ist und zur sofortigen Rücknahme der obigen, fast völlig ernstgemeinten Lobüberhäufung führen würde und wie es meines Wissens in Dresden schon seit längerem bei Turnieren im so genannten Familienschach für Frau/Mann-, Bruder/Schwester-, Vater/Sohn- oder auch Opa/Enkelin-Gespanne praktiziert wird.

Addieren lasse ich mir eher gefallen, wenn neben Schach auch mindestens eine andere Disziplin im Spiel ist. Auch da sind die Niederländer innovativ. Kürzlich fand die nationale Schafeltennismeisterschaft statt. Dimitri Reinderman, der das Schachturnier gewann hatte mangels Tischtennisfertigkeit keine Chance auf einen vorderen Platz. Der Sieg ging an meinen früheren Amstelveener Mannschaftskameraden Rob Bertholee. Hartelijik gefeliciteerd!

Dienstag, 15. Juli 2008

Der größte Pott

Welcher Schachspieler holt 2008 das höchste Preisgeld? Klar, Kramnik und Anand, werden Sie sagen, schließlich warten auf beide nach der WM in Bonn jeweils 600 000 Euro. Gut möglich aber, dass ein FIDE-Meister aus Brooklyn, von dem Sie noch nie gehört haben, die beiden toppen wird.

Ylon Schwartz heißt er und hat das Brett, auf dem er sich früher im Blitz etwas dazu verdient hat, schon vor Jahren gegen die Pokerkarten getauscht. Der 38-Jährige (bisher höchstes Preisgeld 50 000 Dollar) hat sich für den finalen Tisch der World Series of Poker qualifiziert, was ihm, wenn ich dem Posting auf Migs Blog trauen darf, 900 000 Dollar sicherstellt, also ziemlich genau so viel wie Vladi und Vishy, nur dass die in Bonn gerade mal noch den Weltmeistertitel draufsatteln können, Ylon im November in Vegas aber ein paar Milliönchen.

Samstag, 12. Juli 2008

Warum Igor Chenkin nicht ins deutsche Team gehört

Ich hatte es befürchtet. Schließlich hat Igor Chenkin herumerzählt, dass er in der deutschen Nationalmannschaft spielen will. Vor kurzem ist der gebürtige Russe und zwischenzeitliche Israeli eingebürgert worden. In der letzten Ligasaison und den letzten Turnieren hat er sich ein fettes Eloplus angefressen, das ihn auf argumentativ gewichtige 2655 bringt. Nun hat ihn Uwe Bönsch - neben Naiditsch, Fridman, Gustafsson und Baramidze - für Dresden nominiert.

Weil es abzusehen war, habe ich dem Bundestrainer im Juni einige Fragen gemailt. Auch noch ein zweites Mal, als die Antwort ausblieb. Ohne Reaktion. Vielleicht ist meine Mail ja in seinem Spamordner gelandet. (Nachtrag: Bönschs Mailadresse hat sich geändert, so dass er meine Fragen wohl nicht erhalten hat.) Sonst hätte er es mir vielleicht erklären können, warum er seinen langjährigen Tegernseer Mannschaftskameraden (schon dieses Naheverhältnisses wegen hätte die Nominierung nicht kommentarlos erfolgen dürfen) trotz vieler Einwände für geeignet hält und dieser Blogbeitrag wäre wohlmöglich nicht nötig gewesen.

Igor Chenkin gehört nicht in die deutsche Nationalmannschaft und zwar aus einer Reihe von Gründen:
Mit 40 Jahren hat er kein Steigerungspotenzial mehr.
Während seiner kurzen Zeit in Israel hat er wenig Freunde, aber unter denen, die ihm geholfen hatten, einige Enttäuschung hinterlassen.
Bei seinem ersten deutschen Klub, den SF Schöneck, galt er als Abzocker.
Er ist kein Kämpfer, spielt oft kurze Remis.
Er war wiederholt verdächtig, in Partieschiebungen verwickelt zu sein.

Mit Leonid Kritz, der immerhin von der Elo mit 2610 etwa da steht, wo Chenkin noch in der Aprilliste war und mit seiner langfristigen Durchschnittselo der letzten Jahre, gibt es einen jungen und ernsthaft an seinem Schach arbeitenden Profi als Alternative (hier ist ein aktuelles Interview mit ihm). Uwe Bönsch sollte seine Entscheidung rückgängig machen und Kritz nominieren.

Nachtrag 17.Juli: Ein Kommentar zur Nachwuchspolitik von DSB/DSJ aus Sicht von Werder Bremen findet sich hier.

Dienstag, 8. Juli 2008

Onlinepoker vor dem Matt?

Jonathan Schaeffer ist ein Spieler. Und er will die Nummer eins sein. Wenige Wissenschaftler verstehen dies mit ihrer Forschung in Einklang zu bringen wie der 51jährige Kanadier. Mitte der Achtziger war Schaeffer nicht nur ein starker Turnierspieler mit etwa 2200-Stärke, sondern auch einer der führenden Schachprogrammierer der Welt. Als IBM Ende der Achtziger das Deep Blue-Projekt aus der Taufe hob, wandte sich Schaeffer vom Computerschach ab. Er wusste, dass er bei solcher Konkurrenz nicht mehr die Nummer eins werden konnte.

Also widmete er sich dem Damespiel. 1994 wurde sein Programm Chinook zum Sieger eines Matches gegen den führenden 8x8-Damespieler Marion Tinsley erklärt, als der sich wegen eines fortgeschrittenen Krebsleidens zurückzog. Allen anderen Spielern war Chinook hoch überlegen. Schaeffer sprach zwar davon, ein 10x10-Dameprogramm herauszubringen, doch Ruhm war damit keiner zu ernten und es wurde nie etwas daraus. Nun gilt der Computer dem Menschen im Damespiel zu Unrecht als überlegen.

Schaeffer setzte, lange bevor der Onlinepokerboom begonnen hatte, auf Texas Hold´Em. Die Wahrscheinlichkeiten richtig auszurechnen, war nicht das Problem, sondern vernünftig und nicht zu berechenbar Einsätze zu tätigen und im Spiel der Gegner Regelmäßigkeiten zu entdecken. Als ich Schaeffer 1997 am Rande von Kasparows Desastermatch gegen Deep Blue für c´t interviewte, rechnete Schaeffer damit, binnen vielleicht drei, höchstens aber fünf Jahren die führenden Pokerspieler der Welt zu schlagen.

Es hat etwas länger gedauert. Bei einem Schaukampf Ende voriger Woche auf einer Glückspielmesse in Las Vegas hat Polaris, das von einem Team um Matthew Billings und Jonathan Schaeffer geschriebene Pokerprogramm, eine Mannschaft bekannter Pokerprofis mit 3,5:2,5 geschlagen. Polaris trat jeweils in zwei parallelen, aber räumlich getrennten Matches gegen zwei Profis an. Um den Glücksfaktor auszuschalten, bekam Polaris in der Parallelsitzung genau die Karten des Profis und umgekehrt. Knappe Ausgänge wurden als Remis gewertet. Am Ende hatte Polaris drei der sechs Matches gewonnen, die Profis zwei. Während des Matches haben Schaeffers Mitarbeiter fleißig einen Blog gefüllt.

Schon jetzt verwenden Onlinepokerprofis alle mögliche Software, die ihnen Informationen über ihr eigenes Spiel und das ihrer Gegner gibt, oder um die Gewinnwahrscheinlichkeit ihrer Aufnahmekarten zu berechnen. Kommt nun ein extrem spielstarkes Programm wie Polaris auf den Markt, wird sich die Waagschale im Onlinepoker weiter zugunsten dener heben, die den Computer einzusetzen verstehen. Es ist aber auch damit zu rechnen, dass sich das herumspricht, und viele das Interesse am Zocken verlieren.

Deep Blues Sieg mag dem Image des Schachs geschadet haben. Der Sieg von Polaris könnte das ja für seinen Boom aufs Internet angewiesene Poker viel nachhaltiger ändern. Der Boom dürfte vorbei sein.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

close to the resorts...
close to the resorts are http://www.turkish-propert y-world.com/alanya_apartme nt.php...
tpw - 22. Jun, 16:18
Hält man das zusammen...
Hält man das zusammen mit der nunmehr von der Landesschachseite...
racingralf - 11. Aug, 09:43
montages wa maandishi...
Rellstabsstelle- Wakati wa mgomo hewa NATO juu ya...
er78kl - 1. Jul, 10:49
Falsifiziert
Dankenswerterweise hat Michael Knapp sich die Arbeit...
Schachblog rank zero - 6. Dez, 09:46

Besuchen Sie auch

Suche

 

Status

Online seit 6580 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 22. Jun, 16:18

Credits


Impressum
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren