Donnerstag, 17. Januar 2008

Lewon und die Jungs

Wem Caissa so lacht wie Aronjan in Wijk aan Zee, der muss ja vorne landen: Nach dem Geschenk von Topalow hat mein Lieblingsarmenier auch eine sehr heikle Lage im Spitzenduell der vierten Runde gegen Magnus Carlsen überstanden (nachdem Aronjan ein chancenreiches Qualitätsopfer gebracht, aber nicht optimal fortgesetzt hatte). An diesem Donnerstag und Freitag trifft Aronjan auf die beiden Weltranglistenjungs Anand (Kurzremis nach wenig mehr als einer Stunde) und Kramnik (Auslosung hier). Danach hat er praktisch alle Brocken hinter sich und kann sich an das Aufsammeln weiterer voller Punkte machen.

Wer soll Lewon aufhalten? Carlsen hat sein vor dem Turnier im Interview mit Chessvibes genanntes Ziel plus zwei ja schon erreicht. Raschabow schon eher, denn er hat gut begonnen und wirkt sehr frisch (und auch prompt den Eljanowpunkt gescort...). Kramnik ist zielsicher auf plus drei-Kurs, was in Wijk aan Zee wohlmöglich noch nie für Platz eins gereicht hat. Bei Anand läuft bisher gar nichts zusammen, selbst gegen seinen Kunden Adams musste der Weltmeister mit Weiß ums Remis kämpfen. Vielleicht wird es besser, kann ja nur, sobald der oberste Chesstiger Hans-Walter Schmitt eingetroffen ist.

Und was ist mit meinem Vorturnierfavorit Toppy los? Gegen Van Wely versuchte er es mit der Brechstange, wurde frühzeitig angezählt, hat zwar noch zäh Probleme gestellt, den Laden aber letztlich nicht zusammenhalten können. Dem Bulgaren sind zwar in den letzten Jahren einige spektakuläre Aufholjagden in den letzten Runden gelungen, aber Wijk aan Zee ist nicht Sofia.

PS am 18.1.: ...oder vielleicht doch? Toppy hat Gelfand und Leko geschlagen und ist damit nur noch einen haben Punkt hinter Aronjan, der sein Remisendspiel gegen Kramnik nicht halten konnte (77...Kxh6, 100...Ta8), sowie einen Punkt hinter Kramnik und Radschabow sowie eineinhalb hinter Carlsen, der mal wieder gewonnen hat.

Montag, 14. Januar 2008

Der Bart muss ab

Für meine Corusprognose schaut es düster aus. Topalow hat gleich im ersten Spiel gegen Aronjan gelegt. Und das trotz zwischenzeitlich einer Qualität (gossensprachlich: Qualle) mehr. Der Grund ist gewissermaßen offensichtlich (Bilder aus Wijk aan Zee hier). Topalow hat sich wieder ein Bärtchen stehen lassen. 2005 in Argentinien hatte es ihm Glück gebracht, in Wijk bisher nicht. Anders Aronjan, der endlich mal wieder mit (fast) glattem Kinn antritt und zusammen mit (dem noch bartlosen) Carlsen das Feld eineinhalb Punkte vor Toppy anführt. Freilich auch vor den zumindest seit 1990 nicht bärtig in Erscheinung getretenen Anand (ebenfalls eineinhalb Punkte zurück) und Kramnik (ein Punkt zurück).

Schiris einsparen!

Mit den mechanischen Uhren von früher war jedem klar, wie man im Falle einer Reklamation die Uhr anhält. Mit den digitalen Uhren von heute weiß ich das nicht bei allen Modellen. Das ist grob fahrlässig von mir. Schließlich bin ich Bundesligaspieler und sollte genau wissen, wie ich im Falle einer Reklamation die Uhr anhalten müsste. Auf einen neben dem Brett stehenden Schiedsrichter, von dem ich in der deutschen Oberklasse in kritischer Zeitnot zwar aufgehen darf, ist nämlich keinesfalls Verlass.

Zum Beispiel bei der Oktoberrunde in Bindlach: In Laznicka-Fedorchuk war das wilde Zeitnotgezocke völlig unrekonstruierbar, da laut Augenzeugen mehrmals Türme und Springer illegal zogen. Der Schiri meinte nur, ihm sei alles zu schnell gegangen.

Zum Beispiel bei der Novemberrunde in Essen: Bei Siebrecht-Orzech zog ein Läufer von c4 nach b1. Nicht nur illegal sondern auch der Verlustzug. Der Schiri stand daneben und griff nicht ein.

Zum Beispiel bei der Dezemberrunde in Berlin: In Luther-Popovic ließ Luther für einen Minimoment den König auf einem Feld ab, wo ihn eine Springergabel den Turm kosten würde, und zog ihn darauf hin rasch auf ein anderes Feld. Popovic, dem mit wenige Restsekunden ohnehin die Bedenkzeit gefehlt hätte, den ungeahnten Vorteil durchzubringen, fiel zur Reklamation nichts Besseres ein, als ohne Zug seine Uhr zu drücken. Luther drückte seinerseits, dann wieder Popovic, und so ging es vor den Augen des Schiris hin und her, bis Popovics Bedenkzeit abgelaufen war.

Warum haben die Schiedsrichter nicht eingegriffen? Aus Überforderung? Mangels Regelkenntnis? Oder weil sie der Daumenregel folgten, nur einzugreifen, wenn bei einem Spieler die aktuelle Bedenkzeitperiode abgelaufen ist?

Nebenbei bemerkt: Ich ging bisher davon aus, dass ich in technischer Gewinnstellung, wenn ich das Matt nicht rechtzeitig schaffe, noch mit der letzten Sekunde auf der Uhr remis reklamieren kann. Aber was tue ich, wenn der Schiedsrichter die Sache anders sieht oder wenn ich es nicht schaffe, die Uhr zu stoppen...?

Nächstes Jahr wird die deutsche Bundesliga wohl endlich mit 30 Sekunden Bonus nach jedem Zug spielen. Ende Januar dürfte das bei der Ligasitzung in Kassel beschlossen werden. Dass nicht mehr auf Zeit gezockt werden kann ist natürlich das wichtigste Argument. Das zweitwichtigste, dass Schiedsrichter weniger eingreifen müssen und damit auch weniger falsch machen können. Einer genügt leicht, um beide Kämpfe eines Spielorts zu verwalten. Macht fünfzig Prozent Einsparung bei den Spesen für die allzu oft überforderten Herren.

Sonntag, 13. Januar 2008

Garrys liebste Momente

Kürzlich habe ich eine kurze Rezension von Joris Luijendijks feinem Buch über den Mittleren Osten geschrieben. Dabei habe ich erfahren, dass der Niederländer mittlerweile eine Fernsehsendung "Wintergasten" präsentiert, in der er mit Promis über ihre liebsten Filmmomente spricht. Und prompt kommt Garri Kasparow zu Gast. Holländisch-Kenntnisse sind nicht nötig, um die gut eineinhalbstündige Sendung, in der es um Schach, Film und natürlich auch um Politik geht, zu genießen. Hier kann man die Sendung ausschnittsweise noch sehen.

Donnerstag, 10. Januar 2008

Wijk!

Der niederländische Badeort hat Linares längst den Rang als prestigeträchtigstes inoffizielles Turnier (offizielle Seite) abgelaufen. Wenn der neue Eigentümer von Corus, die Stahlgruppe Tata aus der Heimat des Schachweltmeisters, an unserem Spiel keinen Missfallen findet, wird das wohl auf einige Zeit so bleiben.

Ab Samstag brennen in Wijk aan Zee die Bretter. Nur drei der ersten 13 der Weltrangliste fehlen in der A-Gruppe, nämlich Swidler, der in den letzten Jahren oft da war, Schirow, der voriges Jahr Letzter wurde, und Morosewitsch aus mir unbekanntem Grund. Kamsky hätte man nach dessen Weltcupsieg sicher gerne dabei gehabt, aber das illustre und gemittelt 2742 Elopunkte starke Feld stand seit Monaten fest. Selbst das B-Turnier sieht zwei 2700er am Start.

Mein Tipp für den Turniersieg lautet, zumal Anand und Kramnik mit dem Kopf schon bei ihrem WM-Kampf sein werden, Topalow.

Dienstag, 1. Januar 2008

Meine Spieler des Jahres

Den besten Rueckblick aufs vergangene Jahr hat Dirk Poldauf im Schachkalender 2008 bereits abgeliefert. Wer die Spieler des vergangenen Jahres waren, ist nun wieder in der Abstimmung zum von der russischen Zeitschrift 64 zusammen mit der FIDE vergebenen Schachoscar die Frage. So werde ich abstimmen:

1. Anand
Am neuen Weltmeister und Linares-Sieger fuehrt heuer kein Weg vorbei.

2. Kramnik
Souveraene Turniersiege in Dortmund und Moskau, etwas Pech bei der WM in Mexiko, aber sicher zu Recht zusammen mit Anand an der Weltranglistenspitze, verdient der Russe den zweiten Platz.

3. Kamsky
Bescheiden und beharrlich arbeitet der Amerikaner an seinem Comeback, das er mit einem souveraenen Sieg beim Weltcup vorerst kroenen konnte.

4. Iwantschuk
Um die Jahresmitte gewann der Ukrainer ein Turnier nach dem anderen und spielte danach, statt sich auf seinen Elogewinnen auszuruhen, weiter fast ohne Pause, was Punkte kostete, aber zumindest hier nicht die noetige Anerkennung.

5. Topalow
Trotz dem geteilten Ersten in Wijk aan Zee und Last-Minute-Siegen in Sofia und Vitoria war es kein gutes Jahr fuer den Bulgaren, der bei der WM vermisst wurde, aber unter die ersten fuenf gehoert er unbedingt.

6. Morosewitsch
Belebendes Element bei der WM, wo er mit seinem Sieg gegen Kramnik das Zuenglein an der Waage spielte, massgeblicher Beitrag zum russischen EM-Sieg und zum Jahresabschluss Russischer Meister.

7. Schirow
Der unter spanischer Flagge spielende Lette zeigt wieder Killerqualitaeten, z.B. in der vorigen Bundesligasaison oder als Zweiter im Weltcup und steht nun, ich glaube erstmals, verdientermassen ueber 2750.

8. Carlsen
Kuerzlich 17 geworden, auf 2733 geklettert, gehoert der Norweger, auch wenn ein ganz grosser Erfolg fehlt, in diese Liste.

9. Swidler
Allein schon, wie er Russland zu EM-Gold fuehrte, verdient ihm einen Platz.

10. Gelfand
Sein beeindruckender WM-Auftritt ("I play game after game") und sein geteilter zweiter Platz bringen den Israeli unbedingt in die Top Ten.

Dienstag, 25. Dezember 2007

Weihnachtsgeschenk

Seit einer Woche ist es amtlich: Am 12.Oktober, also genau einen Monat vor der Eroeffungsfeier der Dresdner Schacholympiade spielen Kramnik - Anand ebenfalls in Deutschland ihre erste WM-Partie. Austragungsort ist Bonn geworden, wie ich hier und in der FAZ bereits im September berichtet habe. Von einer "freudigen Weihnachtsueberraschung", wie es beim Deutschen Schachbund heisst, kann keine Rede sein. Erfreulich fuer das Schach in Deutschland ohne Zweifel, ein Geschenk fuer den in Sachen WM praktisch nicht engagierten Schachbund durchaus, aber laengst keine Ueberraschung mehr.

Trotz wiederholter Anfragen habe ich vom von mir mehrfach angeschriebenen und angerufenen Veranstalter nun nicht einmal eine Kopie der Pressemitteilung. Egal, ob es nach dem Motto geschah, es liest ja eh jeder Chessbase (PDF), oder ob ich, was mich nicht erstaunen wuerde, persoenlich geschnitten werde, scheint mir das ein merkwuerdiges Verstaendnis von Medienarbeit.

Aber lassen Sie mich aus dem sonderzeichenfreien Vietnam zum Glossieren kommen, denn der Pressetext laesst in einigen Punkten an Aussagekraft zu wuenschen uebrig. Zum Beispiel zum Sponsor. Nirgends ein Hinweis, dass Evonik die alte RAG ohne die Kohlesparte, die nun alleine den alten Namen traegt, ist. Evonik strebt 2008 an die Boerse und kann das Schachevent als Unternehmen, das jaehrlich 14 Milliarden umsetzt, locker alleine stemmen. Den Schaukampf zwischen Kramnik und Deep Fritz Ende 2006 haben die Essener wohl jedenfalls als Erfolg in Erinnerung behalten.

Der Kommentierung bedarf auch die Angabe zum Preisgeld. Vor Steuern ist mal von 1,5 Millionen Euro, mal von 2,1 Millionen Dollar (was beim derzeitigen Kurs nicht mal auf den gleichen Betrag hinauslaeuft) die Rede. Wieder einmal ist der FIDE-Anteil von zwanzig Prozent nicht abgezogen. Und dass sich das deutsche Finanzamt vom Rest noch einmal 25 Prozent einbehaelt, wird auch nicht erwaehnt, wird aber auch bei sonstigen Mitteilungen aus dem Profisport nicht beruecksichtigt. Tatsaechlich steigen Kramnik und Anand meiner Rechnung nach mit jeweils 450 000 Euro netto aus. Immer noch besser als Kramnik und Topalow voriges Jahr mit jeweils 500 000 Dollar brutto, oder Kramnik und Leko vor drei Jahren mit je 500 000 Franken brutto. Zwar laengst nicht so mehr viel wie zu Kasparows Zeiten aber, wie ich meine, durchaus vorzeigbar.

Montag, 17. Dezember 2007

Gata

Vor drei Monaten gab er noch bescheiden einen Platz in den Top Ten als sein Ziel an. Nun trennen Gata Kamsky nur mehr zwei Matches vom WM-Titel. Wer es verpasst hat: noch einmal zum Nachlesen hier mein Mainzer Interview mit dem Comebackkid und Weltcupsieger aus Brooklyn im Original.

Dienstag, 4. Dezember 2007

Mieses Stück

Die russischen Parlamentswahlen am Wochenende waren eine Farce, zumindest laut Garri Kasparow, der Tage zuvor auf einer Demonstration gegen Putin verhaftet worden war und gerade rechtzeitig auf freien Fuß gesetzt wurde, um vor laufender Kamera seinen Wahlzettel zu durchkreuzen. In einem auf dem ORF gezeigten Beitrag über die Putin-treue Jugendorganisation Naschi war dieses miese Stück Politkunst zu sehen:

Kasparovnutte

Der Exschachweltmeister und Oppositionspolitiker als Edelnutte.

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