Dienstag, 22. Januar 2008

Warum ich (unverändert) auf Aronjan setze

Er hat das leichteste Restprogramm der Führenden:

Aronjan 5,5/9
W Van Wely, Iwantschuk
S Adams, Polgar

Carlsen 5,5/9
W Radschabow, Anand
S Kramnik, Van Wely

Kramnik 5/9
W Gelfand, Carlsen
S Leko, Anand

Anand 5/9
W Kramnik, Leko
S Carlsen, Van Wely

Radschabow 5/9
W Topalow, Leko
S Gelfand, Carlsen

...und nach seinem gelungenen Bluff gegen Kramnik (dass 12.Sxf7!? in zwei Jahren noch gespielt wird, glaube ich nicht) dank einiger schlagbarer Gegner auch noch im Rennen:

Topalow 4,5/9
W Mamedscharow, Adams
S Radschabow, Eljanow

PS: Bei der hohen Remisquote ist bemerkenswert, dass Topalow mit Abstand das kämpferischste Resultat hat: In neun Runden nur drei Remis. Carlsen und Aronjan haben je fünfmal, alle anderen mindestens sechsmal remisiert, Iwantschuk sogar alle neune.

Montag, 21. Januar 2008

Die Gleichgesichter

Gleich die Hälfte des Felds von Wijk aan Zee trifft sich schon kurz darauf wieder ab 15.2. im mexikanischen Morelia mit Rückrunde im spanischen Linares in der ersten Märzwoche bis 7.März, nämlich Anand, Iwantschuk, Topalow, Leko, Radschabow, Aronjan, Carlsen (dazu kommt Schirow).

Im März geht es dann weiter zum Blind- und Schnellschach nach Monte Carlo Nizza. Ich habe die Teilnehmerliste nicht (sie findet sich inzwischen auf TWIC), aber Anand, Kramnik, Leko, Topalow, Aronjan und Iwantschuk dürften ziemlich sicher dabei sein. Und ich vermute mal, dass Carlsen auf der Wunschliste der Organisatoren ganz oben steht (er ist dabei - siehe unten).

Immerhin vier, die auch schon in Wijk aan Zee, Morelia und Linares gegeneinander angetreten sein werden, setzen dann im Mai in Sofia, wiederum doppelrundig, ihre interne Konkurrenz fort, nämlich Topalow, Iwantschuk, Aronjan und Radschabow (ergänzt dort durch Tscheparinow und Bu).

Macht eine Menge kleiner Privatmatches innerhalb von vier Monaten an vier bis fünf Schauplätzen.

Sonntag, 20. Januar 2008

Keine Handschlagqualität

Nigel Short hat in Runde acht des Corusturniers in Wijk aan Zee in der B-Gruppe die kürzeste Partie seines Lebens gewonnen. Weil sein Gegner nicht am Brett war, eröffnete er mit 1.e2-e4. Iwan Tscheparinow kam ein paar Minuten später, zog 1...c7-c5 und starrte demonstrativ zur Seite, als Short ans Brett zurückkehrte und ihm die Hand entgegen hielt. Als der Engländer, der den Vorfall im Chessvibes-Video schildert, mit dem Bulgaren Augenkontakt herstellte, streckte er die Hand noch einmal aus. Tscheparinow machte keine Anstalten und wurde von Schiedsrichter Thomas van Beekum genullt, so die offizielle Website, allerdings erst, nachdem Short selbst den Schiedsrichter explizit auf eine neue Regelung aufmerksam machte. (ein Video des Vorfalls)

Grundlage ist eine Regel, die der FIDE-Vorstand im Juni 2007 beschlossen hat, der zufolge das Verweigern eines Handschlags in offiziellen FIDE-Wettbewerben mit dem Partieverlust zu bestrafen sei. Es gibt aber gleich drei gute Argumente, warum der Corus-Schiedsrichter über das Ziel hinaus geschossen ist:
1. Änderungen der Schachregeln werden nicht vom FIDE-Vorstand sondern von der FIDE-Generalversammlung beschlossen. Das ist bisher nicht geschehen.
2. Das Corusturnier ist kein offzieller FIDE-Wettbewerb.
3. Eine Information, dass die Verweigerung des Handschlags im Corusturnier zum Partieverlust führt, ist in Wijk aan Zee meines Wissens nicht gegeben worden. Daher hätte der Schiedsrichter Tscheparinow zunächst verwarnen und ihn auf den drohenden Verlust der Partie aufmerksam machen müssen, bevor er ihm den Punkt aberkennt.

Die Entscheidung des Schiedsrichters war voreilig, die Tscheparinows, oder vielmehr seines Mentors Silvio Danailow ist dagegen vor allem eines, nämlich grob unsportlich. Wie Short im Interview mit Chessvibes anmerkte, haben dem bulgarischen Team einige seiner Anmerkungen (wohl vor allem diese gegenüber einer indischen Zeitung - von der Short sich allerdings distanziert hat, siehe seine Mail an Danailow hier http://www.veselintopalov.net/article/nigel-short-and-false-publications) zu den Vorfällen zwischen Topalow und Kramnik in Elista nicht gepasst, weshalb sie diese kalkulierte Provokation brachten. Shorts freie Meinungsäußerung auf diese Weise zensieren zu wollen, ist gelinde gesagt, stillos. Und außerdem noch miserable PR, weil das dumme Verhalten von Danailow nun wieder ein Thema ist.

Wer auf der von Danailow initiierten Seite Chessdom über den Vorfall liest, merkt aber, dass Tscheparinows Verhalten vor allem dazu diente, die von Danailow bereits seit Tagen angekündigte Verweigerung des Handschlags zwischen Topalow und Kramnik in ihrer Begegnung am Dienstag abzusichern. Der brave Sekundant, der so viele Neuerungen für Toppy ausgekocht hat, muss damit auf neue Weise herhalten.

Das harte Durchgreifen des Corusschiedsrichters lässt sich aber auch darauf deuten, was der Veranstalter von den beiden Exweltmeistern am Dienstag erwartet, nämlich einen sportlichen Handschlag vor und nach ihrer Partie.

Von bulgarischer Seite wurde der erwartete Protest vorgelegt.

(Ergänzung 23 Uhr) Das Spielergericht (Kramnik, Polgar, AdamsKrasenkow) hat am Abend entschieden, dass die Partie, unter der Bedingung, dass sich Tscheparinow bei Short bis Montag 11 Uhr entschuldigt (ist passiert), am spielfreien Montag neu angesetzt wird. (Nachsatz: Short hat diese Partie verdient gewonnen.)

Beim Nachspielen von Topalows Niederlage gegen Anand werde ich das Gefühl nicht los, dass der Bulgare unter dem Eindruck des Skandals um seinen Sekundanten unter seinen Möglichkeiten gespielt hat. Nach Anands Pressekonferenz zu schließen dürfte es sich aber im Bereich von weniger Zähigkeit als möglich bewegen, denn Schwarz scheint echte Probleme zu haben.

Und die Geschichte hat noch einen weiteren Twist. Nachdem 1996 die Umstände eines Turniers im mazedonischen Strumica, in dem Asmaiparaschwili mehr als 40 Elopunkte gewonnen hatte, bekannt wurden, haben ihm einige Spieler, darunter Schirow, den Handschlag verweigert. Der ethisch herausgeforderte Georgier gehört inzwischen seit vielen Jahren zu Iljumschinows engsten Vertrauten und hat den Handschlagparagraphen als FIDE-Vorstandsmitglied mitbeschlossen.

Samstag, 19. Januar 2008

Was die Spieler zu Fischers Tod sagen

Die Zeitungen sind voller Agenturmaterial und x-mal bekannter Fakten und auch schauriger Schmierfinkeleien. Was einige der führenden Spieler (darunter Anand, Judit Polgar, Adams, Gelfand, Radschabow...) zu Fischers Tod sagen, hat Macaulay Peterson in einem feinen, fast 14 Minuten langen Video aufgearbeitet. Der Höhepunkt ist Anands Bericht von ihrem Treffen in Reykjavik vor zwei Jahren.

Nicht verpassen! Höchstes Lob an Macaulay!

PS Einen exzellenten Fischer-Nachruf habe ich gefunden. Nicht in der deutschsprachigen Presse sondern beim britischen Guardian von Len Barden.

Freitag, 18. Januar 2008

Lebenserwartung von Weltmeistern

Das ungesunde Leben auf der Flucht im allgemeinen und seine Nieren im besonderen haben Bobby Fischer am Donnerstag in Reykjavik für immer mattgesetzt. 64 Jahre mögen für einen Schachspieler ein passendes Alter sein, aber es ist sicher kein biblisches. Fischer ist der neunte verstorbene Schachweltmeister. So alt sind sie geworden:

Wilhelm Steinitz 64
Emanuel Lasker 72
José Raul Capablanca 53
Alexander Aljechin 53
Max Euwe 80
Michail Botwinnik 83
Misha Tal 55
Tigran Petrosjan 55
Bobby Fischer 64

64 ist also nicht mal besonders jung für einen verstorbenen Schachchamp sondern entspricht ziemlich genau ihrem bisherigen mittleren Sterbealter. Ich schätze, ihre jeweilige statistische Lebenserwartung in dem Alter, als sie Weltmeister wurden, dürfte im Schnitt um mindestens fünf Jahre höher gewesen sein. Das schaut mir, trotz der statistisch viel zu kleinen Stichprobe, nach einem erschreckenden Befund aus. Etwa auch verglichen mit Nobelpreisträgern, die die gemittelte Lebenserwartung anderer Wissenschaftler signifikant übertreffen. Und zum Glück gibt es ja auch noch jene, die die Statistik durch längeres Nichtableben noch geraderücken können wie Spasski, der Ende Januar 71 wird, und den 86jährigen Smyslow.

Donnerstag, 17. Januar 2008

Lewon und die Jungs

Wem Caissa so lacht wie Aronjan in Wijk aan Zee, der muss ja vorne landen: Nach dem Geschenk von Topalow hat mein Lieblingsarmenier auch eine sehr heikle Lage im Spitzenduell der vierten Runde gegen Magnus Carlsen überstanden (nachdem Aronjan ein chancenreiches Qualitätsopfer gebracht, aber nicht optimal fortgesetzt hatte). An diesem Donnerstag und Freitag trifft Aronjan auf die beiden Weltranglistenjungs Anand (Kurzremis nach wenig mehr als einer Stunde) und Kramnik (Auslosung hier). Danach hat er praktisch alle Brocken hinter sich und kann sich an das Aufsammeln weiterer voller Punkte machen.

Wer soll Lewon aufhalten? Carlsen hat sein vor dem Turnier im Interview mit Chessvibes genanntes Ziel plus zwei ja schon erreicht. Raschabow schon eher, denn er hat gut begonnen und wirkt sehr frisch (und auch prompt den Eljanowpunkt gescort...). Kramnik ist zielsicher auf plus drei-Kurs, was in Wijk aan Zee wohlmöglich noch nie für Platz eins gereicht hat. Bei Anand läuft bisher gar nichts zusammen, selbst gegen seinen Kunden Adams musste der Weltmeister mit Weiß ums Remis kämpfen. Vielleicht wird es besser, kann ja nur, sobald der oberste Chesstiger Hans-Walter Schmitt eingetroffen ist.

Und was ist mit meinem Vorturnierfavorit Toppy los? Gegen Van Wely versuchte er es mit der Brechstange, wurde frühzeitig angezählt, hat zwar noch zäh Probleme gestellt, den Laden aber letztlich nicht zusammenhalten können. Dem Bulgaren sind zwar in den letzten Jahren einige spektakuläre Aufholjagden in den letzten Runden gelungen, aber Wijk aan Zee ist nicht Sofia.

PS am 18.1.: ...oder vielleicht doch? Toppy hat Gelfand und Leko geschlagen und ist damit nur noch einen haben Punkt hinter Aronjan, der sein Remisendspiel gegen Kramnik nicht halten konnte (77...Kxh6, 100...Ta8), sowie einen Punkt hinter Kramnik und Radschabow sowie eineinhalb hinter Carlsen, der mal wieder gewonnen hat.

Montag, 14. Januar 2008

Der Bart muss ab

Für meine Corusprognose schaut es düster aus. Topalow hat gleich im ersten Spiel gegen Aronjan gelegt. Und das trotz zwischenzeitlich einer Qualität (gossensprachlich: Qualle) mehr. Der Grund ist gewissermaßen offensichtlich (Bilder aus Wijk aan Zee hier). Topalow hat sich wieder ein Bärtchen stehen lassen. 2005 in Argentinien hatte es ihm Glück gebracht, in Wijk bisher nicht. Anders Aronjan, der endlich mal wieder mit (fast) glattem Kinn antritt und zusammen mit (dem noch bartlosen) Carlsen das Feld eineinhalb Punkte vor Toppy anführt. Freilich auch vor den zumindest seit 1990 nicht bärtig in Erscheinung getretenen Anand (ebenfalls eineinhalb Punkte zurück) und Kramnik (ein Punkt zurück).

Schiris einsparen!

Mit den mechanischen Uhren von früher war jedem klar, wie man im Falle einer Reklamation die Uhr anhält. Mit den digitalen Uhren von heute weiß ich das nicht bei allen Modellen. Das ist grob fahrlässig von mir. Schließlich bin ich Bundesligaspieler und sollte genau wissen, wie ich im Falle einer Reklamation die Uhr anhalten müsste. Auf einen neben dem Brett stehenden Schiedsrichter, von dem ich in der deutschen Oberklasse in kritischer Zeitnot zwar aufgehen darf, ist nämlich keinesfalls Verlass.

Zum Beispiel bei der Oktoberrunde in Bindlach: In Laznicka-Fedorchuk war das wilde Zeitnotgezocke völlig unrekonstruierbar, da laut Augenzeugen mehrmals Türme und Springer illegal zogen. Der Schiri meinte nur, ihm sei alles zu schnell gegangen.

Zum Beispiel bei der Novemberrunde in Essen: Bei Siebrecht-Orzech zog ein Läufer von c4 nach b1. Nicht nur illegal sondern auch der Verlustzug. Der Schiri stand daneben und griff nicht ein.

Zum Beispiel bei der Dezemberrunde in Berlin: In Luther-Popovic ließ Luther für einen Minimoment den König auf einem Feld ab, wo ihn eine Springergabel den Turm kosten würde, und zog ihn darauf hin rasch auf ein anderes Feld. Popovic, dem mit wenige Restsekunden ohnehin die Bedenkzeit gefehlt hätte, den ungeahnten Vorteil durchzubringen, fiel zur Reklamation nichts Besseres ein, als ohne Zug seine Uhr zu drücken. Luther drückte seinerseits, dann wieder Popovic, und so ging es vor den Augen des Schiris hin und her, bis Popovics Bedenkzeit abgelaufen war.

Warum haben die Schiedsrichter nicht eingegriffen? Aus Überforderung? Mangels Regelkenntnis? Oder weil sie der Daumenregel folgten, nur einzugreifen, wenn bei einem Spieler die aktuelle Bedenkzeitperiode abgelaufen ist?

Nebenbei bemerkt: Ich ging bisher davon aus, dass ich in technischer Gewinnstellung, wenn ich das Matt nicht rechtzeitig schaffe, noch mit der letzten Sekunde auf der Uhr remis reklamieren kann. Aber was tue ich, wenn der Schiedsrichter die Sache anders sieht oder wenn ich es nicht schaffe, die Uhr zu stoppen...?

Nächstes Jahr wird die deutsche Bundesliga wohl endlich mit 30 Sekunden Bonus nach jedem Zug spielen. Ende Januar dürfte das bei der Ligasitzung in Kassel beschlossen werden. Dass nicht mehr auf Zeit gezockt werden kann ist natürlich das wichtigste Argument. Das zweitwichtigste, dass Schiedsrichter weniger eingreifen müssen und damit auch weniger falsch machen können. Einer genügt leicht, um beide Kämpfe eines Spielorts zu verwalten. Macht fünfzig Prozent Einsparung bei den Spesen für die allzu oft überforderten Herren.

Sonntag, 13. Januar 2008

Garrys liebste Momente

Kürzlich habe ich eine kurze Rezension von Joris Luijendijks feinem Buch über den Mittleren Osten geschrieben. Dabei habe ich erfahren, dass der Niederländer mittlerweile eine Fernsehsendung "Wintergasten" präsentiert, in der er mit Promis über ihre liebsten Filmmomente spricht. Und prompt kommt Garri Kasparow zu Gast. Holländisch-Kenntnisse sind nicht nötig, um die gut eineinhalbstündige Sendung, in der es um Schach, Film und natürlich auch um Politik geht, zu genießen. Hier kann man die Sendung ausschnittsweise noch sehen.

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