Montag, 17. August 2009

Mein Abend mit der Schummel-Lina

Es ist nicht vorbei, bevor es vorbei ist. Sage und schreibe sechs Züge, die zum Gewinn führen, hatte ich heute in der dritten Runde des Wiener Opens zur Auswahl. Ich spielte den siebten, der zwar einen Bauern in eine Dame umwandelt, aber auch eine Gewinnstellung in eine verlorene.

Schummellina

42...Td1 und 42...Kd8 gewinnen am einfachsten. 42...Tf1 ist umständlich, gewinnt aber auch. Nach 42...b2 und 42...Te1+ gibt es technische Schwierigkeiten mit Dame und Bauer gegen Turm und zwei Bauern, aber sollte auch reichen. Sogar 42...Tb2 gewinnt. Nur das von mir ausgeführte 42...c1D?? nicht. Im Gegenteil. Nach 43.f6+ Kd8 44.Txc1 verliert 44...Txc1 45.f7 sofort. Ich probierte 44...Tb2+ 45.Kf3 Kxd7 46.Te1 Tc2 47.Te7+ Kd6 48.Txh7 Ke6 49.Tb7 Tc3+ 50.Kf4 Kxf6, doch das war, auch wenn ich nicht mehr in der Lage war, den härtesten Widerstand zu leisten, nicht mehr zu halten.

Welch eine Schmach. Die ganze Partie über hatte meine Gegnerin keinen starken Zug gemacht, doch den Rest spielte sie tadellos, das russische Fräulein Schumelina. Bei dem Namen hätte ich gewarnt sein müssen: Schummel-Lina.

Statt endlich einen elostärkeren Gegner kriege ich nun selbst im günstigsten Fall mindestens zwei, eher drei weitere schwächere Gegner. Ein sportlich herausfordernder Eloschnitt ist praktisch kaum mehr drin. So bleibt mir nur noch, auf Preisgeld zu spielen. Sobald ich nicht mehr auf sieben Punkte kommen kann, melde ich mich ab. Dann wäre zumindest das versaute Turnier für mich vorbei, bevor es für die anderen vorbei ist.

Freitag, 14. August 2009

Zehn billige Vergnügungen in Wien

Damit die auswärtigen Besucher des Wien-Opens nicht wieder glauben, zu einem Wien-Besuch gehöre zwingend Riesenradfahren, Wiener Schnitzel essen und in Kaffeehäusern Kaffee trinken gehen, sei hier klar gesagt: Das sind alles No Nos, die sie als dumme Touristen entlarven. So gestalten sie die Woche richtig:

1. Abhängen vorm Rathaus
Also direkt vor dem Spielsaal spielt es sich wie jeden Sommer ab. Fress- und Bierstandeln einer nach dem anderen und ab 20.30 Uhr jeden Tag ein Musikfilm, überwiegend Klassik. Freier Eintritt. Hier das Programm.

2. Chillen auf dem Badeschiff
Zwischen Schwedenplatz (U1 und U4) und Urania am Donaukanal hat es angelegt. Die Dämmerung, also so zwischen 20 und 21 Uhr, ist die optimale Zeit für ein unvergessliches Bad (ab 16 Uhr: 4 Euro). Man kann aber auch hinterher oder sowieso einfach nur was trinken.

3. Schwimmen gehen
...ist in Wien auch sonst metropolenmäßig vom Feinsten. Alte Donau, Kritzendorf umsonst, oder gegen Eintritt Gänsehäufel, Stadionbad, Krapfenwaldbad oder auch das Schönbrunnerbad. Außerdem haben Open-Teilnehmer freien Eintritt in der Therme Oberlaa.

4. Eis schlecken
ist in Wien sehr empfehlenswert, egal ob am Schwedenplatz, in der Tuchlauben, am Hohen Markt oder außerhalb des Zentrums beim Tichy am Reumannplatz oder Enrico in der Erlaaer Straße - aber Achtung: abgerechnet wird gewöhnlich nicht nach Kugeln sondern nach der Größe des Hörnchens oder Bechers. Weil Wiener Eis schnell schmilzt, sind nicht so schnellen Schleckern die Becher empfohlen.

5. Staunen über das künftige Wiener Schachzentrum
Mit der U-Bahn zum Endhalt der Linie 2 Stadion und dann noch zwei Minuten zu Fuß auf die linke Seite des Happel-Stadions: der grüne, zweistöckige Flachbau zwischen Stadion und Hochbahntrasse wird Beginn 2010 zum Mittelpunkt des Wiener Schachlebens und mit sage und schreibe 450 qm Nutzfläche eines der größten Schachzentren weltweit.

6. Bücherstöbern in der Schachschule Wien
Der freundliche, große Buch- und Seminarladen in der Staudgasse 7 in Währing (acht Minuten von U6 Michelbeuren) ist eine reichhaltige Alternative zum ebenfalls sicher reichhaltigen Büchertisch Michael Ehns beim Open.

7. Open-Air-Kino
Gratis und draußen und ansprechend programmiert sind die Vorstellungen des Volxkinos auf diversen Plätzen (zum Programm). Man kann aber auch im Augarten (U2 Taborstraße)

8. Samstag am Brunnenmarkt
Nicht am Naschmarkt sondern am Brunnenmarkt in Ottakring (U6 Josefstädter Straße) und zwar am westlichen Ende, wo die Bauern ihre Stände haben, kann man die besten kulinarischen Mitbringsel erwerben: Kürbiskernöl, Geselchtes, Mangalizaschweinereien. Am Markt hat auch der weltberühmte Spezialist für Marmeladen und Eingelegtes Staud sein Hauptgeschäft.

9. Noch ein Samstagstipp: Ins MAK
Das ist nämlich der Eintritt-frei-Tag im vielseitigen Museum für angewandte Kunst (U3 Stubenring).

10. Bergwandern
Die gemütliche Tour geht vom U4-Endhalt Heiligenstadt mit dem Bus auf den Kahlenberg mit herrlichem Blick über Wien und diversen Heurigen am Ende eines Spaziergangs. Die harte Tour geht gegen sechs Uhr früh mit Zug oder Auto Richtung Payerbach und auf die knapp über 2000 Meter hohe Rax. Wer bergab die Gondel nimmt, kann man bei Rundenbeginn um 17 Uhr locker im Rathaus sein.

Bereiten sich Journalisten eigentlich vor, Herr Gerwien?

Gehst Du zum Steinbrück, vergiss das Googeln nicht. Hätte STERN-"Autor" Tilman Gerwien diese simple Journalistenregel befolgt, wäre sein Interview mit dem Finanzminister zu seinem Hobby interessanter ausgefallen. So hätte er Steinbrück durchaus auf den Zahn fühlen können, was er Evonik (und Gazprom?) fürs Sponsern der Kramnik-WM versprochen hat.

Mittwoch, 12. August 2009

Werben mit Schach

Werbung mit Schach ist meistens alles andere als lustig. Hier ein (für mich jedenfalls) neuer Versuch (Youtube). Und bitte etwas Geduld.

Bilbao Redux

Bereits vorigen Freitag wurde bekannt, dass das Finale der Grand Slam-Serie unabhängiger Spitzenturniere (Nanking, Wijk aan Zee, Linares, Sofia) Anfang September in einem Glaskasten auf Bilbaos Plaza Nueva ohne Topalow stattfinden wird. Ausgerechnet der Schützling des Initiators der Serie, Silvio Danailow, ist damit ausgestiegen. Topalow gebe seiner WM-Vorbereitung den Vorzug, hieß es in der offiziellen Mitteilung. Dass auch wirtschaftliche Gründe im Spiel seien, wurde immerhin angedeutet.

Wie sehr der Preisfonds eingedampft wurde, steht allerdings noch nirgends. Nach imposanten 400 000 Euro für sechs Spieler und zehn Runden im vorigen Jahr, teilen sich die vier Teilnehmer heuer gerade noch 110 000 Euro (20 000 sind jedem garantiert, dazu 15 000/10 000/ 5 000 für die ersten drei). Wobei freilich nach einer hier schon früher gemeldeten Reduktion des Spielplans nur noch sechs Runden zu absolvieren sind.

Den Platz Topalows (der selbst in Nanking ohnehin bald wieder am Brett sein wird) nimmt übrigens der Spieler der Stunde ein: Lewon Aronjan, in den letzten Monaten Sieger in Naltschik, Nizza, Mainz, dazwischen auf Urlaub in Australien und nach drei Runden beim laufenden FIDE-Grandprixturnier in Dschermuk auch dort mit an der Spitze.

Dienstag, 11. August 2009

Freitag vorm Wiener Rathaus

Am Samstag beginnt das Sommeropen mit dem wahrscheinlich schönsten Spielsaal. Der Auftakt findet bereits am Freitag ab 17 Uhr unter freiem Himmel bei laut Vorhersage schönem Wetter vor dem Wiener Rathaus statt. Wiens stärkster Großmeister Davit Shengelia, Staatsmeisterin Tina Kopinits und die drittplatzierte Veronika Exler werden simultan spielen. Wo derzeit jeden Abend ab 20.30 Uhr ein Klassikfilm gezeigt wird, werden dreimal zwanzig Schachbretter aufgebaut sein. Weil es noch nirgends steht, steht es nun hier. Der Schachblogger weiß es, weil er die Vorstellung moderieren wird.

Für Open-Teilnehmer sollte es möglich sein, sich da zu registrieren. Bier, Wein und Speisen verschiedener Art sind an den umgebenden Standeln zu kriegen. Hinweis für aus dem Ausland anreisende Gäste: Samstag ist ein Feiertag (Maria Fahrinhimmel).

Samstag, 8. August 2009

Wie überflüssig ist das Damenproblem?

Das Schachspiel verschafft nicht nur uns, die Schach spielen, Ablenkung von der Wirklichkeit, sondern auch Mathematikern eine Reihe anscheinend ausreichend interessanter Probleme. Das vielleicht bekannteste lautet, wie viele Möglichkeiten es gibt, eine größtmögliche Zahl Damen auf einem Brett anzuordnen, ohne dass sie einander schlagen können. Die Fachwelt kennt es unter dem Namen Damenproblem (Wiki-Eintrag).

Auf unseren 64 Feldern gibt es 92 Lösungen, acht Damen ohne gegenseitige Schlagmöglichkeit anzuordnen. Nun ist das schon seit 1850 bekannt. Kürzlich haben Dresdner Mathematiker Computerwissenschaftler die Lösung für ein 26x26-Felderbrett errechnet (wen´s interessiert: 2 789 712 466 510 289, also mehrere Billiarden). Fast ein halbes Jahr haben sie und ihre Computer (und, wie Permanent_Brain anmerkt, anscheinend auch die vernetzten Heimcomputer von Computerzeitspendern) daran herum getan. Die entsprechende Meldung auf dem Heise-Ticker reizte eine Vielzahl von Lesern zu Kommentaren, von denen wiederum viele sich darüber ereiferten, dass sich die immerhin staatlich alimentierten Wissenschaftler nicht realitätsnäheren Problemen widmeten. Gerechtfertigt haben sie sich, etwa für diesen überflüssig in die Länge gezogenen Artikel in der Berliner Zeitung (auch Journalisten haben offenbar ein Realitätsproblem), damit, dass es um die Entwicklung spezieller Prozessoren (FGPA) und einen aussagekräftigen Test von deren Leistungskraft gegangen sei. Dass aber schon die Lösung für das 25x25-Felder-Brett vor fünf Jahren vom gleichen Institut kam, deutet schon darauf, dass auch diese Mathematiker Forscher mal einen Reality-Check bräuchten.

Keine Diskussion mehr, es wird kooperiert

Endlich schwant dem Schachblogger, warum seine Leser hier nicht Hunderte von Kommentaren hinterlassen. Sie wollen verhindern, dass dem Schachblog der Erfolg ins Gesicht geschrieben steht und damit das Gleiche passieren könnte wie dem vielleicht meistgelesenen Schachforum Schachfeld. Gestern leakte dort, dass die Plattform, die einst die nicht immer kundenfreundlichen Methoden von Chessbase ans Licht brachte, künftig aus geschäftlichen Gründen mit genau diesem Hamburger Softwarehaus zusammen arbeitet. Wie die rasch entsponnene Diskussion über die Folgen dieser Kooperation zeigt, fürchten Forumsteilnehmer Schlimmes. Sogar das Ende des Forums wird beschworen. Diesem Thread droht wohl das gleiche Schicksal wie dem Klassiker "Der Sysop von Chessbase": tausendfach kommentiert, mehr als sechzigtausendfach aufgerufen, und nun auf Drängen aus Hamburg gelöscht.

Keine Sorge. Der Schachblog wird eher geschlossen, als dass er Geld von Chessbase nimmt.

Samstag, 8. August 2009

The only game

Das einzige Spiel, das er je lieben wird, sei Schach, singt dieser Youtube-Virtuose und das geht nicht, ohne auch seine tiefe Liebe für die Sizilianische Eröffnung zu dokumentieren und Ignoranten, die Springer als Pferde bezeichnen, das Damespiel zu empfehlen (zuerst gesehen im Blog des Closet Grandmaster).

Kaukasischer Kreis

Drei Aserbaidschaner nehmen am Grandprixzyklus der FIDE teil. Da müsste es doch mit dem Teufel zugehen, wenn dem ursprünglich in Elista vorgesehenen, aber später nach Armenien verlegten fünften von sechs Turnieren keiner von ihnen zugeteilt worden wäre. Doch auf der Starterliste in der Sommerfrische Dschermuk, wo (Armeniens Großmeister vor ihren Olympiadesiegen 2006 und 2008 Kraft tankten und) ab Sonntag gespielt wird, steht keiner von ihnen.

Ach, ist ja auch klar: Aserbaidschan unterhält mit Armenien keine diplomatischen und möglichst auch sonst keine Beziehungen. Beim Grandprixauftakt in Baku durfte Aronjan (der die besten Chancen auf den Gesamtsieg hat) ja auch nicht mittun. Aber wer wurde da von der Teilnehmerliste gestrichen? Die FIDE wahrt Stillschweigen, und das gilt auch für alle Vorberichte, die ich gesehen habe. Die ursprüngliche Zuteilung ist von den offiziellen Seiten verschwunden. Auch das ist verständlich wegen der peinlichen Rückzüge (Carlsen, Adams) und Rausschmisse (Pelletier, Al-Modiakhi, Navara). Anhand der Grandprixvorschau bei Chessvibes lässt es sich aber rekonstruieren: Gaschimow wurde von der Liste genommen, statt ihm spielt in Dschermuk nun Eljanow Tscheparinow. Verständlich ist auch die Zustimmung des Ukrainers Bulgaren (Nachtrag: außerdem wird, wie Grandprix-Direktor Geoffrey Borg mitteilt, Wang Yue durch Tscheparinow ersetzt). Wer weiß jetzt schon, wann, wo und ob das sechste Grandprixturnier, wo sein Platz nun dem Aserbaidschaner zusteht, überhaupt stattfinden wird.

Gegen Nulltoleranz regt sich Widerstand

Die Gängelei durch die überflüssige neue Pünktlichkeitsregel wird nicht allerorten hingenommen. Die Oberligisten im deutschen Norden haben sich nach dem Vorbild der vom Deutschen Schachbund in der Spielordnung unabhängigen Ersten Bundesliga auf eine Karenzzeit von dreißig Minuten verständigt und auch erhalten. Die unter die Zuständigkeit des DSB fallenden Zweitligisten im Norden fordern nun das gleiche. Auch die Zweitligisten der Ostgruppe sind sich einig: Null Minuten ist bei Kämpfen, zu denen über teils Hunderte von Kilometern angereist wird, Wahnsinn, dreißig Minuten sind adäquat. Auffällig ist, dass anscheinend kein einziger Verein der genannten Ligen die von dem Spiel entfremdeten Funktionären eingeführte Nulltoleranz haben will.

Dienstag, 4. August 2009

Die Ranglisten der Bundesliga sind da

Die Aufstellungen der deutschen Bundesligisten der neuen Saison (hier noch die alten) sind eingetroffen (BL-Ranglisten (xls, 66 KB) / hier nun online) und beantworten einige gestellte und ungestellte Fragen.

1. Wo bleiben die Tegernseer? Fünf erstklassig
Wolokitin spielt wieder für Katernberg, Bönsch und Stangl wieder (wie bis 1995) für Bayern, wo auch Bromberger untergekommen ist, Teske bei Remagen. Zumindest nicht mehr überregional spielen Hertneck, Kindermann, Ribli und Gross.

2. Wo bleiben die Kreuzberger? Nur Lieschen im Oberhaus
Pähtz hat mit Eppingen als einzige einen Erstligaverein gefunden. Nur Tischbierek und Figura (neues Brett eins) und Schilow bleiben nach dem freiwilligen Abstieg. Kalinitschew spielt für Zehlendorf. Nicht mehr überregional aktiv sind Luther, Richter, Shengelia, Sargissian, Socko, Maximenko.

3. Wo wir schon bei den Frauen sind, wie viele sind gemeldet? Fünf Sechs
Das könnte Bundesligarekord sein. Pähtz und Musitschuk bei Eppingen, Cramling bei Emsdetten, Hoolt bei Katernberg, Schöne bei Erfurt und (in der ersten Fassung vergessen) Skripchenko bei Werder.

4. Welche Bretter haben unser Nationalspieler? Niedrigere denn je.
Gustafsson hat bei Baden-Baden gerade mal Ranglistenplatz 13 abgekriegt, Naiditsch kommt beim alten und designierten neuen Meister gerade noch Platz 8. Meier ist bei Werder auf Rang 7 gemeldet. Fridman bei Mülheim-Nord auf Rang 6. Baramidze rankt als Nummer 4 beim HSK am höchsten. Bundesuwe Bönsch kommt bei Bayern immerhin an 5. Chenkin hat gar keinen überregionalen Verein.

5. Und Kritz? Fehlanzeige
Nachdem der von Bönsch vor der Olympiade Ausgemusterte vorige Saison bei Werder nicht zum Einsatz kam, weil er in der USA studiert, ist er nun gar nicht mehr gemeldet. Er bleibt aber Werder als Mitglied verbunden.

6. Wo spielen die alten Recken? Tief, sehr tief.
Jussupow ist bei Solingen weiter nach unten gerutscht, nämlich auf Rang 7. Ftacnik findet sich beim HSK sogar erst auf Nummer 9. Hübner ist bei Remagen von 7 auf 6 vorgerückt.

7. Und wer fordert die Jugend? Wenn überhaupt dann Emsdetten.
Die Emsländer lassen Giri am Zweiten spielen. Dagegen stuft Eppingen Braun von 2 runter auf 8 und Bindrich von 6 runter auf 9.

8. Wer wird Meister? Baden-Baden
Zwölf Leute über 2670 plus Gusti, Dautow, Schlosser - das wird zu 85 Prozent ausreichen. Mülheim oder Werder bräuchte einen Lauf und einen guten Tag gegen Baden-Baden. Kann passieren, wahrscheinlich ist es nicht.

9. Wer steigt ab? Endlich eine Frage!
Tegel ist zu schwach. Aber allen anderen ist es zuzutrauen. Die halbe Liga muss sich vorsehen. Es verspricht spannend zu werden.

Hickls Welt

Inzwischen habe ich die Nullnummer von Jörg Hickls neuer Zeitschrift „Schachwelt“ (PDF: Achtung 11 MB) durchgesehen. Den hier im Blog schon erschienenen Leserkommentaren möchte ich nur das zufügen: An Raj Tischbiereks und Dirk Poldaufs „Schach“ reicht die neue Zeitschrift nicht heran. Das will sie aber auch nicht. Ihre Kernzielgruppe sind eindeutig nicht die aktivsten Spieler über 2000 Elo, sondern Hobbyspieler, die etwas lernen und niveauvoll über Schach unterhalten werden wollen, ohne spieltechnisch überfordert zu werden. Freilich wollen und sollen auch sie als Leser über die Interessen der Autoren im Bilde sein.

Der eklatanteste Fall in der Nullnummer ist eine euphorische Vorschau von Gerald Hertneck auf das Open in Bad Wiessee, das heuer nach langem wieder von Horst Leckner verantwortet wird. Leckner war vorher der Money Man des TV Tegernsee, bei dem sich Hertneck in den letzten mehr als zehn Jahren etwas zuverdient hat. Unter dem Stück steht dann auch eine von Leckner geschaltete Anzeige. Und wer genau hinsieht, erkennt auch Hertnecks Text als solche gekennzeichnet.

Wenig subtiler ist ein ausführlicher Fotobericht eines Teilnehmers über eine von Hickl selbst organisierte Schachreise nach Indonesien. Da hätte gut Eigenanzeige oder In eigener Sache drüber stehen können. Artur Jussupows Beitrag ist auch nicht ganz uneigennützig, sondern wirbt für die von ihm wesentlich mitgestaltete Chesstiger-Schachschule. Bei Sebi Siebrechts Bericht von den Dortmunder Schachtagen (der gegenüber Poldaufs toller Rückschau in „Schach“ abstinkt) wäre ein klarer Hinweis angebracht gewesen, dass er vom Veranstalter in Dortmund als Kommentator bezahlt wurde. Eine Anzeige für Schachbücher (von deren Vertrieb "Eurochess", vulgo Stamer) habe ich entdeckt. So sieht es nicht nach Zufall aus, dass genau Titel der beworbenen Reihe („Gefährliche Waffen“) im Rezensionsteil besprochen werden, wobei zumindest eines davon als für Vereinsspieler wenig geeignet beurteilt wird.

Interessenkonflikte sind in unserer relativ überschaubaren Schachszene kaum zu vermeiden. In einem redaktionellen Produkt gehören sie nicht verschwiegen sondern transparent gemacht. In diesem Sinne: ich schreibe für die „Schach“ (die auch nicht alle Interessenkonflikte immer offen legt) und in der nächsten, dann auch gedruckt erhältlichen Ausgabe der „Schachwelt“.

Montag, 3. August 2009

Feiner Zug von Aronjan

Mainz ist weitgehend an mir vorbeigegangen, weil ich einen guten Teil der letzten Woche auf diversen Bergen verbracht habe. Bei einer kurzen Durchsicht der erschienen Berichte kann ich nirgends etwas über die besondere Rolle entdecken, die Lewon Aronjan bei dem Festival gespielt hat. Ich meine nicht seinen Sieg im Schnellschach-Vierkampf und damit inoffiziellen Schnellschach-WM-Titel. Auch nicht sein knappes Scheitern im Finale des Fischerschach(auch Chess960 genannt)-Vierkampfs. Sondern dass Aronjan dafür gesorgt hat, dass das Grandprixturnier in Jerewan, das eigentlich schon hätte beginnen sollen, nach hinten verschoben wurde. In Armenien werden die Wünsche des Spitzenspielers und zweimaligen Goldgewinners gerne erfüllt. So konnte nicht nur der Wahl-Berliner selbst einmal mehr an einem seiner Lieblingsturniere teilnehmen. Auch einige weitere Grandprixspieler wie Gaschimow und Bacrot konnten nach Mainz kommen. Feiner Zug von Lewon.

Eine neue Dimension der Absprache

Die meistbeachtete Partie eines Großmeisterturniers kürzlich in Berlin war keine. Zumindest keine am Brett ausgetragene. Lieschen Pähtz und Schach-Herausgeber Raj Tischbierek, ehemalige Trainingspartner und seit langem freundschaftlich verbunden, hatten keine Lust und gönnten sich mit dem zwölfzügigen Sam Loyd-Patt bei vollem Brett eine Ruhepause.

Wäre zumindest einer der beiden Beteiligten am betreffenden Tag krank oder aus wichtigem Grund verhindert gewesen, hätte ich ja nichts auszusetzen gehabt. Tischbierek reagiert in der Augustausgabe seiner Zeitschrift auf die zum Teil im Ton vergriffenen Reaktionen im Internet und nennt seine Beweggründe: Doppelbelastung Arbeit-Turnier, aber auch eine Diskussion anzuregen. Weil er kein Starthonorar erhalten habe, fühlte er sich ferner nicht verpflichtet, in sämtlichen Runden das Verbot von Remisvereinbarungen vor dem 40.Zug einzuhalten. Dass das durchschnittliche Preisgeld pro Spieler immerhin mehr als 500 Euro betrug, erwähnt er allerdings nicht. Wenigstens hatten Pähtz und Tischbierek ihre aufmerksamkeitsträchtige Aktion nicht vorher mit dem Schiedsrichter (der sie denn auch zuerst nullen wollte) abgesprochen und beide mit dem Kampf um den Turniersieg nichts zu tun.

Eklatanter ist der Fall der Spitzenpartie der letzten Runde der Österreichischen Meisterschaft, die am Sonntag in Jenbach endete. Eigentlich waren Remisgebote vor dem 30.Zug untersagt, dann aber doch mit Einwilligung des Schiedsrichters erlaubt. In der Schlussrunde steuerten der mit einem Punkt führende Markus Ragger und der fast 300 Elopunkte schwächere Zweitplatzierte Helmut Kleissl ab dem achten Zug eine möglicherweise im vorhinein abgesprochene, absolut unerzwungene Zugwiederholung (beide haben einen besseren Zug zur Verfügung) herbei, womit sie Titel und Vizemeisterschaft absicherten. Die auf der ÖSB-Seite bisher nicht erwähnte Unsportlichkeit wurde nicht geahndet. Im ÖSB-Forum wird vermutet, dass sich die Spieler vorher auch mit dem Schiedsrichter abgesprochen haben. Eine neue Dimension der Absprache tut sich da auf.

Steigende Beiträge – wofür eigentlich?

In Österreich sind die Schachmitgliedsbeiträge zuletzt stark angehoben worden. Der ÖSB sah keinen anderen Weg, die von der Bundessportorganisation geforderte Eigenmittelquote zu erhöhen, wie der Schachblogger auf Nachfrage von Vizepräsident Robert Zsifkovits erfuhr. Man wollte nicht riskieren, dass die in den letzten Jahren stark gestiegenen Zuwendungen fürs Schach wieder gekürzt werden. Die Erhöhung des an den nationalen und Landesverband abzuführenden Pro-Kopf-Beitrags ist es nicht allein. Mitglieder, die mehreren Vereine angehören, werden nun mehrfach veranschlagt.

Für viele Vereine in Österreich haben sich die Verbandsabgaben damit verdoppelt. Die nötigen Beitragserhöhungen bringen die Mitglieder auf. Vielerorts wird nun die Frage gestellt, was die Vereine und einfachen Mitglieder eigentlich dafür bekommen. Überwiegend verärgerte Reaktionen sind im ÖSB-Forum unter anderem hier nachzulesen. Der Schachblogger hat zwar mitbekommen, dass der ÖSB mehr in Leistungsschach investiert, doch was Amateure von der dickeren Finanzdecke des Verbands haben, erschließt sich ihm nicht. Nicht einmal eine Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben des ÖSB konnte er im Netz entdecken. Er fand nur einen Hinweis, dass diese in der ausschließlich gedruckten und aufgrund ihrer Qualität und Inaktualität nur noch in kleiner Zahl nachgefragten Verbandszeitschrift „Schach aktiv“ veröffentlicht worden sei.

Hier wäre anzusetzen. Warum wird das veraltete Organ nicht in eine zeitgemäße Form gebracht? Zeitgemäß wäre eine wöchentlich erscheinende Onlinezeitschrift über Schach in Österreich, die alle online erreichbaren Mitglieder (das werden deutlich über achtzig Prozent sein) für ihren Verbandsbeitrag erhalten. Jeden Sonntagabend oder spätetens am Montag die wichtigsten Ergebnisse und Partien der Woche. Außerdem sollten darin Funktionäre und vom Verband alimentierte Trainer und Spieler berichten, analysieren und Rechenschaft ablegen. Für die Nicht-Onliner unter den Mitgliedern und die Verkaufsstellen könnte es ja weiterhin eine entgeltpflichtige monatliche Ausgabe mit den wichtigsten Beiträgen der Wochenausgaben geben (vielleicht in lesefreundlicher Großschrift). Damit würden alle aktiven Schachspieler in Österreich nicht nur besser informiert, sondern erführen auch, was mit ihren Beitragsgeldern geschieht. Erheblich teurer als der Unterhalt einer Zeitschrift, die so gut wie keiner liest, würde es nicht kommen.

Was den Wiener Landesverband betrifft, ist nach Jahren der Stagnation Bewegung angesagt. Die Stadt hat eine Immobilie zur Pacht angeboten. Am 5.August ab 16 Uhr lädt der WSV zur öffentlichen Begehung. Es ist in der Meiereistraße und handelt sich um das grüne Containerhaus zwischen Happel-Stadion und der Endstation Stadion der U-Bahnlinie 2.Mit mehr als 400 Quadratmeters ist es sicher nicht zu klein, sondern allenfalls zu groß. Die Lage beim Stadion am Rande des Praters ist nicht optimal, doch immerhin sollen es nur zwei Minuten Fußweg zur U-Bahn sein, von wo es wiederum nur acht U-Bahnminuten in den ersten Bezirk sind. Ob im zweiten Bezirk oder anderswo in Wien: ein festes Haus für das Schach mit Turnieren, Ligaspielen, Vorträgen und Kursen für Anfänger über Amateure bis zum ehrgeizigen Nachwuchs verspricht, das Schachleben in der Hauptstadt anzukurbeln. Und dass zumindest aktive Schachspieler in Wien wissen, wofür ihre Beiträge gut sind.

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