Freitag, 25. Januar 2008

Auf Regen folgt - Sturm

Auf die hässliche Runde ist in Wijk aan Zee eine fantastische gefolgt! Yesss!

Tragisch Carlsen. Anand riskiert einen Sizilianer, Carlsen bricht die Brücken hinter sich ab, opfert dann voreilig auf f7. Statt b2-b3 war wohl sofort Tc3 stärker. Anand jedenfalls meinte, er wäre überrascht, wenn es nicht irgendwo einen Gewinn für Weiß gibt. 30.Txf5 sah immer noch fett für Carlsen aus, finde ich, doch Anand hat das hinterher vor der Presse nicht erwähnt, sondern meinte, 33.Txf5 genüge für remis, aber ich habe meine Zweifel, wenn Schwarz die Dame gibt... Immerhin gut fürs Finish: Nun kann Anand noch ganz nach vorne kommen, wenn er Kramnik am Sonntag mit Weiß haut. Zumindest dass er es versucht, wird nun erwartet.

Aronjan wiederholt die Partie, die er gegen Gelfand gewonnen hat, mit vertauschten Farben, zertrümmert Van Wely (der sich aber gut gewehrt hat) und übernimmt allein die Spitze - hab ich ja lange vorhergesagt.

Das erwartete Russischremis zwischen Leko und Kramnik ist immerhin ein sehr ansehnliches mit Opfer und Dauerschach. Das lässt man sich schon mal gefallen, auch wenn es wohlmöglich alles Vorbereitung war.

Gelfand wird von Radschabow taktisch ausgekontert. Hätte Radscha (wie voriges Jahr) mehr Königsindisch aufs Brett gekriegt, wäre er vielleicht schon einsam vorne...

Eljanow kann also auch Schach spielen und lässt Polgar wegfliegen.

Topalow findet gegen Mamedscharows Königsinder kein Rezept. Weil auch der sich nicht traut, etwas zu forcieren: remis.

Langweiler der Runde ist das korrekte Remis Iwantschuk-Adams, der Rundenbericht erwähnt eine von Iwantschuk verpasste Chance.

Donnerstag, 24. Januar 2008

Doch nicht neu

Als Tscheparinki 12.Sxf7!? vor drei Jahren analysierte, mag es noch eine Neuerung gewesen sein. Als Topalow es Dienstag Kramnik servierte, war dann erst 13.e5 neu. In Fernschachkreisen kennt man nämlich, wie mir Arno Nickel gerade mitteilte, bereits folgendes wilde Gehacke:

Miron Naccu - Wolfgang Brodda
Fernschacholympiade 2006, Rumänien-Deutschland
1. d4 d5 2. c4 c6 3. Nf3 Nf6 4. Nc3 e6 5. Bg5 h6 6. Bh4 dxc4 7. e4 g5 8. Bg3 b5 9. Be2 Bb7 10. O-O Nbd7 11. Ne5 Bg7 12. Nxf7 Kxf7 13. f4 b4 14. f5 exf5 15. Bxc4+ Ke7 16. Rxf5 bxc3 17. bxc3 Rf8 18. h4 c5 19. dxc5 Qc8 20. Bd6+ Kd8 21.Bb5 Bxe4 22. Bxd7 Qxd7 23. Bxf8 Bxf8 24. Rxf6 Bxc5+ 25. Kh2 Rb8 26. Qxd7+ Kxd7 27. Re1 Bc6 28. Rd1+ Kc7 29. Rf7+ Kc8 30. Rf6 Rb6 31. Rb1 Ra6 32. Rxh6 gxh4 33.Rb2 Be7 34. Rh8+ Bd8 35. Rb4 Kc7 36. Rh7+ Bd7 37. Rc4+ Rc6 38. Ra4 a6 39. Rd4 Rd6 40. g3 hxg3+ 41. Kxg3 Kc6 42. Rxd6+ Kxd6 43. Rh6+ Be6 44. c4 Bb6 45. Kf4 Bc5 46. Ke4 Kd7 47. Rh7+ Kd6 48. Rh6 Kd7 49. Rh7+ Kd6 50. Rh6 1/2-1/2

Diagramm auf Seite eins

Wer heute aufmerksam an seinem Kiosk vorbeigegangen ist, vielleicht sogar die richtige Zeitung schon auf dem Frühstückstisch vorfindet, weiß es längst: Die Donnerstagsausgabe der FAZ hat Topalows 12.Sxf7!? als Bild des Tages auf Seite eins platziert. Für alle, die es nicht glauben, hier das PDF:FAZmachtauf (pdf, 136 KB)

Drinnen im Sportteil, auf Seite 32, steht dann noch ein bisschen mehr über diese im besten Sinne erschütternde Partie, aber nichts, was aufmerksame Beobachter des Turniers in Wijk aan Zee und der exzellenten Berichterstattung bei Chessvibes (ich ziehe ganz tief den Hut) nicht schon wissen.

Ach ja, der Medienlese-Blog fand die Wahl des Diagramms einen geschickten Zug.

Mittwoch, 23. Januar 2008

Der Tag des hässlichen Schachs

Auf eine der interessantesten Runden ist in Wijk aan Zee in der A-Gruppe die eindeutig hässlichste gefolgt.

Es fing schon mal mit einer dreimaligen Zugwiederholung zwischen Eljanow und Iwantschuk an. Immerhin traute sich keiner recht zu reklamieren. Eljanow ließ sich dann einfach überspielen.

Anand und Leko ruinierten ihre Damenflügel, und die Frage, wer schlechter steht, beantworteten sie, indem sie im 19.Zug remis machten.

Lauter Löcher hatte auch Polgars Damenflügel, doch Mamedscharow fiel nichts Besseres ein, als ins Remis abzuwickeln.

Topalow griff überraschend zu 1...e5, misshandelte die Stellung und muss irgendwo kaputt gewesen sein, doch im 42.Zug: remis.

Mausetot war auch Carlsen gegen Van Wely, der sich in Zeitnot betrügen ließ und dem Wunderjungen die Tabellenführung auf dem Silberteller servierte.

Die positionellen Feinheiten zwischen Kramnik und Gelfand sind bei mir verloren. Für meine Augen war das ein hilfloses Gestackse, in dem der Weltranglistenerste nie etwas Greifbares hatte.

Noch am korrektesten ging es zwischen Adams und Aronjan zu. Bevor alles in ein totausgeglichens Endspiel abgetauscht wurde: remis.

Von den anderen Gruppen sei nur aus dem Seniorenturnier Timman - Ljubojevic erwähnt, wo der Niederländer Topalows 12.Sxf7 wiederholte, aber nachdem sein Gegner Topalows Empfehlung 17...Thg8 folgte, nichts mehr fand. Unterhaltsam für die Zuschauer mag das folgende Gehacke gewesen sein, doch mit korrektem Schach hatte es wenig zu tun (Ljubojevic gewann hoch).

Dienstag, 22. Januar 2008

Warum ich (unverändert) auf Aronjan setze

Er hat das leichteste Restprogramm der Führenden:

Aronjan 5,5/9
W Van Wely, Iwantschuk
S Adams, Polgar

Carlsen 5,5/9
W Radschabow, Anand
S Kramnik, Van Wely

Kramnik 5/9
W Gelfand, Carlsen
S Leko, Anand

Anand 5/9
W Kramnik, Leko
S Carlsen, Van Wely

Radschabow 5/9
W Topalow, Leko
S Gelfand, Carlsen

...und nach seinem gelungenen Bluff gegen Kramnik (dass 12.Sxf7!? in zwei Jahren noch gespielt wird, glaube ich nicht) dank einiger schlagbarer Gegner auch noch im Rennen:

Topalow 4,5/9
W Mamedscharow, Adams
S Radschabow, Eljanow

PS: Bei der hohen Remisquote ist bemerkenswert, dass Topalow mit Abstand das kämpferischste Resultat hat: In neun Runden nur drei Remis. Carlsen und Aronjan haben je fünfmal, alle anderen mindestens sechsmal remisiert, Iwantschuk sogar alle neune.

Montag, 21. Januar 2008

Die Gleichgesichter

Gleich die Hälfte des Felds von Wijk aan Zee trifft sich schon kurz darauf wieder ab 15.2. im mexikanischen Morelia mit Rückrunde im spanischen Linares in der ersten Märzwoche bis 7.März, nämlich Anand, Iwantschuk, Topalow, Leko, Radschabow, Aronjan, Carlsen (dazu kommt Schirow).

Im März geht es dann weiter zum Blind- und Schnellschach nach Monte Carlo Nizza. Ich habe die Teilnehmerliste nicht (sie findet sich inzwischen auf TWIC), aber Anand, Kramnik, Leko, Topalow, Aronjan und Iwantschuk dürften ziemlich sicher dabei sein. Und ich vermute mal, dass Carlsen auf der Wunschliste der Organisatoren ganz oben steht (er ist dabei - siehe unten).

Immerhin vier, die auch schon in Wijk aan Zee, Morelia und Linares gegeneinander angetreten sein werden, setzen dann im Mai in Sofia, wiederum doppelrundig, ihre interne Konkurrenz fort, nämlich Topalow, Iwantschuk, Aronjan und Radschabow (ergänzt dort durch Tscheparinow und Bu).

Macht eine Menge kleiner Privatmatches innerhalb von vier Monaten an vier bis fünf Schauplätzen.

Sonntag, 20. Januar 2008

Keine Handschlagqualität

Nigel Short hat in Runde acht des Corusturniers in Wijk aan Zee in der B-Gruppe die kürzeste Partie seines Lebens gewonnen. Weil sein Gegner nicht am Brett war, eröffnete er mit 1.e2-e4. Iwan Tscheparinow kam ein paar Minuten später, zog 1...c7-c5 und starrte demonstrativ zur Seite, als Short ans Brett zurückkehrte und ihm die Hand entgegen hielt. Als der Engländer, der den Vorfall im Chessvibes-Video schildert, mit dem Bulgaren Augenkontakt herstellte, streckte er die Hand noch einmal aus. Tscheparinow machte keine Anstalten und wurde von Schiedsrichter Thomas van Beekum genullt, so die offizielle Website, allerdings erst, nachdem Short selbst den Schiedsrichter explizit auf eine neue Regelung aufmerksam machte. (ein Video des Vorfalls)

Grundlage ist eine Regel, die der FIDE-Vorstand im Juni 2007 beschlossen hat, der zufolge das Verweigern eines Handschlags in offiziellen FIDE-Wettbewerben mit dem Partieverlust zu bestrafen sei. Es gibt aber gleich drei gute Argumente, warum der Corus-Schiedsrichter über das Ziel hinaus geschossen ist:
1. Änderungen der Schachregeln werden nicht vom FIDE-Vorstand sondern von der FIDE-Generalversammlung beschlossen. Das ist bisher nicht geschehen.
2. Das Corusturnier ist kein offzieller FIDE-Wettbewerb.
3. Eine Information, dass die Verweigerung des Handschlags im Corusturnier zum Partieverlust führt, ist in Wijk aan Zee meines Wissens nicht gegeben worden. Daher hätte der Schiedsrichter Tscheparinow zunächst verwarnen und ihn auf den drohenden Verlust der Partie aufmerksam machen müssen, bevor er ihm den Punkt aberkennt.

Die Entscheidung des Schiedsrichters war voreilig, die Tscheparinows, oder vielmehr seines Mentors Silvio Danailow ist dagegen vor allem eines, nämlich grob unsportlich. Wie Short im Interview mit Chessvibes anmerkte, haben dem bulgarischen Team einige seiner Anmerkungen (wohl vor allem diese gegenüber einer indischen Zeitung - von der Short sich allerdings distanziert hat, siehe seine Mail an Danailow hier http://www.veselintopalov.net/article/nigel-short-and-false-publications) zu den Vorfällen zwischen Topalow und Kramnik in Elista nicht gepasst, weshalb sie diese kalkulierte Provokation brachten. Shorts freie Meinungsäußerung auf diese Weise zensieren zu wollen, ist gelinde gesagt, stillos. Und außerdem noch miserable PR, weil das dumme Verhalten von Danailow nun wieder ein Thema ist.

Wer auf der von Danailow initiierten Seite Chessdom über den Vorfall liest, merkt aber, dass Tscheparinows Verhalten vor allem dazu diente, die von Danailow bereits seit Tagen angekündigte Verweigerung des Handschlags zwischen Topalow und Kramnik in ihrer Begegnung am Dienstag abzusichern. Der brave Sekundant, der so viele Neuerungen für Toppy ausgekocht hat, muss damit auf neue Weise herhalten.

Das harte Durchgreifen des Corusschiedsrichters lässt sich aber auch darauf deuten, was der Veranstalter von den beiden Exweltmeistern am Dienstag erwartet, nämlich einen sportlichen Handschlag vor und nach ihrer Partie.

Von bulgarischer Seite wurde der erwartete Protest vorgelegt.

(Ergänzung 23 Uhr) Das Spielergericht (Kramnik, Polgar, AdamsKrasenkow) hat am Abend entschieden, dass die Partie, unter der Bedingung, dass sich Tscheparinow bei Short bis Montag 11 Uhr entschuldigt (ist passiert), am spielfreien Montag neu angesetzt wird. (Nachsatz: Short hat diese Partie verdient gewonnen.)

Beim Nachspielen von Topalows Niederlage gegen Anand werde ich das Gefühl nicht los, dass der Bulgare unter dem Eindruck des Skandals um seinen Sekundanten unter seinen Möglichkeiten gespielt hat. Nach Anands Pressekonferenz zu schließen dürfte es sich aber im Bereich von weniger Zähigkeit als möglich bewegen, denn Schwarz scheint echte Probleme zu haben.

Und die Geschichte hat noch einen weiteren Twist. Nachdem 1996 die Umstände eines Turniers im mazedonischen Strumica, in dem Asmaiparaschwili mehr als 40 Elopunkte gewonnen hatte, bekannt wurden, haben ihm einige Spieler, darunter Schirow, den Handschlag verweigert. Der ethisch herausgeforderte Georgier gehört inzwischen seit vielen Jahren zu Iljumschinows engsten Vertrauten und hat den Handschlagparagraphen als FIDE-Vorstandsmitglied mitbeschlossen.

Samstag, 19. Januar 2008

Was die Spieler zu Fischers Tod sagen

Die Zeitungen sind voller Agenturmaterial und x-mal bekannter Fakten und auch schauriger Schmierfinkeleien. Was einige der führenden Spieler (darunter Anand, Judit Polgar, Adams, Gelfand, Radschabow...) zu Fischers Tod sagen, hat Macaulay Peterson in einem feinen, fast 14 Minuten langen Video aufgearbeitet. Der Höhepunkt ist Anands Bericht von ihrem Treffen in Reykjavik vor zwei Jahren.

Nicht verpassen! Höchstes Lob an Macaulay!

PS Einen exzellenten Fischer-Nachruf habe ich gefunden. Nicht in der deutschsprachigen Presse sondern beim britischen Guardian von Len Barden.

Freitag, 18. Januar 2008

Lebenserwartung von Weltmeistern

Das ungesunde Leben auf der Flucht im allgemeinen und seine Nieren im besonderen haben Bobby Fischer am Donnerstag in Reykjavik für immer mattgesetzt. 64 Jahre mögen für einen Schachspieler ein passendes Alter sein, aber es ist sicher kein biblisches. Fischer ist der neunte verstorbene Schachweltmeister. So alt sind sie geworden:

Wilhelm Steinitz 64
Emanuel Lasker 72
José Raul Capablanca 53
Alexander Aljechin 53
Max Euwe 80
Michail Botwinnik 83
Misha Tal 55
Tigran Petrosjan 55
Bobby Fischer 64

64 ist also nicht mal besonders jung für einen verstorbenen Schachchamp sondern entspricht ziemlich genau ihrem bisherigen mittleren Sterbealter. Ich schätze, ihre jeweilige statistische Lebenserwartung in dem Alter, als sie Weltmeister wurden, dürfte im Schnitt um mindestens fünf Jahre höher gewesen sein. Das schaut mir, trotz der statistisch viel zu kleinen Stichprobe, nach einem erschreckenden Befund aus. Etwa auch verglichen mit Nobelpreisträgern, die die gemittelte Lebenserwartung anderer Wissenschaftler signifikant übertreffen. Und zum Glück gibt es ja auch noch jene, die die Statistik durch längeres Nichtableben noch geraderücken können wie Spasski, der Ende Januar 71 wird, und den 86jährigen Smyslow.

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